Das Geheimnis der Madame Yin. Nathan Winters

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Das Geheimnis der Madame Yin - Nathan Winters

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und entlassen sie tatsächlich. Dann allerdings sähe ich mich gezwungen, auf Ihre weiteren Dienste zu verzichten.“

      Pinkerton holte tief Luft. „Nein, natürlich nicht. Sie können bleiben, Miss Summersteen.“ Er schaffte es, die Worte hervorzupressen, ohne Celeste dabei anzusehen.

      „Wunderbar.“ Die alte Dame lächelte zufrieden in die Runde, und Celeste fragte: „Wie kann ich Ihnen helfen? Geht es wieder um einen betrügerischen Butler?“

      „Nein, diesmal nicht. Diesmal geht es um etwas viel Wertvolleres als Geld: meine Nichte.“

      „Madam. Ich bin immer noch der Meinung, dass meine Männer besser …“

      „Allan. Ich bitte Sie. Ich kenne die Vorzüge Ihrer Revolverhelden. Sie sind äußerst nützlich, wenn man Pferdediebe oder Postkutschenräuber jagt. Aber meine Nichte ist ein zartes Geschöpf. Ich will sie nicht in der Obhut von Männern wissen, die keine Ahnung haben, wie man sich einer Lady gegenüber benimmt.“

      „Es geht hier um den Ruf meiner Detektei. Wenn ich einen Auftrag annehme, dann will ich auch, dass er anständig ausgeführt wird“, sagte Pinkerton und sah Celeste dabei mit durchdringendem Blick an.

      „Ich dachte, wir hätten das jetzt geklärt? Oder wollen Sie meinem ausdrücklichen Wunsch widersprechen?“

      „Ähm … nein, Madam. Ganz und gar nicht. Ich bin immer … erfreut, Ihrem Haus zu Diensten sein zu können. Es ist nur …“

      „Wenn es nicht das ist, dann wollen Sie mir mit anderen Worten sagen, dass Sie Miss Summersteen für ungeeignet halten?“

      „Ähm. Nein … das hab ich damit auch nicht …“

      „Gut. Dann sind wir uns also einig“, fiel ihm die alte Dame resolut ins Wort.

      Pinkerton gab nach und zuckte mit den Achseln. „Na schön. Sie haben gewonnen. Ich gebe Ihnen Miss Summersteen. Ich hoffe nur, Sie bereuen es nicht.“ Er stand auf und schlug die Hacken zusammen. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen.“ Er schnappte sich den Schlüssel vom Tisch und brummte ein: „Ich habe noch zu arbeiten.“ Damit rauschte er davon, ohne Celeste auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen.

      „Ich fürchte, er ist mit Ihrer Wahl nicht ganz einverstanden“, sagte Celeste, während sie ihm nachsah, wie er über den Steg davon stapfte.

      „Papperlapapp. Er wird es verschmerzen. Schließlich bezahle ich gutes Geld für seine Dienste. Da soll er sich nicht so anstellen.“

      Celeste konnte ihre wachsende Ungeduld nur schwer verbergen. „Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein, Madam?“

      „Sie kennen doch meine Nichte Dorothea?“

      „Aber ja, natürlich.“ Celeste hatte sie während ihrer früheren Ermittlungen im Hause Roover getroffen. Eine freundliche, wenn auch recht schüchterne junge Frau von sechzehn Jahren.

      „Sie war jetzt über ein Jahr in meiner Obhut. Nun will mein Bruder, ihr Vater, sie nach London zurückholen, und ich möchte, dass Sie Dorothea auf dieser Reise begleiten.“

      Celeste konnte einen Anflug von Enttäuschung nicht vermeiden. Das klang nicht nach dem interessanten Fall, den sie sich erhofft hatte. Worte wie Gouvernante und Gesellschafterin kamen ihr in den Sinn. Doch dann drang auch die letzte Information zu ihr durch. „Nach London?“ Die Aufregung, die sie bei dem Gedanken an die ferne Stadt erfasste, gewann rasch die Oberhand.

      „Freuen Sie sich nicht zu früh. Die Umstände sind komplizierter, als sie auf den ersten Blick erscheinen und auch … delikater. Alles, was ich Ihnen nun zu sagen habe, ist nur für Ihre Ohren bestimmt. Ich vertraue dahingehend auf Ihre Verschwiegenheit.“

      Celeste nickte und die alte Dame fuhr fort. „Meine Nichte besitzt ein sehr zartes Gemüt. Als sie zu mir kam, war sie sehr still und weinte viel. Sie schien nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen. Ich wusste … sie war diesem Teufelszeug verfallen. Opium. Mein Bruder schickte sie zu mir, um sie davon zu kurieren. Er war der Meinung, eine andere Umgebung könnte ihr dabei helfen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich hatte nichts dagegen. Im Gegenteil, ich freute mich auf sie. Als ich meine Nichte das letzte Mal sah, war sie drei Jahre alt.“

      „Wissen Sie, woher sie das das Opium bekommen hat?“, fragte Celeste.

      „Das hat sie mir nie gesagt und ich habe auch nur einmal gefragt. Sie hatte sich nach dem Gespräch tagelang in ihr Zimmer eingeschlossen und wollte mich nicht mehr sehen. Das war ganz zu Beginn ihres Aufenthalts bei mir. Danach ging es ihr jedoch schnell wieder besser. Bis jetzt jedenfalls. Der Brief ihres Vaters hat sie tief erschüttert.“

      „Inwiefern?“

      „Sie will nicht nach Hause, aber mein Bruder besteht darauf. Er schreibt, eine Tochter müsse bei ihrer Familie sein. Er ist sehr bestimmend, müssen Sie wissen.“

      „Woher kommt dieser plötzliche Sinneswandel?“

      „Nun ja, sie ist seine Tochter. Ich kann es ihm nicht verdenken.“

      „Könnten Sie nicht versuchen, ihn umzustimmen? Zumindest solange, bis Dorothea von selber nach Hause will?“

      „Meine Liebe. Er würde nicht auf mich hören. Wir pflegen keine geschwisterlichen Bande. Er hat mir nie verziehen, dass ich unserer Familie den Rücken gekehrt habe, um einen Yankee zu heiraten, wie er sich gerne ausdrückt.“

      „Das verstehe ich nicht. Wenn Ihr Verhältnis so schlecht ist, warum hat er Dorothea dann überhaupt zu Ihnen geschickt?“

      „Ich weiß es nicht. Vielleicht weil ich seine einzige Verwandte bin. Ich habe aber nicht gefragt. Es ging um Dorotheas Wohl und ich habe keine eigenen Kinder.“

      Celeste nickte, um dann eine Frage zu stellen, die sie seit Beginn des Gesprächs beschäftigte. „Ihre Nichte ist vom Opium geheilt. Sie fährt nach Hause. Ich finde daran nichts Ungewöhnliches. Warum wollen Sie, dass ich sie begleite?“

      „Eine durchaus berechtigte Frage.“ Die alte Dame nahm eine in Leder gebundene Mappe von einem kleinen elegant verzierten Beistelltischchen und zog einen Brief heraus, den sie Celeste reichte.

      „Diesen Brief hier bekam ich vor ungefähr drei Wochen von Dorotheas Mutter. Normalerweise schreibt sie nur ihrer Tochter, aber dieser hier war ausdrücklich an mich adressiert. Bitte … lesen Sie nur.“

      Geschätzte Anette,

      ich bedauere es, Ihnen nicht schon vorher geschrieben zu haben, so muss es Ihnen nun scheinen, dass ich mich nur in meiner persönlichen Not an Sie wende.

      Zuvor möchte ich Ihnen allerdings versichern, wie dankbar ich Ihnen bin, dass Sie Dorothea mit großer Liebe bei sich aufgenommen haben.

      Ich wünschte, dass dies allein der Anlass für mein Schreiben wäre, doch leider ist etwas unvorstellbar Schreckliches geschehen, worüber ich Sie dringend unterrichten muss.

      Dorotheas Freundin Estelle wurde erwürgt und dann in die Themse geworfen, wo man ihren Leichnam angespült fand. Ich weiß nicht, wer zu solch schändlichen Taten fähig ist, sie war doch ein so liebes Mädchen. Und so jung. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich.

      Ich habe es nicht übers

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