50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По

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50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 - Эдгар Аллан По

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die Klosterfrauen kämen nur an hohen Festen in die Stadt, aber sie besuchen mit den naschhaften Mädchen oft den Markt. Morgen sei es Donnerstag, ja, da kämen sie wahrscheinlich. Er möge um acht Uhr dort sein, wenn er die Verwandte sehen wolle, aber ansprechen dürfe er sie nicht, dazu müsse er sich schon im Kloster selbst anmelden.

      »Die Verwandte!« Josi lächelte ein wenig über die Vorstellung des Wirtes.

      Am Morgen war er früh auf dem Markt. Als es acht Uhr schlug, entdeckte er die kleine Klosterschule, einige Nonnen führten die Schar Mädchen, die mit braunen und blonden Zöpfen einherwandelten und ihre Blicke neugierig über die Menge der auf dem Markt gehäuften Früchte warfen.

      Binia war die Zierlichste und Schönste unter ihnen – so schön, daß er sie kaum ansehen durfte. Sie errötete, sie fuhr ein wenig zusammen, als sie ihn bemerkte, dann schaute sie auf die andere Seite und hielt sich dicht an die Schar der übrigen. Sie sandte keinen Blick zurück.

      »Jetzt sieht sie mich nicht einmal an,« dachte Josi, und schämte sich, daß er sich so fest eingebildet hatte, Binia liebe ihn sterblich.

      Er war enttäuscht, er wagte es nicht, der dutzendköpfigen Gesellschaft, die sich in eine Gasse verlor, zu folgen. Unruhig und verlegen schaute er in das bunte fremde Gewühl der Käufer und Verkäufer. Sollte er bleiben, sollte er gehen? Eine Viertelstunde, da drückte ihm ein blasser Junge, der einen Bündel Schuhe über die Schultern gehängt hatte, einen Papierstreifen in die Hand. Der Knabe erwartete ein Trinkgeld und ging erbost über Josi, der vor lauter Neugier das Geben vergaß, mit einem »Brutto Tedesco« davon.

      »Um elf Uhr vor der kleinen Pforte am See. Binia.« Josi hatte genug Arbeit, die paar Worte zu entziffern, das Blatt zitterte in seinen Händen. »Wohl, wohl sie liebt mich,« jauchzte es in ihm.

      Wie lange es nicht elf Uhr wurde!

      Pochenden Herzens stand er vor dem Pförtchen unter einem Kastanienbaum, der seine Aeste in die Flut senkte. Da bimmelte das Glöcklein im Kloster; während es noch tönte, ging die kleine Thür in der Epheumauer auf.

      Im hellen Sommergewand, im Bergerehut, gerade so leicht und flüchtig wie einst, huschte Binia hervor, eine Gärtnerin hob warnend den Finger auf und rief ihr etwas wie eine Mahnung nach, dann schloß sich das Pförtchen wieder.

      Man sah, wie Binia das Herzchen flog, »Josi, wie kommst du auch da her?« rief sie.

      Eine ziemlich verlegene Begegnung. Ihm glüht der Kopf, er weiß nichts zu sagen.

      Binia ist so schön, daß er es kaum wagt, ihr die Hand zu geben, und wie er die weichen Finger in den seinen hält, da ist ihm, er halte einen jungen Vogel, dessen Brust er schlagen fühlt.

      Auch Binia ist verlegen. Sie verdeckt es, indem sie hastig erzählt, sie sei vom Markt, ehe es eine Aufseherin bemerkte, unter dem, Vorwand, sie bedürfe neuer Schuhe, in eine Werkstätte geschlüpft, habe dort die Zeile geschrieben und nach der Heimkehr die Gärtnerin bestochen.

      Nun lachte sie schelmisch auf, faßte Josi bei der Hand und zog den Willenlosen von der Klostermauer hinweg unter den Bäumen hindurch, bis sie an eine kleine stille Bucht kamen, wo eine Quelle in den See lief. Dort stand sie mit ihm still.

      »Gelt, das ist schön hier, Josi,« sagte sie, »der See und die weißen Segel und der Duft um die Berge, aber im Kloster ist's häßlich!«

      Traurig erwiderte Josi: »O Binia, ich gehe jetzt in die weite Welt – ich gehe nach Indien. Noch einmal aber habe ich dich sehen wollen. – Grad wie ein Engel bist du ja gegen mich gewesen im Teufelsgarten und weißt nicht, wie du mir dort in meiner unsäglichen Schmach wohlgethan hast! – Also lebe wohl, Bineli – ich wünsche dir tausendmal Glück und alles Gute!«

      Er streckte ihr die Hand entgegen.

      Binia machte ein sehr betrübtes und rührendes Schmollmündchen, das bebte, als wollte es weinen:

      »Aber Josi.«

      Da hörten sie aus der Ferne nach ihr rufen. Plötzlich blitzte es in ihren Augen auf, sie hob sich auf die Zehenspitzen, sie legte die Handmuschel an den Mund, als wollte sie laut Antwort geben, sie lächelte aber nur: »Ich komme nicht!«

      Josi war ganz verwundert: »Binia!«

      »O, Euphemia, die alte Gärtnerin, wird sich schon herauslügen, daß ihr nichts geschieht. Du glaubst gar nicht, Josi, wie hinter diesen Mauern alle gut lügen können. Ich allein kann's nicht – ich bin zu ungeschickt dazu.«

      Binia machte ein halb lustiges, halb verzweifeltes Gesicht, hielt den Fingerknöchel an die weißen Zähne und schaute den Burschen mit ihren dunklen Lichtern ganz komisch an. – »Josi,« schmeichelte sie, »weil du da bist, mag ich nicht stillsitzen, mir zappeln die Füße, heute wollen mir zusammen durch Luft und Sonne laufen, bis das Abendrot scheint. Ich dürste nach ein bißchen Freiheit. Ich habe einen Brief vom Vater bekommen, daß mich morgen der Kreuzwirt von Hospel abholt, und ich wieder nach St. Peter zurückkehren kann. Da können mir, wenn ich ihnen auswische, die heiligen Frauen nicht mehr viel thun. O glaube mir, Josi, das sind furchtbar grausame Weiber!«

      Ein Zittern lief durch Binias schlanke Gestalt.

      »Komm, Josi, mir wandern, ich kann jetzt gewiß nicht grad wieder ins Kloster hinein!«

      Sie zog ihn mit. – Die Liebe zu Binia und der Trotz gegen den Presi besiegten seine Vorsätze. Still wie Flüchtlinge gingen sie eine Weile durch Bäume und Gesträuch, dann dem See entlang, dann planlos bergauf. Sie entdeckten bald, daß man sie nicht verfolge, auf der Höhe stieß Binia einen Jauchzer aus und sie setzte sich.

      »Josi, es ist so schön von dir, daß du gekommen bist. Niemand stört uns in dieser fremden, sonnigen Welt. Ach, wie garstig, man sieht deine Narbe immer noch!«

      Mit feiner, liebkosender Hand glitt Binia darüber hin, er sah das Licht rosig durch ihr kleines Ohr schimmern, die Spitzen ihres dunklen Seidenhaares berührten sein Gesicht und der Pfirsichflaum der Wange streifte ihn.

      Er verging fast vor Seligkeit, aber die jubelnden Stimmen des Glückes vermochten die Sorge nicht ganz zu übertönen. »Du, Binia,« hob er etwas beklommen wieder an, »es ist mir gar nicht recht.« –

      »Was bist du für ein schöner Bursch geworden, Josi,« unterbrach sie ihn, »berichte mir von daheim – ich bin so neugierig.«

      Während er erzählte, gingen die feinsten Spiele über ihr Gesicht, es wurde fröhlicher und fröhlicher – als er ihr schilderte, wie er Thöni von der Planke geholt hatte, klatschte sie in die Hände: »Josi, das ist herrlich – ich möchte dir gern etwas Liebes anthun, aber ich weiß nicht was!« Und mit demütiger Stimme: »Ich weiß nicht, warum ich dich so lieb habe, Josi.«

      »Sieh, grad so geht es mir mit dir, Bini!«

      »Das ist merkwürdig,« erwiderte sie träumerisch und ihre Stimme wurde wieder hoch und fein. »Am Wassertröstungsmorgen, als ich sah, wie deine Mutter wegen meines Vaters litt, da war's, als stände plötzlich in meiner Brust mit feurigen Buchstaben: ›Ich liebe Josi!‹ Und als der Vater mißverstand, was ich im Fieber redete, als er dich haßte, da wurde die Liebe nur größer; als er dich zu Bälzi als Knecht gab, da wuchs sie, als du Rebell wurdest, da starb ich fast, und als dich mein Vater schlug, da wußte ich's wohl: Jetzt rinnt das Blut Josis um mich, jetzt kann ich ihn nicht mehr lassen, selbst um meine Seligkeit nicht! Und so ist's mit mir: Würdest du sagen: ›Steige auf jenen Schneeberg‹, so würde ich steigen,

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