50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По
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»Das ist lieb,« sagte sie leuchtenden Blicks. »Ich möchte gern ein Tautropfen sein, so rein, so frisch, so sonnenvoll, damit ich dir immer gefalle, Josi. Ich habe ein Kettelchen mit einer Kapsel von meiner Mutter selig, darein lege ich den Tropfen. Dann ruht er gewiß an einer treuen Brust. – Ich gebe dir diesen Mädchenreif – er ist zu klein für deinen Finger. – Aber trag ihn auf dir. – Küsse ihn jede Nacht und denke an mich.«
Sie schmiegte sich zärtlich an ihn, er küßte sie auf die Schläfe.
Da küßte sie ihn auf den Mund – er sie wieder.
Auf dem See lag ein weicher Abend und hüllte die Welt in Licht und goldigen Duft. Binia sah in süßer Träumerei vor sich hin. »In drei Jahren kommst du wieder, Josi. Und ich will dir treu warten und dann alle Tage hinaus gegen den Stutz schauen, ob du gegangen kommst.«
In der Dämmerung erreichten sie die Nähe der Stadt wieder. Binia war still. Die lange Wanderung hatte sie müde gemacht und ihre tolle Entweichung aus dem Kloster lag nun doch schwer auf ihren Gedanken.
»Was wird man dir anthun, arme Bini?«
Sie zwang sich zu einem Lächeln: »Auf einem kantigen Scheit werde ich neben der Nonne knieen müssen, welche die Nachtwache hat, und beten.«
»O, du armes Kind,« erwiderte Josi voll tiefen Mitleides.
»Nein, ich bin reich, ich denke dann immer an dich und an den langen schönen Tag.«
Wie mild und innig das von ihren Lippen floß. Josi wußte nicht, sollte er jauchzen vor Glück oder weinen, daß sie seinetwegen in so grausame Strafe kam.
Am mondbeglänzten See betrachteten sie die kleinen Heiligtümer noch einmal.
»Jetzt sind wir verlobt,« hauchte Binia, »jetzt bin ich deine Braut.«
Sie umarmten sich. Binia weinte vor Ergriffenheit, aber sie waren nun in die Nähe des Klosteraufganges gekommen und plötzlich drückte sie Josi heftig die Hand und küßte ihn leidenschaftlich: »Lebewohl, lieber, lieber Josi, wir sehen uns gewiß wieder und es kommt alles gut.«
Dann riß sie sich los, kam nach ein paar Schritten noch einmal zurück: »Josi!« Ein schmerzlicher Schrei aus blassem Gesicht, und dann verschwand die flüchtige Gestalt im dunklen Laubengang. Josi stand und starrte in die Dunkelheit, dann hörte er den schrillen Anschlag der Klosterglocke. Als Binia nach einiger Zeit nicht wiederkam, da riß auch er sich von der Stelle los.
Wachte er oder träumte er? Er küßte das Ringlein Binias, er dachte so innig, so heiß an sie, die jetzt um ihn litt. Aber auch der Fluch des Presi peinigte ihn wieder.
Als er am anderen Tag den Kopf ins Zimmer George Lemmys steckte, rief dieser lustig: »Boy, der Fuß ist schon fast besser – Felix Indergand ist da – morgen reisen wir!«
Da trat Indergand, der starke, kräftige Mann mit dem offenen Gesicht, unter die Thüre: »Blatter, eben ist der Kreuzwirt von Hospel mit seiner Nichte aus der Stadt gefahren.«
Mit nassen Augen ging Josi in einen Winkel und faltete die Hände: »An die Weißen Bretter für Binia!« dachte er. »Was man im Namen der heiigen Wasser thut, das muß unabwendbar geschehen. Ich will's glauben wie die zu St. Peter und dem Himmel mit einer That für den schönen Tag danken.«
Kapitel Zwölf
Im Bären ist es, seit die Fremden fort sind, sonntäglich still. Der Presi sitzt in der großen Stube am Tisch unter dem Meerweibchen, raucht seine Zigarre und erwartet den Garden.
Draußen im Flur hört er Binias Stimme. »Wie sie schön singt!«
Der Presi hat eine aufrichtige Freude über die Wiederkehr Binias. Nicht bloß weil damit ein böser, übereilter Streich gut gemacht ist, sondern weil der Anblick des Mädchens sein Herz erquickt. Seine Augen bleiben, so oft er es sieht, an dem Kinde hängen. Sie ist zwischen Siebzehn und Achtzehn und der Aufenthalt auf Santa Maria del Lago hat ihr nicht im geringsten geschadet. Sie ist frisch und schön, sie ist größer geworden, die Gesichtsfarbe heller, aber sie ist kein Dorfmädchen, dafür sind ihre Glieder zu zart. An der ganzen lieben Gestalt sieht man eigentlich nichts als die Augen, die unter den langen Wimpern so groß und dunkel sind, die so lebendig leuchten, daß einem darüber ganz warm ums Herz wird.
Frau Cresenz hat gesagt, Binia habe die Augen von ihm, vom Presi, sie sei überhaupt sein Ebenbild, aber nur so, wie ein seines junges Tännchen einer Wettertanne gleiche.
Ueber diesen schmeichelhaften Vergleich lächelt er jetzt. Binia singt.
»Wenn sie nur nicht immer dieses häßliche Kirchhoflied singen würde,« denkt er. »Aber es ist das einzige Lied, das sie kennt. Und das beste, sie singt. Sie hat es seit dem Tod der seligen Beth nie mehr gethan. Ihr Gesang beweist, daß ihr die Abreise Josi Blatters gleichgültig ist. Ja, das Kind wird schon noch vernünftig, die Luft ist jetzt rein. Es ist gut, daß ich mit dem Burschen nicht mehr geredet habe.«
Das Lied Binias bricht ab. Sie hat draußen ein kleines Wortgefecht mit Thöni. Sie zanken sich wie ehedem.
Da kommt der Bursche in die Stube: »Es ist da ein Brief für Euch, Präsident!« Und geht.
Der Presi liest, über sein vergnügtes Gesicht fliegen die Schatten tiefer und tiefer, vom Vergnügen sieht man keine Spur mehr – nur zuckende Wetter.
»Gott's Donnerhagel, daß ich es an dem Tage nicht merkte, wo sie über die Schneelücke gingen. – Ein Telegramm – sie hätte im Kloster bleiben müssen. Ah – ah – eigens bereitgestellt habe ich sie ihm. O, was bin ich für ein Kalb!« So führt er mit rotem Kopf das Selbstgespräch und knirscht vor Wut.
In dem Augenblick, wo der Presi so ächzt, tritt der Garde mit schwerem Tritt in die Stube und sieht die Verwüstung in seinem Gesicht.
»Was giebt's, Presi?« Da reichte ihm dieser nur den Brief der Priorin von Santa Maria del Lago. Draußen hatte Binia ihren Gesang wieder aufgenommen. Als der Garde den Brief zusammenfaltete und ruhig auf den Tisch legte, stöhnte der Presi: »He, das ist eine schöne Geschichte – wenn man da nicht verrückt wird. – Ich schaffe das Kind wegen dem Rebellen fort, daß sie einander aus den Augen sind, ich meine, es sei alles gut, und biete den beiden die Gelegenheit, daß sie einen ganzen Tag ungestört miteinander herumludern können. Das wird schön zu- und hergegangen sein – der lausige Blatter – und mein Kind!«
Er preßte die Pratze an die Stirne.
»Schämt Euch, Presi! Ihr kennt Euer Kind – ich kenne Josi. Da ist gewiß weniger geschehen, als wenn die Bursche und Mädchen in Hospel draußen auf dem Tanzplatz sind. Rechte Liebe ist ehrfürchtig, eines für das andere.«
»Das ist keine rechte, das ist eine schlechte. Ich mag halt den Wildheuerbuben nicht leiden.«
Da legte der Garde die schwere Hand auf die seines Freundes und Gegners.
»Hört, Presi! Im Frühjahr vor einem Jahr, damals, als Fränzi starb, habe ich mehr aus Zorn über Euch als aus Barmherzigkeit Vroni zu mir genommen. Und seither ist sie uns zum Segen und Sonnenschein geworden, daß wir nicht mehr leben könnten ohne sie!«
»Ja, das weiß das ganze Dorf, daß Ihr als alter Knabe verliebt seid in das Jüngferchen.