Schwabens Abgründe. Группа авторов

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Schwabens Abgründe - Группа авторов

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wischte er sich über Gesicht und Haare. Widerlicher Regen! Susanne sah ihn erwartungsvoll an.

      Er zeigte nach draußen: »Auch wenn ich den größten Teil meiner Jugend unter Motorhauben verbracht habe, dieses Auto ist nicht mehr zu retten.« Es gelang ihm, herablassend zu klingen, obwohl er die Beine zusammenkneifen musste, weil seine Blase so schmerzte. Aber er würde die Tasche nicht noch einmal alleine lassen.

      Mit leidender Kleinmädchenstimme hauchte sie: »Oh.«

      »Mit dem passenden Werkzeug kann ich jedes Auto wieder in Gang setzen«, fuhr er fort, und während er noch überlegte, ein gemeines »nicht meine Schuld, dass Sie außer einer Wimpernzange kein Werkzeug haben« an den Satz anzuhängen, fragte sie: »Warum starren Sie eigentlich die ganze Zeit so auf Ihre Aktentasche? Was ist da drin?«

      Sein Herzschlag setzte für eine Sekunde aus, auch wenn er auf den Brotkorb geschaut hatte. Falsche Frage, dachte er, ganz falsche Frage, Tussi, ich breche dir gleich das Genick, ich … Als er sich wieder unter Kontrolle hatte, nuschelte er: »Wichtiger U-Haft-Mandant, mein letzter offizieller Termin morgen.«

      »Sagten Sie nicht vorhin, Ihre Mandanten würden niemals einfahren?«

      Er biss sich auf die Zunge, was für ein blöder Fehler. »Potenzieller U-Haft-Mandant«, berichtigte er. Gott, hoffentlich stimmte das nicht. Er durfte gar nicht an die Unterlagen denken, die ihn für Jahre in den Knast bringen konnten. Und wenn die erst einmal anfingen, in seinem Umfeld zu ermitteln, Moritz’ Unfall genauer untersuchten und gegebenenfalls auf eines seiner weiteren Opfer stießen, vielleicht den Boden unter seiner Garage aufgruben … So dehnbar war das Gummiband zwischen Recht und Unrecht nicht mal für ihn. Er schluckte. Dann sagte er sich, dass seine plötzliche Panik vollkommen absurd war. Ihm war nur kalt. Morgen saß er im Flieger, übermorgen mit einem Martini am Strand.

      Erfreulicherweise tauchten in diesem Moment im Rückspiegel auch endlich die goldenen Lichter des Abschleppwagens auf. Alles würde gut werden. Jetzt würde er Susanne zum Abschluss zeigen, wie Magic Ted einen Konflikt für sich entschied, und danach nach Hause und ab mit den Papieren in den Kamin. Er erbot sich, erneut in den Regen, der sich glücklicherweise in den letzten Minuten zu einem leichten Nieseln abgeschwächt hatte, hinauszusteigen und die Sache mit dem Typen vom Abschleppdienst zu klären. Er ließ die Beifahrertür offen, damit er die Aktentasche im Blick hatte, und setzte sein kältestes Anwaltslächeln auf, bei dem selbst hartgesottene Richter zu schlottern begannen. Dieser unverschämte Hurensohn von einem Handwerker, der sich erdreistet hatte, ihn über vierzig Minuten mit Susanne warten zu lassen, dem würde er was erzählen. Wenn er mit ihm fertig war, dann würde diese Kreatur weinend in ihrem Fahrerhäuschen kauern, so wahr ihm Gott helfe. »Wie können Sie es wagen, fast eine Stunde zu spät …«, donnerte er los.

      Die Tür des Abschleppwagens knallte mit solcher Wucht auf, dass Ted fast auf die Autobahn geschleudert wurde. Er konnte sich gerade noch am Kofferraumdeckel des Oldtimers festhalten. Der Brotkorb, den er, ohne es bemerkt zu haben, wie eine Waffe in der Hand hielt, schlug fast die Heckscheibe ein.

      »Wen haben wir denn da?«, fauchte die Fahrerin des Abschleppwagens, und Ted fühlte, wie ein kaltes Grausen in seinen Magen fuhr.

      »Eva«, sagte er, und das erste Mal hatte er für eine Sekunde das Gefühl, dass alles über ihm zusammenstürzte. Schön zwar, dass seine Ex-Frau sich seinen wohlgemeinten Ratschlag, sie solle Putzen gehen oder verrecken, zu Herzen genommen und sich endlich trotz der drei kleinen Kinder einen Job gesucht hatte. Aber musste das ausgerechnet in einem Abschleppunternehmen sein? Ausgerechnet heute?

      Er atmete tief durch. »Wir sollten das Kriegsbeil begraben«, brachte er heraus. »Ich denke schon die ganze Zeit, ich sollte dir beim nächsten Gerichtstermin ein faires Angebot unterbreiten. Um der vielen guten Jahre willen, Pummelchen.« Solche Sachen mit Kriegsbeil begraben und guten Jahren hätte er unter anderen Umständen nie zu seiner künftigen Ex-Frau gesagt, aber eines war sicher: Eine redende Eva würde dazu führen, dass er seinen Flug morgen vergessen konnte. Denn auch, wenn Eva auf ihre minderbemittelte Art nie verstanden hatte, was für krumme Dinger er so gedreht hatte, dass er krumme Dinger gedreht hatte, das hatte sie kapiert. Im Scheidungsverfahren war das kein Problem, der Richter wurde von Ted mit großzügigen Spenden unterstützt und glaubte Evas Verleumdungen nicht, aber Susanne würde eins und eins zusammenzählen können, vor allem nach der Sache mit Moritz, und wenn sie die Polizei rief und die die Aktentasche …

      Eva sprang behände aus dem Fahrerhäuschen. »Deine Chefin?«, fragte sie und zeigte auf den Oldtimer. »Der werde ich mal erklären, was du für ein betrügerisches Arschloch bist. Dass du nicht mal Kindesunterhalt bezahlst und Gewalt für dich ein legitimes Mittel …«

      »Eva, jetzt dreh nicht durch.« Er nahm den Brotkorb in beide Hände.

      »Ich drehe nicht durch. Was ist das für ein Ding, das du da hältst? Versuchst du schon wieder, mich zu bedrohen?«

      »Ich habe dich nie bedroht! Ich habe dir ruhig in der Küche erklärt, dass ich nach der Scheidung berechtigterweise keinen Unterhalt und auch sonst nichts bezahlen werde.« Er legte Entrüstung in seine Stimme.

      »Mit einem Fleischermesser in der Hand?!«

      »Ich war gerade beim Kochen.« Es hatte ihn ein Vermögen gekostet, die Polizei davon zu überzeugen, dass er für die Zubereitung von Ravioli aus der Dose ein Fleischermesser gebraucht hatte.

      Aus dem Augenwinkel sah Ted, wie die Tür des Oldtimers aufging. Susannes Fuß erschien. Sein Herz raste.

      »Das hier ist ein Edelstahlbrotkorb.« Er streckte seiner Ex-Frau das hässliche Ding hin. »Willst du ihn haben? Du stehst doch auf hübsche Designerstücke, Pummelchen.«

      »Steck dir das Ding sonst wohin.« Eva ging in Richtung Oldtimer, direkt auf die offene Beifahrertür zu.

      Hass und Angst kochten in Ted hoch. Trotzdem sagte er betont ruhig: »Wenn du jetzt einfach wieder fährst, könnte ich mir vorstellen, dir die Villa in St. Tropez zu überschreiben.« Dass sie seit vorgestern bis obenhin beliehen war, verschwieg er geflissentlich.

      Eva lachte herablassend und ging weiter. Sollte er den Brotkorb wie einen Ninjastern auf sie schleudern und hoffen, dass sie enthauptet wurde? Sie damit erschlagen? Und Susanne als Zeugin gleich mit? War es vorstellbar, dass die Polizei ihm später abnahm, dass er in Notwehr gehandelt hatte? Die waren schon bei der Sache mit dem Fleischermesser ziemlich angespannt gewesen, und Moritz’ Unfall war auch noch nicht gänzlich vom Tisch. Und als er neulich seinen Siegelring im Hals einer toten Gegenanwältin verloren hatte und danach auch noch den Gerichtsmediziner hatte beseitigen müssen … Fuck. Vielleicht konnte er wenigstens behaupten, das hier sei eine Tötung auf Verlangen gewesen? Die Strafe dafür war deutlich geringer als für Mord. War ein realistisches Szenario denkbar, in dem zwei Frauen einen Anwalt baten, sie mit einem Brotkorb am Rande einer Autobahn zu enthaupten? Wohl kaum. Fuck.

      »Sie sind Susanne?«, fragte Eva in diesem Moment seine Chefin, die mittlerweile ausgestiegen war, über das Auto hinweg. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«

      »Wir Frauen müssen zusammenhalten. Ich habe kein Verständnis für Männer, die keinen Kindesunterhalt bezahlen«, antwortete Susanne.

      Teds Hand, die den Brotkorb umklammerte, wurde ganz weiß. Was ging hier vor sich?

      »Das war eine großartige Idee mit dieser Panne.« Eva lächelte diabolisch. »Hatten Sie die Gelegenheit, in sein Handy zu schauen? Stimmt das Passwort noch, das ich Ihnen gegeben habe? Ich bin mir sicher, er hat noch irgendwo Geld, der ist nie im Leben pleite.«

      Ted

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