Dolmetschen im Medizintourismus. Katia Iacono

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Dolmetschen im Medizintourismus - Katia Iacono Translationswissenschaft

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Bischoff/Hudelson 2010: 18). Des Weiteren sollten die Kosten für dessen Weiterbildung berücksichtigt werden, damit die erbrachte Dolmetschleistung bestimmte Qualitätskriterien erfüllt.

      Eine alternative Lösungsstrategie ist das Ferndolmetschen (vgl. u.a. Braun 2015, Brunson 2015, Havelka 2017, Angelelli 2019). Das Ferndolmetschen wird meistens in Form von Telefondolmetschen oder Videodolmetschen realisiert. Beim Ferndolmetschen nehmen die DolmetscherInnen nicht persönlich an der Kommunikation teil: Sie befinden sich entweder bei einer/einem der Gesprächsbeteiligten oder sind räumlich komplett von den Gesprächsbeteiligten getrennt. Da sich nicht alle Kommunikationsbeteiligten am selben Ort aufhalten, fehlt den DolmetscherInnen der „Überblick“ über die Situation. Besonders im Rahmen des Telefondolmetschens erschwert die fehlende visuelle Komponente die Gesprächskoordination. Weitere Faktoren, die die Verdolmetschung (negativ) beeinflussen können, sind unzuverlässige Technologien und ein „lack of interpersonal clues“ (Tipton/Furmanek 2016: 144). Das Videodolmetschen kompensiert zwar teilweise den „lack of interpersonal clues“ sowie die physische Distanz, dennoch stellt das Bild, das die DolmetscherInnen wahrnehmen, nur einen Ausschnitt des gesamten Geschehens dar (vgl. Havelka 2017: 122). Die Verwendung des Ferndolmetschens als Lösung zur Überwindung von Sprachbarrieren ist aus wirtschaftlicher Sicht besonders effizient (vgl. Braun 2015: 347ff., Tipton/Furmanek 2016: 143ff.), da die Kommunikation zwischen ÄrztInnen und PatientInnen wie üblich stattfinden kann, während DolmetscherInnen z.B. mittels Videokommunikation die Gespräche verdolmetschen. In einigen Fällen sind die eingesetzten DolmetscherInnen Angestellte der medizinischen Einrichtungen (vgl. Angelelli 2019: 71), in anderen Fällen arbeiten sie entweder als angestelltes oder freiberufliches Personal eines externen Unternehmens, das Ferndolmetschdienste anbietet. Locatis et al. (2010) stellen fest, dass Ferndolmetschen generell mehr Akzeptanz bei PatientInnen und ÄrztInnen als bei ausgebildeten DolmetscherInnen findet; letztere bevorzugen eher die physische Präsenz.4 Brunson (2015) weist darüber hinaus darauf hin, dass die schnelle Verfügbarkeit der eingesetzten DolmetscherInnen von den medizinischen Einrichtungen sehr geschätzt wird.

      Eine weitere Lösung zur Überbrückung von Sprachbarrieren in der medizinischen Kommunikation bietet die Verwendung von Englisch als Lingua Franca. Die Sinnhaftigkeit dieser Lösung hängt allerdings überwiegend von den Sprachkenntnissen aller im Gespräch beteiligten Menschen ab. PatientInnen sind nicht immer in der Lage, den ÄrztInnen die benötigten Informationen auf Englisch zu vermitteln, was in der Folge zu einer Fehldiagnose oder zu einer falschen Behandlung führen kann (vgl. Crezee 2013: 13f.). In ihrer Untersuchung der Anforderungen und interkulturellen Erfahrungen bei der Behandlung medizintouristischer PatientInnen zeigen Bialk-Wolf et al. (2017: 71ff.), dass die Verwendung von Englisch als Lingua Franca keine geeignete Lösung bietet, da keine/keiner der beteiligten AkteurInnen über einen ausreichenden Wortschatz verfügt, um sich angemessen auf Englisch auszudrücken. Der Erfolg der medizinischen Behandlung hängt aber von einer einwandfreien Verständigung ab, die nur auf der Basis einer von interkultureller Kompetenz, Sprachkompetenz und Empathie getragenen Kommunikation gewährleistet werden kann (vgl. Bialk-Wolf et al. 2017: 92).

      In der Diskussion über Sprachbarrieren oft außer Acht gelassen, aber zentral für Krankenhäuser und das medizinische Personal ist die rechtliche Frage, „wer das Risiko zu tragen hat, wenn es zu einem Schaden kommt und wer verantwortlich dafür ist, dass ein Dolmetscher herangezogen werden muss“ (Kletečka-Pulker 2013: 46). Aus rechtlicher Sicht ist es notwendig, dass die PatientInnen vor einer Behandlung aufgeklärt werden, damit sie ihre Einwilligung zu dieser Behandlung geben können. Um dies zu gewährleisten, müssen sich alle am medizinischen Gespräch beteiligten Personen verständigen können – das bloße Aushändigen von schriftlichen Unterlagen kann nicht als ausreichend betrachtet werden. Das Aufklärungsrecht sowie die Aufklärungspflicht sind immer gültig, außer bei medizinischen Notfällen (vgl. Spickhoff 2010: 65). Werden die PatientInnen nicht oder nicht ausreichend aufgeklärt, wird deren Einwilligung zur Behandlung unwirksam, und die behandelnden ÄrztInnen tragen die rechtlichen Folgen (vgl. Kletečka-Pulker 2013: 45). Aus diesem Grund müssen die behandelnden ÄrztInnen feststellen, ob die PatientInnen sich mit ihnen ausreichend verständigen können, bevor sie mit ihnen den Behandlungsvertrag abschließen. Sprachbarrieren können ebenso die anschließende Behandlung beeinträchtigen, denn auch für diese benötigen ÄrztInnen bestimmte Informationen vonseiten der PatientInnen (vgl. Spickhoff 2010: 66). ÄrztInnen tragen immer die Beweislast, ob die PatientInnen die Erklärungen, die auf Deutsch vorgetragen wurden, verstanden haben, und ob sie die notwendigen Angaben machen konnten. Die sprachliche Situation wird allerdings nicht immer richtig eingeschätzt, denn in manchen Fällen schaffen es PatientInnen mit geringen Deutschkenntnissen, dem medizinischen Personal gegenüber den Eindruck zu vermitteln, dass ihre Sprachkenntnisse für eine erfolgreiche Kommunikation ausreichen (vgl. Bührig/Meyer 2015: 303). Ergeben sich Behandlungsfehler oder Schäden durch Sprachbarrieren, muss überprüft werden, ob diese hätten vermieden werden können (Kletečka-Pulker 2013: 54). Das Aufklären der PatientInnen kann auch anderen ÄrztInnen überlassen werden, doch tragen die delegierenden ÄrztInnen Anleitungs- und Aufsichtspflichten (vgl. Kletečka-Pulker 2013: 65). Grundsätzlich ist dem nicht medizinischen Personal das eigenständige Aufklären nicht gestattet. Ein für medizintouristische Settings rechtlich relevanter Aspekt ist die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichtes in den Fällen, in denen die Aufklärung einer/eines ihrer BürgerInnen in einem anderen Land nicht ausreichend war und aufgrund dessen eine Gesundheitsschädigung entstanden ist (vgl. Spickhoff 2010: 60). Der Zusammenhang zwischen Sprachbarrieren und der Wahrscheinlichkeit medizinischer Fehler wird auch von Wasserman et al. (2014: 2) thematisiert. Zu den möglichen Fehlerquellen zählen sie u.a. die Verwendung nicht qualifizierter Dolmetschender (Personen aus dem Familien- und Freundeskreis) und das Zurückgreifen auf medizinisches Personal, das nur über begrenzte Kenntnisse der Sprache der PatientInnen verfügt. Die AutorInnen der Studie weisen auf die Notwendigkeit hin, die Überwindung von Sprachbarrieren aus Sicht des Risikomanagements und weniger aus einem humanitären Blickwinkel zu betrachten.

      Das Gesetz schreibt in Österreich nicht vor, dass nur ausgebildete DolmetscherInnen beim Aufklärungsgespräch dolmetschen dürfen. Haftungsrechtlich gilt es allerdings zu klären, wer die dolmetschende Person beauftragt hat (vgl. Kletečka-Pulker 2013: 66ff.). Ist das Krankenhaus der Auftraggeber, dann „ist ein etwaiges Fehlverhalten des Dolmetschers dem Träger der Krankenanstalt gem. § 1313a ABGB zurechenbar“ (Kletečka-Pulker 2013: 69). Um die Möglichkeit eines Regresses in Anspruch zu nehmen, muss bestimmt werden, ob die dolmetschende Person vom Krankenhaus beauftragt wurde, und ob das Fehlverhalten durch Fahrlässigkeit oder vorsätzlich erfolgte. Wenn externe DolmetscherInnen beauftragt werden, entscheidet die vertragliche Vereinbarung, ob ein Regress möglich ist. Dolmetschen MitarbeiterInnen des Krankenhauses, muss berücksichtigt werden, dass ihr Arbeitsauftrag arbeitsrechtlich nicht die Dolmetschleistung umfasst. Im Fall eines Schadens würde eine bestehende Versicherung diesen nicht decken, da die dolmetschende Person keine geeignete Ausbildung aufweist (vgl. Kletečka-Pulker 2013: 65ff.). „Dies ändert an dem Umstand nichts, dass diese Personen auch als Erfüllungsgehilfen gem. §1313a ABGB dem Träger der Krankenanstalt zuzurechnen sind“ (Kletečka-Pulker 2013: 69). Werden dolmetschende Begleitpersonen eingesetzt, „darf der Arzt auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung vertrauen, soweit aufgrund der Reaktion des Patienten nicht das Gegenteil offenkundig wird“ (Kletečka-Pulker 2013: 63). Wenn ÄrztInnen bemerken, dass die dolmetschende Person selbstständig antwortet, ohne die Frage weiterzuleiten, oder dass die Dolmetschzeit viel kürzer als die Redezeit auffällt, sollte davon ausgegangen werden, dass die Dolmetschung nicht korrekt oder unvollständig ist.

      Abschließend kann festgehalten werden, dass die gängigsten Lösungsstrategien zur Überwindung von Sprachbarrieren wie der Einsatz einer Lingua Franca und das Dolmetschen durch Angehörige bzw. durch medizinisches und nicht medizinisches Personal nicht ausreichend sind, um PatientInnen- und ÄrztInnensicherheit zu gewährleisten. Die Förderung einer Translationskultur in den Krankenhäusern (vgl. Pöchhacker 2000a, Bührig/Meyer 2015: 303), durch die eine strategische und reflektierte Überwindung der Sprachbarrieren erfolgen kann, ist in allen medizinischen Settings notwendig.

      2.3 Rollen und Aufgaben der DolmetscherInnen

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