Basiswissen ITIL 4. Nadin Ebel
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Da das IT Service Management mit den Inhalten des betriebswirtschaftlichen Fachgebiets Dienstleistungsmanagement in Verbindung steht, werde ich Sie danach in Abschnitt 1.2 u.a. mit den grundlegenden Begriffen Dienstleistung (Service) und Dienstleistungsmanagement (Service Management) vertraut machen. Dies ist auch deswegen interessant, da ITIL 4 viele grundlegende Überlegungen aus dem Dienstleistungsmanagement wie die Wertkette bzw. Wertströme aufgegriffen hat. Auch die »Value Co-Creation«, die in ITIL 4 als neuer Aspekt in die Definition des Service-Begriffs einfloss, ist aus Sicht des Dienstleistungsmanagements ein alter Hut. Ähnliches gilt für das sogenannte Service Blueprinting. Dieser Abschnitt ist nicht relevant für die ITIL-Foundation-Prüfung, in meinen Augen aber ein wesentlicher theoretischer Wissensbaustein für das IT Service Management und ITIL 4.
Darauf aufbauend gehe ich dann auf die Besonderheiten von IT-Dienstleistungen (IT Services) ein. Wie das Management dieser IT-Dienstleistungen dann in ITIL umgesetzt wird, stelle ich Ihnen anschließend in Abschnitt 1.3 vor, inklusive der damit verbundenen Vor- und Nachteile. Anschließend mache ich Sie in Abschnitt 1.4 mit den zentralen Bestandteile von ITIL 4 und der Struktur der beiden zentralen Komponenten in ITIL 4 vertraut, auf die ich in den vorhergehenden Abschnitten bereits Bezug genommen habe.
In Abschnitt 1.5 gehe ich zum Schluss auf die noch recht junge Disziplin des Enterprise Service Management ein, die die Überlegungen und Erfahrungen aus dem IT Service Management auf IT-ferne Funktionsbereiche wie Personal überträgt und die Digitalisierung im Unternehmen unterstützt.
Möchten Sie sich auf die Inhalte für die ITIL-4-Foundation-Zertifizierungsprüfung konzentrieren, können Sie die Abschnitte 1.2, 1.3 und 1.5 überspringen und danach mit Kapitel 3 fortfahren.
1.1ITIL – ein erster Überblick
ITIL stellt einen umfassenden und allgemein verfügbaren Best-Practice-Leitfaden für das IT Service Management (ITSM) dar. Die dort niedergeschriebenen Erfahrungen und Empfehlungen haben sich als ITIL Best Practices mittlerweile zum De-facto-Standard entwickelt und bewährt.
Definition
ITIL definiert den Service-Management-Begriff als Bündel von spezialisierten organisatorischen Fähigkeiten (capabilities), die in Form von Services einen Wertbeitrag für den Kunden ermöglichen.
Dies zeigt sich in der Praxis durch die Gesamtheit von Maßnahmen und Methoden, die auf den Fähigkeiten der IT-Organisation basieren und die nötig sind, um die bestmögliche Unterstützung von Geschäftsprozessen durch die IT-Organisation und deren Services zu erreichen (siehe Abb. 1–1). Dazu kann die IT-Organisation in ihrer Rolle als Service Provider ITIL als Best-Practice-Sammlung nutzen und sich bspw. auch auf die Anforderungen der ISO-20000-Norm stützen (siehe Abschnitt 2.2).
ITSM adressiert auch die Tatsache, dass der Anteil und die Bedeutung der IT an der Wertschöpfung in Unternehmen weiterhin wachsen. Gleichzeitig nimmt auch die Abhängigkeit der Unternehmen von der IT zu, wenn es darum geht, Geschäftsanforderungen zu bedienen. Heutige Unternehmen sind hochgradig abhängig von ihrer IT. Die vierte industrielle Revolution, in der wir mittlerweile angekommen sind, ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Digitalisierung und Vernetzung von Produkten, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodellen. Im Vertrieb, in der Logistik und Produktion gibt es kaum mehr Prozesse, die ohne IT-Unterstützung funktionieren. So laufen große Teile der Kommunikation über E-Mail und das Internet; Kunden- und Lieferantendaten werden elektronisch verwaltet, die Buchhaltung sowieso, und in vielen Fällen ist sogar die Produktion von IT-Systemen abhängig. Ohne die IT-Dienstleistungen würden diese Geschäftsprozesse stillstehen. Die Qualität der IT Services wird also immer wichtiger – auch unter Sicherheitsgesichtspunkten –, während gleichzeitig der Kostendruck auf die IT-Organisationen wächst.
Abb. 1–1 Services zur Ermöglichung und Unterstützung der Geschäftsprozesse
Die Industriegesellschaft hat sich durch die konsequente Nutzung der Informationstechnologie verändert und ist im Zeitalter der Informationsgesellschaft angekommen. Damit hat sich auch die Einstellung gegenüber der IT verändert. In zahlreichen Unternehmen kommt die IT »aus der Steckdose«; sie wird als Commodity angesehen, und man spricht von »Virtualisierung der Infrastruktur«. Der Erwartungshaltung, die aus diesen Formulierungen spricht, kann allerdings nur entsprochen werden, wenn ein hoher Reifegrad in der IT vorherrscht, den die wenigsten Organisationen, egal ob unternehmensintern oder als externer Service Provider, bieten können.
Die Hebel, um diesen Missstand zu beseitigen, sind organisatorischer Natur. Effektive und klare Steuerungsprozesse v.a. unter Einbezug aller beteiligten Parteien wie Zulieferer, Partner und Kunden sind dafür notwendig. Gerade der Kunde darf nicht vernachlässigt werden. Services müssen einen Mehrwert für den Kunden, den Service-Konsumenten, bereitstellen. Der Kunde beurteilt die Qualität der Services und der Prozesse, an denen er beteiligt bzw. von denen er betroffen ist. Für ihn steht die Realisierung seines Vorteils im Sinne einer Kosten-Nutzen-Relation im Vordergrund. Dabei können unterschiedliche Nutzenaspekte aus Kundensicht in Betracht gezogen werden, je nachdem wo seine Schwerpunkte liegen und welche Erfahrungen er macht. Daher ist es unerlässlich, seine Kunden und seine Geschäftsaktivitäten/-prozesse zu kennen, die individuelle Wahrnehmung der Services durch die Anwender einschätzen und positiv beeinflussen zu können. Eine reife IT-Organisation zu sein bedeutet auch, dass die Relevanz der Kundenorientierung und das darüber anvisierte Ziel der Wertschöpfung im Blick behalten werden.
Exkurs
Unter Wertschöpfung wird der bei der »Produktion« erzielte Wertzuwachs verstanden. Es ist nach Samuelson/Nordhaus der Unterschied zwischen den Verkaufs- und Einkaufspreisen der zur Produktion verwendeten Materialien und Dienstleistungen (vgl. Samuelson/Nordhaus 2007). Eine Wertschöpfung ist dann gegeben, wenn der Wert höher als die Kosten der Service-Inanspruchnahme eingeschätzt wird bzw. faktisch ist. Dies entspricht letztlich der Gewinnspanne, die sich ergibt, wenn vom aus Kundensicht geschaffenen Wert die hierfür entstandenen Kosten abgezogen werden (vgl. Woratschek et al. 2007).
Aufgrund der Heterogenität der verschiedenen Unternehmen beschreibt ITIL nicht detailliert das »Wie«, also die Umsetzung der Best-Practices-Vorschläge, sondern konzentriert sich auf das »Was«, die Modelle und ihre Komponenten, Dimensionen, Practices, externe Einflussfaktoren und Aktivitäten sowie Ziele innerhalb der IT-Organisation, um einen Nutzen für ihre Kunden und mit den Kunden zu erreichen. Die Anpassung der Inhalte kann dadurch leicht auf die individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens zugeschnitten werden. Darin liegt allerdings auch die exquisite Herausforderung, der sich jede IT-Organisation stellen muss.
ITIL wird oft als die Lösung für jedes nur denkbare Problem