Christines Weg durch die Hölle. Robert Heymann

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Christines Weg durch die Hölle - Robert Heymann

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wollen, Mr. Lee.“

      „Sie haben ein Papier mit geheimen Aufträgen des roten Ataman Grigorjew bei sich.“

      „Sind Sie dessen sicher?“

      Der Chef der russischen Konterspionage steht vor dem Hauptmann und legt den Browning vor sich auf den Tisch.

      Odojewskij schaut ihm ungeduldig zu.

      „Nehmen Sie doch Platz, Mr. Lee. Wir wollen uns auf den Standpunkt von Kameraden stellen. Sie fahren besser dabei als mit dem Kampf auf Leben und Tod!“

      Mac Lee wirft dem Hauptmann einen schnellen Blick zu.

      Scharf und durchdringend. Dann steckt er die Waffe ein.

      „Also gut. Sie haben ein Mandat für Rot. Zugegeben?“

      „Dass ich ein Narr wäre, Mac Lee! So etwas erörtert man auch unter guten Freunden nicht. Die Frage verstösst gegen die Kameradschaft.“

      „Ich weiss aber, dass Sie Bolschewist sind! Sie haben ein Schreiben des Ataman Grigorjew bei sich.“

      „Nein!“

      „Dann müssen Sie sich gefallen lassen, dass ich jetzt bei Ihnen Haussuchung halte.“

      „Das ist Ihre Pflicht, Mac Lee. Als Kamerad werde ich mich dem nicht widersetzen.“

      „Sie wollen mir keinerlei Schwierigkeiten machen?“

      „Keine. Unter der Bedingung: Sie müssen in einer Stunde fertig sein. Ich habe Hunger.“

      „Ich wünsche zuerst Sie selbst genau zu durchsuchen!“

      „Gut. Ich nehme ein Bad. Sie können meinen Anzug, meine Wäsche, Sie können mich am Körper durchsuchen. Man müsste diesen verräterischen Brief doch irgendwo finden! Das leuchtet Ihnen ein?“

      „Vollkommen!“

      Mac Lee untersucht den Hauptmann Odojewskij. Mac Lee dreht seinen Anzug, jedes Wäschestück von innen nach aussen. Durchstöbert das Zimmer, jede Ritze.

      Er vergisst nichts. Er sucht eine Stunde mit einer Gründlichkeit, der er bisher seine grossen Erfolge verdankte.

      „Sind Sie nun fertig?“ fragt der Hauptmann. „Ich fange an, mich zu langweilen.“

      „Ich bin fertig,“ antwortet der Chef der Konterspionage ermüdet und doppelsinnig. „Der Brief befindet sich nicht bei Ihnen.“

      „Das sagte ich Ihnen ja gleich, Sie wollten es nicht glauben.“

      Zum ersten Mal in seinem Leben sieht Mac Lee totes Gleis. Er ist sich über seine nächsten Massnahmen nicht klar.

      „Ich werde Sie nicht mehr aus den Augen verlieren,“ sagt er. „Es ist für mich Ehrensache geworden, Sie zur Strecke zu bringen!“

      „Fatale Sache für Sie,“ antwortet der Hauptmann ironisch und beginnt sich anzukleiden.

      Mac Lee kaut an den Lippen und beobachtet ihn schweigend. Seine Nachrichten lauten bestimmt. Hauptmann Odojewskij ist ein Verräter.

      Aber wo hat er den Brief?

      Mac Lee macht einen letzten Versuch: „Alexeij,“ sagt er, „wir kennen uns doch lange genug!“

      „Natürlich. Nachdem ich meinen Abschied noch unter dem Zaren nehmen musste, ging ich nach den Staaten.“

      „Wir haben uns in Mexiko kennen gelernt.“

      „Beim Pferdestehlen.“

      Mac Lee schliesst halb die Lider. „Beim Pferdestehlen. Ich war Agent für die Christeros. Du warst nur Pferdedieb.“

      „Schön. Wir lernten uns kennen und schlugen uns dann gemeinsam in der Armee Obregons gegen Huerta!“

      „Ja. Auf diese Kameradschaft, Alexeij: Sage mir, wo du den Brief des roten Ataman versteckt hast. Ich schwöre dir, bei meinem Blute, ich lasse dich laufen!“

      „Bei deinem Blut, Mac Lee, ich werde dir nichts sagen!“

      „Gut, Alexeij, ich werde den Brief finden, und dich soll der Satan holen und lebend frikassieren.“

      „Er tut es nicht, Mac Lee. Noch nicht. Ich habe eine feine Witterung für meine Chancen. Auch für die deinen. Die deinen stehen schlecht, Mac. Tut mir leid.“

      Alexeij geht essen.

      Mac Lee raucht eine Zigarre und brütet. —

      Am nächsten Tage findet Odojewskij Christine verstimmt. Der erste Rausch der Freude über seine Rettung ist verflogen. Sie ist wieder in sich gekehrt, kühl. Die Erinnerung ist nun lebendig, und die alte Scheu vor ihm ist wiedergekehrt. Aber der Hauptmann weiss so geschickt den Gatten zu beschäftigen, der Sympathie für ihn hat, und die Abneigung Christines, die er durch sein Benehmen geschaffen hat, durch tadelloses Verhalten zu überwinden, dass sie langsam wieder Zutrauen zu ihm fasst.

      Die Gräfin zieht sich zum Souper um, der Graf kauft Zeitungen, Odojewskij raucht Zigaretten, und Mac ist in die Betrachtung eines Kellners versunken, dessen Gesicht ihm bekannt vorkommt.

      Aber im Laufe seiner Tätigkeit haben so viele Menschen seinen Weg gekreuzt, dass es ihm nicht möglich ist, eine Physiognomie ohne weiteres festzustellen.

      Wie Mac sich umwendet, ist Hauptmann Odojewskij verschwunden.

      Er steht seinen Schatten eben noch auf der Balustrade.

      Mac ist blitzschnell auf der Treppe.

      Im ersten Stock angekommen, durchsucht er die Korridore nach Alexeij.

      Hauptmann Odojewskij ist unauffindbar.

      Mac eilt auf das Zimmer Alexeijs.

      Leer!

      Er steht einige Minuten und denkt nach.

      Alexeij hat etwas vor.

      Klar!

      Es betrifft den Brief. Der Hauptmann muss ihn ja wieder aus seinem Versteck in seinen Besitz bringen!

      Gräfin Kusmetz ...

      Mac ist schon draussen. Eilt vor das Ankleidezimmer der Gräfin.

      Horcht. —

      Christine steht vor dem Ankleidespiegel, legt Rot auf und drückt den geblümten Seidenmantel an die Brust.

      Da geht die Tür auf. Sie steht Alexeij im Spiegel.

      Blitzschnell gleitet sie zum Fenster. Der Mantel schleift nach. Da steht sie silhouettenhaft gegen das sterbende Licht, schlank und rassig in blauer Wäsche.

      „Hauptmann Odojewskij — ich befehle Ihnen —“

      Alexeij dreht den Riegel hinter

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