Zimmer mit Mord. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zimmer mit Mord - Группа авторов страница 3

Zimmer mit Mord - Группа авторов

Скачать книгу

noch Türen, nur schwarze Löcher, die über einen hinwegstarren wie die Augen eines Totenschädels. Alles an diesem Gebäude war einmal herrschaftlich, bedeutend, reich. Jetzt aber ist es vollkommen verfallen.

      Eine Schande, so etwas.

      Wir treten auf den großen Vorplatz.

      Der Makler schließt das Tor.

      Wieder dieses dramatische Quietschen.

      Dann dreht er sich um, lächelt und macht eine präsentierende Geste: »Darf ich vorstellen: das Bellevue

      Erst jetzt sehe ich, dass sich vom Haupthaus Flachbauten wie Arme nach links und rechts strecken, die in zwei Gebäude münden, die wie Wehrtürme wirken. Bäume und Sträucher haben sich fast das gesamte Gebäude geholt. Vermutlich gibt es noch zwei Flügel auf der Rückseite, so dass das ganze Anwesen wie ein riesiges U aussieht.

      »Stimmt es, was man sich über das Gebäude erzählt?«

      Der Makler runzelt die Stirn, als wüsste er nicht, worauf ich anspiele, aber an seinen Augen sehe ich, dass er das ganz genau weiß.

      »Was meinen Sie?«, fragt er vorsichtig.

      »Dass es spukt!«

      Einen Moment starrt er mich an, dann macht er eine wegwerfende Handbewegung: »Ach, das …«

      Einen weiteren Kommentar scheint ihm das nicht wert zu sein, aber ich hake nach: »Und?«

      »Die Leute erzählen viel. Gerade hier in Köln. Sie kommen nicht von hier, oder?«

      Ich schüttele den Kopf: »Hamburg.«

      »Ah, verstehe.«

      »Was verstehen Sie?«

      »Der Norddeutsche redet nicht viel. Der Kölsche schon.«

      Ich seufze.

      Alle glauben, dass die Norddeutschen nicht viel reden. Vor allem die Kölner. Wenn die sich mal mit etwas anderem befassen würden als mit sich selbst, wüssten sie, dass der Norddeutsche ohne Ende redet.

      »Die Vorbesitzer sollen sich alle erhängt haben!«, beginne ich erneut. »Im zweiten Stock!«

      Der Makler zuckt mit den Schultern: »Sehen Sie es sich doch an! Hier wohnt seit Jahrzehnten niemand mehr. Und die Vorbesitzer haben sich so lange um das Erbe gekloppt, bis sie darüber gestorben sind. Auf ganz natürliche Weise. Jetzt gehört es deren Kindern, und die denken ganz praktisch: verkaufen und den Gewinn unter sich aufteilen.«

      »Dann ist an den Geschichten also nichts dran?«

      »Das habe ich nicht gesagt«, beginnt der Makler geheimnisvoll. »Nur nicht so, wie Sie das vielleicht gehört haben.«

      Ich blicke wieder auf das Haus.

      Sieht es mich gerade an?

      Schließlich reiße ich mich davon los und sage: »Sehen Sie, ich will das alles hier in Luxuswohnungen umwandeln. Und wenn mich potentielle Käufer fragen, möchte ich ihnen auch etwas über das Gebäude erzählen können. Aber wenn es geht – ohne Poltergeist, Grabstein und Selbstmörder.«

      »Verstehe«, antwortet der Makler. »Geschichten gibt es viele. Das Bellevue war mal ein Hotel.«

      »Tatsächlich?«

      »Ja. Hat kurz vor dem Ersten Weltkrieg eröffnet. Und ein paar Geschichten, die sich darin zugtragen haben, sind vielleicht der Grund dafür, dass so viele andere im Umlauf sind.«

      »Was denn für Geschichten?«

      Der Makler reibt sich verlegen über den Nacken: »Na … so Geschichten halt.«

      »Jetzt machen Sie es mal nicht so spannend.«

      »Ich glaube, das hat alles mit dieser Kiste angefangen …«

      »Was für eine Kiste?«

      »Na, diese Kiste aus Ägypten. 1913 war das, glaube ich.«

       1913 – Vor dem Krieg

       Auf der Flucht

      VON ILKA STITZ

      Das schmiedeeiserne Tor stand offen, und ihre Droschke rumpelte den gepflasterten Weg auf das Hotel zu. Bellevue entzifferte Eva die geschwungenen Lettern über dem Portal. Ein prächtiger Bau, dessen imposante Fassade mit der pfeilergestützten Vorhalle in der Mitte und gedrungenen Türmen an den Ecken die gesamte Breite des Vorplatzes beherrschte. Neben einem dort parkenden schwarzen Automobil kam die Kutsche zum Stehen. Keine Menschenseele war zu sehen, außer Vogelgezwitscher nichts zu hören. Das Anwesen strahlte trotz der Nähe zur Stadt eine seltsame Verlassenheit aus. Nur das Schnauben der beiden Pferde und das Knarren des morschen Ledergeschirrs störten die Ruhe.

      Eva betrachtete das große Hotel. Ein Haus, dem Stand ihres Mannes angemessen, Lord Benedict Cyril Pace. So gesehen ein passendes Quartier, aber natürlich entsprechend kostspielig. Zu viel für sie, eine ehemalige Sängerin in einem Pariser Varieté, und einen Lord, der zwar ein richtiger Lord, aber eben dank seiner Leidenschaft für das Kartenspiel auch ein ruinierter war. In Gedanken überschlug Eva ihre Barschaft, was schnell erledigt war, denn viel war es nicht mehr.

      Im Gegensatz zu ihr schien Benedict weder von dem Gebäude noch von ihrer mangelnden Zahlungskraft beeindruckt zu sein; er betrachtete den Weg zur Einfahrt.

      »Er ist nicht da, Benedict, Liebster«, beruhigte sie ihn. Sie war überzeugt, dass sie Yann in Paris abgehängt hatten.

      »Ich habe ein schlechtes Gefühl. Weil wir die Kiste mit dieser Adresse aufgegeben haben …«

      Diese vermaledeite Kiste! »Du hättest sie gar nicht erst mitnehmen dürfen!«

      »Dich hätte ich auch nicht mitnehmen dürfen«, sagte Benedict und lächelte sie an.

      Ja, davon ganz abgesehen … Doch ausgerechnet Odilon auch noch dieses sperrige Teil zu stehlen! Als er im Varieté fast über das Gepäckstück mit dem Kairoer Absender gestolpert war, hatte Benedict einfach nicht widerstehen können.

      Schuld war das Ägyptenfieber, dem immer mehr Leute verfielen, ihr Mann ebenso wie sein kürzlich verstorbener Vater und eben auch ihr Patron, Odilon Sauvage. Odilon, der gerade wegen seiner Begeisterung für ägyptische Artefakte einen Narren an Benedict gefressen hatte – bis dessen Spielschulden in den Himmel wuchsen. Da verstand auch ein Odilon Sauvage, bei aller Sympathie, keinen Spaß.

      Nun schuldete Benedict Odilon Sauvage, der nicht nur Betreiber eines erfolgreichen Pariser Varietés und einiger berüchtigter Spielhöllen war, sondern auch eine respektierte Größe in dubiosen Kreisen, ein Vermögen von zweitausend Francs, eine Kiste mit Plunder – und seine beste Sängerin. Und Eva wusste aus Erfahrung: Odilon vergaß nie und verzieh auch nie. Da mit dem Tod von Benedicts Vater eine zuverlässige Geldquelle

Скачать книгу