Elfenzeit 6: Zeiterbe. Uschi Zietsch

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Elfenzeit 6: Zeiterbe - Uschi Zietsch Elfenzeit

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zu ihm um. »Entschuldige, das war wohl etwas gedankenlos von mir.«

      Davids Herz krampfte sich zusammen, doch er mimte den Starken und zuckte mit den Achseln. »Du hast ja recht. Sobald wir sie gefunden und sicher zurückgebracht haben, werde ich sie in mein Bett zerren und nie wieder hinauslassen.«

      »Chauvinist.« Rian mühte sich um ein Lächeln. Doch auch sie vermisste unübersehbar ihre beste Freundin und machte sich große Sorgen um sie.

      Trotz des nagenden Gefühls, weil sie Nadja nicht selbst suchen gingen, sondern es Fabio überließen, entschieden sie, den Abend und die Nacht im Ort zu verbringen und erst am folgenden Tag bei hoffentlich besserem Wetter zum See von Nimue aufzubrechen. So wie die Blaue Dame es ihnen ausgerichtet hatte.

      Rian schlug vor, sich mit etwas trockeneren Klamotten einen großen Café au Lait zu gönnen und danach die Umgebung zu erkunden, bevor es dunkel wurde.

      Eine gute Idee, fand David. Und das nicht nur, weil er sich immer noch fragte, was für ein Tier er vorhin am Waldrand gesehen hatte. War es nur ein Trugbild gewesen? Oder ein Feentier, das Nadja geschickt hatte? Solchen Geschöpfen war es möglich, frei zwischen den Welten zu wechseln. Und sie waren vornehmlich weiß. Genau wie das, was David gesehen hatte. Oder zumindest glaubte, gesehen zu haben. Doch dann wäre es wohl kaum davongelaufen. Viel wahrscheinlicher war eine Reflexion der zahlreichen Blitze, die sich am Himmel wie ein Adergeflecht fortgepflanzt hatten. Oder?

      Die Ungewissheit trieb David zusammen mit seiner Schwester hinaus auf die Straße. Das Café Librairie lag nur wenige Schritte entfernt die Rue du Général de Gaulle entlang. Ein kleiner verschwiegener Laden mit einer breiten Schaufensterfront und zwei einfachen Holztischen draußen an der Straße.

      Rian war sofort hellauf begeistert, als sie einen Blick ins Innere warf. »Schau doch, es ist gleichzeitig eine Boutique!«

      David verdrehte die Augen und folgte nur widerwillig. Manchmal war die kindliche Begeisterung seiner Schwester einfach zu viel des Guten. Besonders, wenn der Shopping-Wahn sie überfiel und er am Ende alles tragen musste. Zu seiner Überraschung fanden sich auf den Regalen und Ausstellungsflächen keine typischen Touristen-Souvenirs, sondern ausgesuchte Mineralien, liebevoll gestaltete Kunstobjekte und ein paar handgemachte Halsketten.

      Es roch nach Kiefernharz und Tannenzapfen. Im Hintergrund spielte eine Musik, die aus Wind und vereinzeltem Vogelgezwitscher bestand. Aber das auffälligste war die Energie, die dieser Ort verströmte.

      Rian schritt geradezu andächtig zwischen den Verkaufstischen entlang, berührte hier und da einen der glatt geschliffenen Halbedelsteine oder linste nach dem Preis einer Kette.

      »Bonjour, Monsieur«, erklang eine voluminöse, warme Stimme. Eine ältere Frau war zu ihnen hereingekommen. »Mein Name ist Anne-Marie. Kann ich Ihnen helfen?« Ihr Französisch klang ein wenig härter, als David es bisher in der Region gehört hatte. Doch er konnte noch nicht ausmachen, ob es ein Akzent war oder einfach eine sprachliche Eigenheit.

      »Bonjour«, erwiderte er mit einem leichten Kopfnicken. »Wir sind gerade erst angekommen und wünschen uns einen Café au Lait.«

      Anne-Marie lächelte mit ihrem ganzen Gesicht. Die Fältchen in ihren Augenwinkeln mehrten sich, die Mundwinkel gehoben, erschienen kleine Grübchen in den vom Alter gezeichneten Wangen.

      »Ich glaube, Sie suchen mehr als das, nicht wahr? Für den Anfang kann ich Ihnen mit Sicherheit weiterhelfen.«

      David guckte sie ein wenig verdattert an. Wusste sie etwas? Las sie in ihm seine Sehnsucht und Sorge ab? »Weiterhelfen?«, brachte er ein wenig stotternd hervor. »Wie meinen Sie das?«

      Jetzt lachte sie auf. Offen, herzlich und ein wenig verschmitzt. »Mit dem Kaffee, mein Herr. Dürfen es zwei sein? Für Sie und ihre wunderhübsche Begleitung?«

      »Unbedingt!«, meldete sich Rian zu Wort und lehnte sich von hinten gegen ihren Bruder. »Das hier ist übrigens mein Zwillingsbruder David und mich können Sie Rian nennen.«

      »Willkommen in Paimpont, dem Tor zum Zauberwald«, sagte Anne-Marie und ihre Augen blitzten erneut geradezu schalkhaft auf. »Hat dich einer der Steine gerufen?«, fragte sie mit einem angedeuteten Nicken in Richtung der Verkaufsauslage.

      Sie war wie selbstverständlich ebenfalls ins Du verfallen. Eine Wirkung die Rian fast immer auf die Menschen hatte, wenn sie mit ihrer überbordend fröhlichen Art zu ihnen sprach.

      »Am liebsten würde ich sie alle nehmen!«, entgegnete sie.

      »Und was ist mit dir, David?«, wandte sich die Inhaberin nun wieder ihm zu. »Was brauchst du?«

      Ein Kribbeln durchfuhr seinen Körper, als würde ihr Blick ihn von innen nach außen abtasten.

      »Immer noch Café au Lait«, sagte er knapp und trat einen Schritt auf den Ausgang zu.

      Rian warf ihm einen tadelnden Blick zu, doch Anne-Marie nickte lächelnd und eilte eifrig in den hinteren Teil des Ladens. »Ouais, ouais, ist schon unterwegs!«

      »Du bist unverbesserlich«, sagte Rian, als sie es sich draußen an einem der massiven Holztische bequem gemacht hatten.

      Das Gewitter hatte sich mittlerweile verzogen, doch die Straße glänzte immer noch nass. Die Häuserwände dampften in der milder werdenden Spätnachmittagssonne und verliehen der schmalen, ordentlich gekehrten Gasse etwas Mystisches.

      Niemand sonst schien sich schon wieder hinaus zu trauen. Dachte David zumindest. Doch am westlichen Ende, dort, wo die Straße an den nahen See angrenzen musste, konnte er bei genauerem Hinsehen Menschen vor einem großen Dreikantgebäude ausmachen. Doch sie waren zu weit weg, um Genaueres erkennen zu können.

      »La Porte des Secrets – Das Tor der Geheimnisse«, wisperte eine Stimme hinter ihm. David fuhr herum und blickte erneut in das lachende Gesicht von Anne-Marie, die mit der Bestellung zurück war. »Bei diesem Graupelwetter die beste Art, sich einen schönen Abend zu machen. Wenn ihr Glück habt, gibt es noch Karten«, erklärte sie, während sie den Kaffee servierte.

      »Ist das eine Show?«, fragte Rian, während sie nach ihrer Tasche griff.

      Anne-Marie wiegte den Kopf. »Theater, Museum, Märchenstunde. Im Grunde von allem etwas. Aber auf jeden Fall sehenswert, wenn man sich für den Wald und seinen Zauber interessiert.«

      »Was für einen Zauber hat er denn?«, hakte David skeptisch nach. Das Ganze klang ihm mittlerweile doch zu sehr nach Verkaufsanzeige. Wahrscheinlich arbeitete sie mit dem Betrieb zusammen, um ihnen Besucher zuzuschanzen.

      »Man sagt, es wäre die Heimstatt von Merlin«, gab die Inhaberin beflissentlich Antwort. »Die Welt glaubt, er wäre ein Zauberer gewesen. Vielleicht der größte, der je gelebt hat. Doch in Wahrheit war er ein Druide. Ein Anhänger der Vorläufer der Ancient Order of Druids. Die wussten schon in grauer Vorzeit mehr über die Gestirne als die Wissenschaftler heute. So heißt es. Sie schöpften ihre Stärke aus Licht und Schatten. Eine Magie, die auf der Dualität der Dinge beruht, so wie die Erde selbst.«

      Sie beugte sich mit ihrem Tablett ein wenig vor und flüsterte verschwörerisch. »Auch heute noch sollen Merlins Abkömmlinge zu besonderen Anlässen ihre Rituale und Zeremonien im Hain abhalten.«

      »Gibt’s darüber auch einen Vortrag?«, fragte David kühl und kassierte im nächsten Moment von seiner Schwester einen Hieb mit dem Ellenbogen in die Seite.

      Und

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