These Girls. Группа авторов

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Traurigkeit, in ihrem ganz intimen Scheitern, einen kleinen Riss in die Popfassade zu zaubern, und darin liegt mehr Traurigkeit und mehr Schönheit als in den meisten Herzschmerzsongs, die ich sonst so höre.

      Aber natürlich muss man auch Kritik üben. Denn auch wenn es ursprünglich für sie geschrieben wurde, ist es wirklich nahezu unverzeihlich, das schönste Liebeslied, das je auf Deutsch geschrieben wurde, »Für immer und dich« acht Jahre nach dem Tod von Rio Reiser ausgerechnet mit Xavier Naidoo neu aufzunehmen.

      Doch soll dieser Text versöhnlich enden und es gibt wohl nichts Versöhnlicheres als das Idol selbst zu Wort kommen zu lassen. Denn Naivität ist manchmal eine Tugend, genauso wie die Lüge: »Warum sich die Menschen Lieder wünschen, bei denen man weint, verstehe ich nicht.«

      Wiebke Lohfeld

       Limpe Fuchs

      • ANIMA, ANIMA SOUND, BUNTE TRUPPE

      • ERSTE LP 1971

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      Limpe Fuchs, 2018 live in Wiesbaden

      Ein kleiner Raum, gefüllt mit ca. 25 Personen auf Paletten und Holzklappstühlen im Halbkreis organisiert vor einem Instrumentenaufbau, den man nicht sogleich einordnen kann: Steinplatten auf einem Metalluntergestell wie ein zu groß geratenes Vibraphon, Schlagzeug, Kabeltrommel, Schlaginstrumente, ein kleineres Vibraphon mit Holzplatten und schließlich weiter rechts elektronische Kabel, Mischpult, Spielzeuge, Flöten. Was kann man hier erwarten? Es handelt sich mit Sicherheit nicht um eine Spielecke im Kindergarten, obgleich es augenscheinlich ist, dass hier gespielt werden wird. Zwischen den Menschen im Raum bewegt sich leichtfüßig Limpe Fuchs, spricht hier mit jemandem, ordnet dort noch etwas und schaut irgendwann gespannt auf den Organisator der Veranstaltung: Anfangen? Ihre Konzentration überträgt sich in den Raum, der mit weißen Wänden, einem großen alten Perserteppich und einer großen Fensterfront ausgestattet, nicht vorgeben kann, mehr zu sein als eben ein vielseitig benutzbarer Kasten – keine Bühne, keine Scheinwerfer, keine Starallüren, nur: Limpe Fuchs mit ihrem Partner Peter Strickmann. Der Moment, in dem es los geht, ist einer, der Limpe Fuchs besonders wichtig ist: die Stille, der O-Ton des Raumes in der Situation, in der sich alle gemeinsam auf ein Hörerlebnis begeben werden, dem Spiel mit den Tönen, die sich in angeschlagenen Rhythmen und Schwingungen unter der künstlerischen Bewegung von Limpe Fuchs einem Publikum darbieten. Von dieser Stille und der Spannung auf das Spiel lebt ihr musikalisches und kompositorisches (Klang-)Werk.

      Limpe Fuchs, Jahrgang 1941, befasst sich als klassisch ausgebildete Musikerin, Percussionistin und Komponistin mit der Offenheit musikalischer Prozesse und deren Vermittlung. Sie befindet sich im Medium der Musik – oder vielleicht besser gefasst: den Tönen und Klängen – in stetiger Selbstbefragung nach den Möglichkeiten der Selbstbestimmung, wie sie es selbst formuliert. Einer Generation zugehörig, die sich eher den Selbstbefragungen entzogen und die vorherige Generation befragt hat, zeugt ihre Suchbewegung in der Kunst von großer biografischer Relevanz. Und so scheint mir, kann man das Hörerlebnis ihrer Klangkunst nicht davon trennen, wer diese produziert und mit welchen inneren Bewegungen sich die Klangperformances verbinden.

      Nach dem oben beschriebenen Konzert sitze ich Limpe Fuchs im Gespräch gegenüber und frage, ob ich sie einmal für ein längeres Interview besuchen dürfe. »Ja, ich bin doch gar nicht so wichtig«, sagt sie zu mir. Klare blaue Augen blicken mich lebendig aus einem kleinen zarten und schon von den Jahren gezeichneten Gesicht an, bringen mich direkt dazu, darüber nachzudenken, was mir denn an einem Interview mit dieser außergewöhnlichen Frau so wichtig wäre.

      Damit ist schon viel gesagt über eine Künstlerinnenpersönlichkeit, die sich vor allem über das Tun in großer Selbstverständlichkeit ihrer künstlerischen Gesten verständigt. Sie will sich nicht hervortun, und gleichzeitig sieht man ihr die Freude und die Überraschung an, die sie empfindet, wenn andere mit ihr in Schwingung geraten, die Varianten ihres Spiels verfolgen, sich einlassen auf die Hervorbringung immer wieder neuer Klänge und Bewegungen, wenn sie performt. In ihren Augen spiegelt sich dann ein Staunen über das Gelingen ihres Zusammenspiels von Hören, Mithören, Klingen und Stille das in besonderer Weise ihre künstlerische Haltung zum Ausdruck bringt.

      Diese hat sie sich über viele Stationen ihrer Biografie angeeignet. 1960, nach dem Abitur in München, ist sie mit einer Gruppe nach Israel gereist und hat dort geistige Orientierung in existenzialistischen Ideen gefunden. Wieder in München hat sie 1961 auf Drängen des Vaters ein Schulmusikstudium mit dem Hauptfach Klavier begonnen. Es folgte noch ein Percussionstudium. Parallel zum Studium hat sich Limpe Fuchs stets andere Bezüge gesucht: z. B. einen einjährigen Kurs am Münchener Rhythmikon bei Amelie Hoellering, die einen ganzheitlichen Ansatz vertreten hat, der das Zusammenspiel von Leib, Seele und Geist im absichtslosen Spiel als Sinnesübung und Meditation herstellte. Eine Richtung, welche die klassische Schulmusik kontrastierte. In einer Gruppe junger Bildhauer*innen lernte Limpe Fuchs ihren späteren Mann, Paul Fuchs, kennen, der wie sie die Nachkriegszeit hinter sich lassen wollte und herauszufinden suchte, wie Selbstbestimmung lebbar sei. Legendär ist die »Musik für alle«-Tournee der beiden als Anima Sound im Jahre 1971 mit einem vom Trecker gezogenen Wagen mit Auftritten auf öffentlichen Plätzen zwischen München und Amsterdam. Sie spielten ihre eigenen Kompositionen mit dem selbstgebauten Fuchs-Horn und Percussion, provozierten und animierten ihre Hörer*innenschaft mit eigenwilligen Performances. Die Musik entwickelte sich im groben Bezugsrahmen der Arbeiten von John Cage, der Minimal Art und Soundscape Artists in Gruppenimprovisationen mit selbstgebauten Klangkörpern.

      Bis 1989 blieben Paul und Limpe Fuchs zusammen Anima Sound, tourten 1981/82 und 83 jeweils drei Monate durch Amerika und Kanada, spielten am New Music America Festival 1986 in Chicago und 1989 in New York. Nach aufregenden Jahren nicht nur auf Tourneen, sondern auch als Familie, einem Zeitraum in Italien, wo sich Limpe und Paul Fuchs weiterhin ihrem Lebensentwurf eines unabhängigen und selbstbestimmten Lebens verpflichteten, kam 1989 die persönliche und die berufliche Trennung von Anima.

      Limpe Fuchs lebt und arbeitet weiterhin auf dem Pfarrhof in Oberbayern, den sie noch während des Studiums mit Paul Fuchs gemeinsam erwarb und der Ort vieler musikalischer und lebenspraktischer Experimente geblieben ist. Dort entwickelt sie auch heute noch ihre einzigartigen Instrumente, entwirft Klangcollagen, spielt mit Materialien, um ihnen ihre innersten Töne zu entlocken. Seit den 1990er-Jahren arbeitet Limpe Fuchs auch vermehrt als Musikpädagogin, gibt Kompositionskurse am Rhythmikon in München, arbeitet mit Kindern und Jugendlichen und vermittelt ihre Klang- und Bewegungswelten in Kunsthochschulen an Studenten. Dem Ursprung ihres Schaffens bleibt sie dabei stets verbunden: Hören und Wahrnehmung und keine Angst vor dem Nichtkönnen. Und vielleicht ist es das, was im Blick von Limpe Fuchs anmutet: dass darin eine tiefe Unerschrockenheit mit dem sanften Wahrnehmen des anderen verbunden ist, was sich in dem ernsthaften Spiel von Klängen und Körpern ganz leicht und selbstbestimmt im Raum ausbreitet.

      VOLKER BARSCH

       Marcia Griffiths

      • BOB MARLEY & THE WAILERS

      • ERSTE LP 1971

      Wenn es um Frauen-Power in der Reggae-Szene geht, führt kein Weg an den Alben Naturally und Steppin’ vorbei, die Marcia Griffiths Ende der 1970er für Sonia Pottinger aufnahm, denn hier kamen zwei der stärksten Frauen der jamaikanischen Reggae-Geschichte zusammen.

      Beide hatten sich in einem extrem harten, klar von Männern dominierten Business durchgesetzt und eine absolute Ausnahmestellung erarbeitet. Während es neben Marcia immerhin noch eine Handvoll

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