These Girls. Группа авторов

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einer Toilettenspülung und Geräusche vom Tonband (»Seufzen, Atmen, nach Luft schnappen, Würgen, Schreien …« The Village Voice, 7.12.1961). Im folgenden Jahr war sie an der Performance Music Walk von John Cage beteiligt. Es existiert ein Foto dieses Events, auf dem John Cage an einem Konzertflügel sitzt, der Deckel fehlt, Yoko Ono liegt quer über dem Flügel, rücklings auf den Saiten, ihr Kopf hängt über den Rand, der Mund ist weit geöffnet. Ono setzte das Cage’sche Konzept des prepaired piano mit ihrem eigenen Körper um.

      1966 führt Yoko Ono im Rahmen des »Destruction in Art Symposium« in London mehrere ihrer Performances auf, unter anderem Cut Piece (die Künstlerin sitzt auf der Bühne und das Publikum darf nach eigenem Ermessen mit einer Schere einen Teil ihrer Kleidung abschneiden und mitnehmen). Anschließend hatte sie im November eine Einzelausstellung in der Londoner Indica Gallery. Hier begegnete sie zum ersten Mal John Lennon, der die Ausstellung bereits vor der offiziellen Eröffnung besuchte. Ein Jahr später wurde in ihrer Einzelausstellung in der Lisson Gallery mit Air Bottles die erste gemeinsame künstlerische Arbeit mit John Lennon ausgestellt.

      Yoko Ono findet durch ihren neuen Lebenspartner ein neues Medium, das ihre musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten erweitert: die LP. Ihre performativen und konzeptuellen Arbeiten finden nun Eingang in die Popwelt. Gemeinsam mit John Lennon nimmt sie drei avantgardistische Platten auf: Unfinished Music No. 1: Two Virgins (1968), Unfinished Music No.2: Life with the Lions (1969) und Wedding Album (1969). Die Session für ihre erste LP bestand aus 14 Stunden nächtlicher Aufnahmen vom 19. auf den 20. Mai 1968 in John Lennons Wohnung in Weybridge. Auf dem Cover sieht man die beiden, nackt und Arm in Arm, in einem Zimmer stehen. Die LP kommt auf Betreiben der Plattenfirma in braunes Packpapier verhüllt in die Läden. Auf dem zweiten gemeinsamen Album geht es musikalisch dann heftiger zur Sache. Auf Cambridge 1969, das die gesamte erste Seite einnimmt, erzeugt Lennon mit seiner Gitarre heftige Feedback-Geräusche, während Ono ihre Stimme wie ein Free-Jazz-Saxophon einsetzt, eine Mischung aus dadaistischem Lautgedicht, Schreien und Anklängen an traditionellen japanischen Gesang. No Bed for Beatle John besteht aus gesungenen Zeitungsartikeln über Ono und Lennon und erinnert thematisch an Hanns Eislers Zeitungsausschnitte op. 11, in denen ebenfalls Zeitungsartikel vertont wurden. Das Wedding Album enthält nur zwei Titel. John & Yoko ist eine über zwanzigminütige Aneinanderreihung ihrer Namen, von flüsternd, zärtlich und fragend bis zum gegenseitigen Anbrüllen. Amsterdam wurde im Hilton Hotel in Amsterdam während einem bed-in aufgenommen und besteht hauptsächlich aus einem Interview. Zu den verschwurbelten Anmerkungen über den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust sollte man Yoko Ono bei Gelegenheit mal ansprechen.

      In den folgenden Jahren veröffentlichte sie einige Soloalben, die mit ihrem Mix aus Avantgarde und konventionellen Musikstilen, verbunden mit ihren feministischen Texten, einen enormen Einfluss auf nachfolgende Musiker*innengenerationen hatte. Während ihr Gesangsstil und ihre Performance Rockfans aus der Fassung brachte, inspirierte sie die Punk-Generation nachhaltig. Auf ihrer ersten Solo-LP ( Yoko Ono/Plastic Ono Band, 1970) findet sich eine Live-Aufnahme mit dem Ornette Coleman Ensemble neben dem Krautrock-artigen »Greenfield Morning« und dem experimentellen »Paper Shoes«. Der eingangs erwähnte Soundtrack des Films Fly ist Teil ihres gleichnamigen, zweiten Soloalbums. Bei einigen Songs hört man bereits den Einfluss, den sie auf Musiker*innen wie Patti Smith (»Mind Train«) und die Talking Heads (»Hirake«) ausüben wird. Auf Yes, I’m a Witch (2007) arbeitete sie unter anderem mit Kathleen Hanna (Bikini Kill, Le Tigre), 2012 nahm sie mit Kim Gordon und Thurston Moore von Sonic Youth das Album YOKOKIMTHURSTON auf.

      Sie ist sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch unter Künstler*innen nicht unumstritten (»Du nervst noch mehr als Yoko Ono«, Die Ärzte). Unbestritten jedoch hat ihr Voice Piece for Soprano aus dem Jahr 1961 – ihr Schrei gegen den Wind, gegen die Wand und gegen den Himmel – als Aufschrei gegen das Patriarchat nichts an Aktualität verloren.

      KUKU SCHRAPNELL

       Marianne Rosenberg

      • ERSTE SINGLE 1970

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      Marianne Rosenberg, 2009

      Angefangen in der kleinstädtischen Metal- und Punkjugend bis in die Existenz als linke Großstadt-Schrulle, bei aller Liebe und Harmonie, die man sich in all den Freundinnenkreisen und Filterbubblen aufbaut: Bei Musik hört der Spaß auf. Klar, heute ist man da breiter aufgestellt, heute hört man nicht nur Metal und Punk, sondern auch Poststep, Grimecore und Neofolk, der aber nicht von Nazis gemacht wird. Dann gibt’s natürlich auch immer noch die Leute, die ironisch zu DJ Bobo gehen oder zu Santiano oder zu den Onkelz. Einig waren sich aber immer alle, dass Schlager der Feind ist. Wenn man an Andreas Gabalier oder die Wildecker Herzbuben denkt, ist es auch total nachvollziehbar, mit Schlager nichts zu tun haben zu wollen. Irgendwelche Männer mit schwierigen Texten und volkstümlichen Kostümen und dazu so ein Dauerekelgrinsen im Gesicht, das Publikum ähnlich, nur noch betrunkener. Aber was ist denn mit Hildegard Knef? Oder mit Katja Epstein? Oder mit Marlene Dietrich, die uns ihr »Deutschland? Nie wieder!« schenkte? Oder eben mit Marianne Rosenberg?

      Es folgt der klassische Faktenteil: Marianne Rosenberg wird 1955 in Westberlin geboren. Ihre ersten Auftritte hat sie mit fünf auf Bartischen, wenn ihr Vater sich betrunken nach der Musik seiner ermordeten Familie sehnt. Mit 14 der erste Talentwettbewerb, der Startschuss für die Karriere in der Musikindustrie. Dort bleibt sie erst mal eine Weile.

      Das Mädchen wird zum Star. Also Auftritte auf echten Bühnen und im Fernsehen und bei noch mehr Wettbewerben. Ausverkauf der Seele, Verrat der eigenen Künstlerinnenidentität und all sowas könnte man jetzt sagen. Oder halt dass da eine ihre Familie ernährt hat, eine, die schon früh erfährt, was Antiziganismus heißt, in einem Land, in dem niemand Täter war. Weil sie als Schlagerstar nicht mehr als Sintezza gesehen wird, vermutet man einfach, dass sie wohl lesbisch sei, da sie in der Öffentlichkeit keinen Boy dabei hat, dabei hatte sie sich nur geschworen, sich von keinem Mann je beherrschen zu lassen.

      Der Erfolg hält sich im Rahmen. Er ist nicht klein, aber auch nicht der eines Superstars. Okay, zwei Bravo-Ottos – aber ein Preis, der Otto heißt, ist halt auch nur ein Preis, der Otto heißt. Kein Riesendurchbruch. Das merken auch die Plattenfirmen und Marianne ist wieder raus aus dem Business. Also nicht ganz. Es folgen die großartigen Blondie-Cover auf Deutsch oder der antiimperialistische Smash-Hit »Amerika« mit dem schwulen Kommunisten Schernikau, der den Text beisteuert. Dann das Feature mit Extrabreit »Duo Infernal (Rückkehr der phantastischen Fünf)«. Alles Lieder, die man aus den unterschiedlichsten Gründen schlecht finden kann, aber dann ist man eben ein schlechter Mensch. In dieselbe Zeit fallen auch die Filme mit Rosa von Praunheim und Marianne Enzensberger. Mit »Enzi« macht sie auch eine seltsame Radioshow und grandios verwirrte Auftritte als Rouge et Noir. Dazu hier und da ein bisschen Schwarzer Block, auch gerne mal mehr, aber immer très chic, sehr zum Leidwesen der Genossen.

      Natürlich kommt sie auch mit Rio Reiser zusammen. Also nicht zusammen zusammen, aber künstlerisch und freundschaftlich. Dahinter steckt etwas, das die Rosenberg schon immer ausgemacht hat, denn bevor Rio ihr Freund wurde, war er ihr Fan (auch umgekehrt, aber darum geht’s hier nicht). Ihren größten Erfolg hatte sie schon immer unter den Abgehängten und Ausgestoßenen, den Perversen und den Heimkindern, egal ob mit Schlager oder mit Neuer Deutscher Welle. Jetzt muss man zum Glück nicht mehr die Trennung von Kunstwerk und Künstlerin behaupten, wenn es um Pop geht, aber man darf auch nicht einfach verkürzen. Trotzdem gibt es in all diesen Liedern von Marianne Rosenberg etwas zutiefst Trauriges. Nein, das ist übertrieben. Es gibt in all diesen Liedern etwas Unpassendes und Unfertiges. Irgendetwas liegt immer ein bisschen daneben – und das ist als höchstes Kompliment gemeint. Viele haben so etwas ja später auch noch versucht, die ganze Hamburger Schule wollte verkrampft

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