These Girls. Группа авторов

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Geste!

      Janis Joplin wurde 1943 in Port Arthur, Texas, geboren, als die Rassentrennung noch fest verankerter Teil des gesellschaftlichen Lebens vor allem der Südstaaten und »nigger-knocking« ein Freizeitvergnügen war. Von all dem hielt Joplin nichts, interessierte sich für Musik, Lyrik und Kunst und galt so schnell als Außenseiterin – »a weirdo among fools« nannte sie es. Sie schloss sich einer Jungsgang an, sie passte nicht ins Bild, ins damals gängige Frauenbild schon gar nicht, sie wurde verspottet als »hässlichster Mann auf dem Unigelände«. Pieke Biermann und Guy St. Louis schrieben 1979: »Sie steht quer zu allen Linien, in die sie passen sollte: Sie ist viel zu verworfen und deftig für eine weiße Frau, ihre Sprache und ihre Gesten sind zu dreckig, sie ist zu dick für ein Idol, nach dem sich die weißen Fans sehnen sollen, und zu verwurschtelt für eine ordentliche kontinuierliche Karriere.« Ich erinnere mich an die Bilder im Doppelalbum Janis Joplin. Janis in verschiedenen Phasen und Posen: mit hochgesteckten Haaren, mit Federboa und kettenbehängt, mit nachdenklichem Blick hinter der runden Brille und ohne Glam-Klamotten. Ich fand sie höchst attraktiv. Natürlich erwähnte damals niemand, dass Joplin zwar von »One Good Man« sang, aber auch Frauen liebte. Wie Bessie Smith übrigens. Auch Myra Friedmanns Biografie schweigt sich darüber aus. Biermann/St. Louis schrieben, ganz im Geist der 2. Frauenbewegung: »Und dann ist sie auch noch eine lesbische Frau, und die Drastik, mit der sie ihre Verzweiflung über die sexuellen Zustände herausschreit, ist nicht gut weißen Zuhörerinnen zu empfehlen, die man zu getreuen, wenn auch … etwas ›befreiteren‹ heterosexuellen Gefährtinnen von Männern machen will.«

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      Janis Joplin, 1970

      Als sie zwanzig war, ging sie nach San Fransisco. Der Rest ist bekannt, ein einjähriger Abstecher zurück nach Texas ändert nichts daran. Folkkneipen, Big Brother and the Holding Company, der Durchbruch in Monterey 1967, die Kozmic Blues Band, die Full Tilt Boogie Band. Alk, Heroin, Sex, das volle Programm. Immer von Selbstzweifeln geplagt, immer im Schatten ihres Images als spontane, taffe Person. »Interviewers don’t talk as much about my singing as about my lifestyle … Maybe my audiences can enjoy my music more if they think I’m destroying myself.« Die Musikerin Joplin war zielstrebig. »Was über sie erzählt wurde, z.B. sie lasse es sich immer gutgehen und arbeite nie, ist totaler Unsinn. Ich habe nie eine Künstlerpersönlichkeit gesehen, die härter gearbeitet hat. … Sie plante jedes einzelne Stöhnen, jeden Schrei.« Janis Joplin wollte alles, lautet eine gängige Formel zu ihrem Leben. Das erinnert mich an eine andere Künstlerin, deren Tod völlig klar Selbstzerstörung war: Selbstmord. Auch die Dichterin Sylvia Plath wollte alles und Esther Greenwood im Roman Die Glasglocke saß, wie Joplin, zwischen allen Stühlen, die die Konvention den Frauen bereitgestellt hatte. »Alles« war übrigens nur das, was Männer seit je und heute irgendwie alle für normal halten: Selbstverwirklichung, Karriere, Sex, Liebe, Ernstgenommenwerden und in Plaths Fall Kinder. Heute sind wir schlau und sagen, sie wollten »one of the boys« sein. Klar, dass das nicht klappen konnte. Klar, dass Plath, die ihren Kopf 1963 in den heimischen Herd steckte, und Joplin 1970 über weniger Wahlmöglichkeiten verfügten als wir heute.

      Biermann/St.Louis: »Aber Janis Joplin ist nicht wegzufegen, und als man sie dazu gebracht hat, sich zu Tode zu saufen und zu fixen, weil es für derart radikale Ausbrüche aus der Gefangenschaft keine ›Integration‹ geben darf, werden ihre Platten erst recht gekauft.«

      In Nürnberg, das neben der Bratwurst auch immer den Blues hochgehalten hat, gibt es eine Band namens Pearl, die Joplin-Songs covert. Es heißt, zu den Konzerten kämen durchaus Jugendliche, Mädchen sowieso, und manche sängen die Texte mit.

      Holger Adam

       Joni Mitchell

      • ERSTE LP 1968

      Lange Jahre fand ich Joni Mitchell einfach nur irgendwie gut. Ohne mir weiterführende Gedanken zu machen, hörte ich mir ihre Musik an, wann immer mir der Sinn nach leicht melancholischem aber auch leichtfüßigem Folk stand. Die »Ladies from the Canyon« waren ja allesamt für ihre zartbesaiteten Balladen bekannt – manche mehr, manche weniger. Erst im Zusammenhang mit der Produktion des vorliegenden Sammelbands bzw. der kurz zuvor erfolgten Ausstrahlung von Martin Scorseses Dokumentation über Bob Dylans »Rolling Thunder Revue« begann ich, mich näher mit Joni Mitchells Karriere – ihrem Leben als Musikerin in den späten 1960er- und den 1970er-Jahren – zu beschäftigen. Joni Mitchell wird in Scorseses Dokumentation gezeigt, wie sie eine frühe Fassung von »Coyote« auf der Gitarre spielt und dazu singt – umringt von Kojoten: Roger McQuinn, Sänger der Byrds, und einige weitere Mitreisende der »Rolling Thunder Revue« sitzen im Wohnzimmer von Gordon Lightfood, His Bobness und McQuinn begleiten den Song ebenfalls auf der Gitarre und Joni Mitchell genießt die volle Aufmerksamkeit ihres männlichen Publikums sichtlich. Um ihre Ausstrahlung wissend, trägt sie lachend und souverän den Song vor. McQuinn gibt in genanntem Filmausschnitt zu Protokoll: »Joni wrote this song about this tour and on this tour and for this tour«, und damit lag er nicht ganz falsch. Nach gegenwärtigem Stand der Joni-Mitchell-Forschung fand der Song seinen Ursprung in einer Liaison mit dem ebenfalls mitreisenden Sam Shepard, darüber hinaus aber schrieb sie »Coyote« sowie den überwiegenden Teil der Songs für ihr achtes Album »Hejira« on the road – und zwar auf der Flucht vor den Männern, die ihr Leben nicht bestimmten aber doch immer wieder entscheidend geprägt hatten und weiterhin prägen sollten. Nach der Trennung von ihrem Verlobten, dem Schlagzeuger John Guerin, schloss sie sich zunächst Dylans Wanderzirkus an und fuhr später alleine durch Amerika, um sich zu sammeln und zu erholen: »In our possessive coupling / So much could not be expressed / So now I’m returning to myself / These things that you and I suppressed.« Unterwegs auf der Straße und pausierend in Cafés und Motels sinnierte sie über vergangene Liebesverhältnisse und ihr Leben und erwartete mit Blick auf die Zukunft weitere turbulente Beziehungsdramen: »I’m traveling in some vehicle / I’m sitting in some cafe / A defector from the petty wars / Until love sucks me back that way.« Ein erfahrungsgesättigtes und fatalistisches Resümee. Frei nach Werner Enke, würde es für Joni wieder böse enden. Sie wusste es, sie hatte es schon erlebt und sie erwartete für die Zukunft nichts Gegenteiliges.

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      Joni Mitchell, 1983

      Zum Zeitpunkt der Niederschrift des Textes von »Hejira« war sie u. a. mit Leonard Cohen, Graham Nash, James Taylor und Jackson Browne liiert gewesen, hatte einen Suizidversuch hinter sich und noch bevor sie zur gefeierten Folk-Sängerin mit wechselnden Liebhabern wurde, hatte sie unverheiratet und heimlich ein Kind ausgetragen und zur Adoption freigegeben. Auch eine kurzzeitige Ehe mit Chuck Mitchell hatte sie ausprobiert – und behielt immerhin den Nachnamen aus dieser Verbindung. Wilde Zeiten für eine Frau, die nicht hinter den Herd wollte, die rastlos und schonungslos nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit strebte – und so unerschrocken wie verletzlich das (auch sexuelle) Abenteuer suchte. Warum auch nicht? Die männlichen Kollegen mussten sich für ihren Verschleiß auch nicht rechtfertigen. Und so saß sie dann wieder da, umringt von Dylan und Co. und sang ein schlüpfriges Lied, das ihr abenteuerlustiges Verhältnis zu (den falschen) Männern beschrieb. Sang von Männern, die hinter jedem Rock her sind – und Frauen, die wussten, was sie hatten und kriegten, was sie wollten: »That coyote’s at my door / He pins me in a corner and he won’t take no / He drags me out on the dance floor / And we’re dancing close and slow / Now he’s got a woman at home / He’s got another woman down the hall / He seems to want me anyway.«

      Sich vor dem Hintergrund der beschriebenen Szene Joni Mitchell als hilfloses MeToo-Opfer vorzustellen, greift zu kurz. Nichtsdestotrotz deutete Mitchell in diesen Zeilen sexuelle Attraktion an, die, wenn sie nicht von vornherein als gewaltsam interpretiert werden musste, doch jederzeit in Gewalt umschlagen konnte. Davon konnte Joni Mitchell

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