These Girls. Группа авторов

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die ihrerzeit mit Ach und Krach einen Top-100-Hit gehabt hatte, der es 1970 gerade mal für zwei Wochen auf Platz 92 der Billboard Charts schaffte. Und so furchtbar war ihr Auftritt auf dem berühmten Monterey Festival gewesen, dass er in D. A. Pennebakers Konzertfilm Monterey Pop aus dem Jahr 1968 gar nicht enthalten war. Wie drei tanzende Elefanten im Zirkus, so sei sie dort auf der Bühne rübergekommen, hatte ihr damaliger Manager Artie Mogull gesagt. Und sogar noch im Rückblick, als er zu dieser Äußerung befragt wurde: »She pissed me off!«

      Dass diese Person mit ihren zwei Handvoll Alben (mit im Übrigen für damalige Verhältnisse lächerlich kleinen Auflagen von, wenn es hoch kam, gerade mal 400.000) nun Aufnahme in die ehrwürdige Hall of Fame finden sollte, empfand mancher als »ungeheuerlich« und als Zeichen der »Arroganz und Schulmeisterei« vonseiten der Hall of Fame, die solchermaßen deutlich ihre Verachtung dem breiten Publikum gegenüber zeige, dem durch die Wahl Laura Nyros mit erhobenem Zeigefinger und auf unerträglich herablassende Art vorgeschrieben werden solle, was für Musik es gut zu finden habe, statt die Künstler zu wählen, deren Musik bei ebendiesem Publikum wirklich ankäme. Kulturellen Elitismus nannte es der Journalist Hampton Stevens im weinerlichen Duktus der Opferstilisierung in der Washington Times.

      Offensichtlich macht Laura Nyro Angst. Manchen Menschen zumindest. Damals wie heute. Zu Lebzeiten und posthum. »She pissed me off!« Du liebes Bisschen!

      1947 wurde die spätere Angstmacherin in der New Yorker Bronx als Kind russisch-jüdisch-italienisch-katholischer Eltern geboren. Sie war kaum 19, als sie ihr erstes Album More Than a New Discovery aufnahm. Insbesondere ihre ersten drei Alben enthalten entgegen den eingangs erwähnten Unkereien unzählige (auch: kommerzielle) Hits: »And When I Die«, »Stoned Soul Picnic«, »Wedding Bell Blues«, »Stoney End«, »Eli’s Comin’«. Nur waren es andere, die mit Nyros Songs Hits hatten, wie z. B. Blood, Sweat & Tears, Peter, Paul & Mary, Fifth Dimension, Barbra Streisand oder Three Dog Night. 1969 waren gleich drei Top-Ten-Hits, die sich wochenlang in den Billboard Charts hielten, Songs, die Laura Nyro geschrieben hatte.

      Ebenso groß und beeindruckend ist der Einfluss, den Nyro auf andere Künstler*innen hatte (und bis heute hat), wie – unter anderen und in keiner bestimmten Reihenfolge – auf Bob Dylan, Barry Manilow, Ricki Lee Jones, Joni Mitchell, Phoebe Snow, Patti Smith oder Jackson Browne. Sagenumwoben ist die Bedeutung, die ihr Todd Rundgren im Hinblick auf den Verlauf seiner eigenen musikalischen Karriere beimisst. Er habe, nachdem er sie zum ersten Mal live erlebt habe, seinen gesamten Stil verändert (Rundgrens Song »Baby Let’s Swing« erzählt von diesem Erlebnis). Carole King wiederum ließ sich von Laura Nyro dazu inspirieren, von der Songwriterin zur Singer-Songwriterin zu werden und die eigenen Stücke fortan selbst, am Piano sitzend, vorzutragen. Der Gesangsstil einer Kate Bush ist für viele ohne Laura Nyro nicht denkbar. Suzanne Vega, Alice Cooper, Tori Amos, Bette Midler, Elton John, Stevie Wonder, Cindy Lauper, Elvis Costello – alle nennen Laura Nyro als Einfluss, und Lady Gaga ist angeblich kurz davor, Nyro in einem Biopic zu verkörpern. Der rührendste Nyro-Fan und Epigone aber ist der als Musiker völlig unbekannte Bill Puka, der 1970 ein gleichnamiges Album (sein einziges) veröffentlichte, das so erfüllt ist, nicht nur von der Verehrung Nyros, sondern auch von einem so tiefen Verständnis und einer Liebe zu ihrem Werk, dass es beim Hören vor Freude kaum auszuhalten ist. Heute ist Bill Puka Philosophieprofessor und Kognitionswissenschaftler, der auf der Frage- und Antwortplattform quora.com gute Antworten auf wichtige Fragen parat hat. Auf eine seltsame Art scheint das folgerichtig.

      Woher rührt also die auffällige Gehässigkeit, mit der immer wieder auf vermeintlichen Schwächen der 1997 an Krebs verstorbenen Künstlerin herumgeritten wurde? Woher die Heftigkeit der Reaktionen? Ihre Stimme sei »schrill und anmaßend«, schrieb der Publizist Don Heckman, ihre Performance »auf ermüdende Weise intensiv« und »ihr Klavierspiel auf stinklangweilig-stumpfe Art impressionistisch«. »Verkrampfter Quatsch«. Seltsamerweise würden sich die »Nyro Freaks« davon nicht abschrecken lassen.

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      Laura Nyro, Gonna Take A Miracle (Columbia, 1971)

      Es muss sich – nicht sehr originell – wieder einmal um die Angst vor dem Unbekannten und Nicht-Einzuordnenden handeln, und darum, dass hier jemand viel zu viel von allem war: zu viel Musik, Soul, R&B, Jazz, Folk, Gospel, Debussy, Kirchenmusik, Ravel und Broadway Show Tunes. Zu viele harmonische und rhythmische Brüche, zu viele Asymmetrien. Zu viel Text mit zu vielen Rätseln und Mysterien zwischen zu viel Himmel und Hölle. Zu viel Überirdisches, zu viel Jenseitiges, zu viel Andersartigkeit, zu viel Eigenständigkeit, und ja, bestimmt auch zu viel Weiblichkeit. Dazu der Kleidungsstil, der nicht den Moden der Zeit entsprach, die Performance und der Gesangsstil, die Art der »Karriereführung«, die sich gängigen Veröffentlichungsintervallen sowie Promo- und Konzerttouren bald verweigerte. Die Ablehnung von Etikettierungen, von »Tagging« und Klassifizierung, von Schubladen und der Vereinnahmung für die Zwecke anderer. Überhaupt – dieses Sein und diese Songs zwischen Suada und Philippika, zwischen sanfter Überredung und wütender Brandrede. Überall bei Nyro wimmelt es von Ambivalenzen und Paradoxa. Ihre Songs sind mal wie Würfel, die rund und sanft wie kleine Kugeln kullern, statt ungelenk über den Boden zu taumeln, und dann wieder wie Kugeln, die stolpern und anecken, statt geschmeidig über die Ebene zu gleiten. Siebenseitige, runde Würfel; eckig-gebogene Kugeln. Und all das kann im nächsten Moment als folgenreiches Geschoss auf einen zuzurasen. Zu viel. Natürlich macht das Angst.

      Hans Plesch

       Pauline Oliveros

      • ERSTE LP 1967 (ERSTE AUFNAHMEN 1961)

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      Pauline Oliveros, Sonic Acts, 2012

      Ich fang mal ganz klischeehaft an: Wenn es Pauline Oliveros nicht im real life gegeben hätte, könnte zumindest mann meinen, eine kunstinteressierte Lesbe und eine technikbegeisterte Emanze hätten sie sich ausgedacht. Aber das war gar nicht nötig. 1932 wurde diese außerordentliche Musikerin in Texas geboren. In den 1940er-Jahren war das Akkordeon dort recht populär und in Houston wurde anlässlich jedes großen Rodeos ein riesiges Akkordeonorchester zusammengestellt. Auch die junge Pauline Oliveros war daran beteiligt und so beeindruckt, dass sie später ein Studium dieses Instruments absolvieren sollte. Mit 16 Jahren wusste sie außerdem, dass sie Komponistin werden wollte. KomponistInnen, die Instrumente spielen, gibt es einige, aber es dürfte kaum jemand gegeben haben, dessen Instrument das Akkordeon war. Es ist ein relativ junges Instrument, das Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde, sich rasch in unterschiedlichsten Bauformen über die ganze Welt verbreitete und vor allem in populärer Musik fürs gemeine Volk breite Anwendung fand. Bis in die 1950er-Jahre galt es ein wenig unseriös, bevor auch klassische KomponistInnen begannen, sich dafür zu interessieren. Durch virtuose Akkordeonspieler wie Teodoro Anzelotti ist längst auch die Avantgarde auf dieses Instrument aufmerksam geworden. Aber das war Pauline Oliveros da längst, Avantgarde. Als Frau, als moderne Komponistin, die neue Formen und Formate entwickelte.

      Oliveros zog 1950 mit ihrem Akkordeon nach Kalifornien, besorgte sich einen Job und ging an die Uni. Unter ihren Lehrern ist Robert Erickson besonders zu erwähnen, ein Pionier der Tonbandkomposition. Oliveros beschreibt ihn später als wahren Mentor, der seinen SchülerInnen (Oliveros war aber offenbar zu dieser Zeit die einzige Frau) ihren je eigenen Weg ermöglichte. Und sie verweist auf etwas offenbar Besonderes im Unterricht: die Abwesenheit von Sexismus und Rassismus. Mit 21 Jahren besorgte sich Oliveros ihr erstes Tapedeck, denn sie war früh fasziniert von den Klangmöglichkeiten der Elektronik der 1950er-Jahre. Als eine der ersten Frauen mischte sie in dieser weitgehend Männern – wie in diesem Fall Morton Subotnick, Reich & Riley – überlassenen Domäne höchst aktiv mit.

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