Herzstück Musizieren. Группа авторов

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der Exposition im Umgang mit Differenz zu den aktuellen Herausforderungen der musikpädagogischen Praxis und Forschung gehört und im Phänomen des Umgangs mit hörbarer Differenz eine fachspezifische Besonderheit aufweist.

       Differenz als Konstruktion

      Hintergrund des Blicks auf den Fall ist die Deutung der Wahrnehmung von Differenz als „soziale und kulturelle Konstruktionsakte, die in Schule und Unterricht in Interaktionen, in räumlichen Arrangements, in symbolischen Ausdrucksformen, in Artefakten, usw. generiert, verhandelt und festgeschrieben werden“ (Budde 2013, 15). Diese Annahme der Konstruktion von Heterogenität gilt nicht nur für ein in der Forschung häufig thematisiertes Phänomen wie der Konstruktion von Geschlecht (s. etwa Faulstich-Wieland, Weber und Willems 2004), sondern kann auch entsprechend auf fachdidaktische Phänomene und Leistungsdifferenz übertragen werden.12 So ist etwa die in der beschriebenen Unterrichtssequenz verhandelte Differenzlinie die abweichende Klangqualität, nicht etwa das pünktliche Einsetzen der einzelnen Spieler. Würde man dieses Differenzkriterium anlegen, so würde eher Laura mit verfrühten und verspäteten Einsätzen auffallen, nicht aber Jona, der zwar mit abweichendem Klang, aber meist pünktlich einsetzt.

       3. Den gemeinsamen Klang entwickeln

       Orientierungsmuster von Lehrenden

      Hinsichtlich der Frage, wie gewappnet sich Lehrende (n = 111) für die Formate instrumentalen Gruppenunterrichts (IGU) fühlen, zeigten sich in einer Befragung in unserer Studie BEGIn im Jahr 2010 nicht nur große Unterschiede zwischen dem Einzelunterricht und dem IGU in JeKi, sondern in der Einschätzung der Lehrenden ebenso ein Unterschied zwischen dem IGU in der Musikschule und dem IGU in JeKi. Das Gefühl, gewappnet zu sein, nimmt in der Reihenfolge der Formate Einzelunterricht an Musikschulen, IGU an Musikschulen, IGU an Grundschulen im Rahmen von JeKi ab, wobei sich im Hinblick auf JeKi-Unterricht im Vergleich zum IGU an Musikschulen ein moderater und im Vergleich zum Einzelunterricht an Musikschulen sogar ein starker Unterschied ergeben (Kranefeld et al. 2015). Offensichtlich nehmen Lehrende die „Anforderungsstruktur“ (Bromme 1992) des JeKi-Unterrichts gegenüber ihrer bisherigen Berufspraxis in der Musikschule als abweichend wahr. Dabei spielen möglicherweise die durchschnittlich größere Lerngruppe und ihre wahrgenommene größere Heterogenität als unterrichtsbezogene Merkmale13 einer spezifischen Anforderungsstruktur eine bedeutsame Rolle, wie auch aus Fortbildungswünschen der Lehrenden ablesbar ist: Von den Lehrkräften, die in unserem Fragebogen in einem offenen Frageformat Wünsche zu Fortbildungsthemen angegeben haben, verwiesen immerhin über 63 Prozent auf das Thema Umgang mit Heterogenität (ebd.). Übrigens zeigen Ergebnisse einer ähnlichen Befragung von Lehrenden (n = 35) innerhalb der Studie „JeKi und Inklusion“, dass sich dieser Trend vom IGU in JeKi zum inklusiven IGU in JeKi entsprechend weiter fortsetzt (Kranefeld et al. 2014).

      Aus diesem Grunde lohnt neben der Perspektive auf die Handlungsmuster der Lehrenden ebenfalls ein Blick auf ihre Orientierungsmuster14 mit der Frage, wie sich vor diesem Hintergrund die Einstellungen zu Zielen, Methoden und zur Relevanz von Lernfeldern bezogen auf die beiden Formate des instrumentalen Gruppenunterrichts unterscheiden. Bei der Beantwortung haben wir die Lehrkräfte (n = 81) gebeten, zwischen dem IGU in der Musikschule und dem IGU in JeKi zu unterscheiden. Für die Details, die Auswertungsmethode und weitere Ergebnisse sei auf den entsprechenden Beitrag im Abschlussband des JeKi-Forschungsschwerpunkts verwiesen (Kranefeld et al. 2015), auf dem auch die folgende kurze, zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse beruht.

       Profil „Instrumentaler Gruppenunterricht in JeKi“

      Insgesamt zeigt sich in der Befragung der Lehrenden, dass sich in den vergleichenden Einschätzungen der Lehrkräfte zum IGU in JeKi und in der Musikschule insbesondere im Hinblick auf fachspezifische Ziele und Lernfelder ein deutliches Profil „Instrumentaler Gruppenunterricht in JeKi“ herausbildet, der weniger als in der Musikschule auf die Vermittlung von Spieltechnik, von solistischem Spiel und musikalischer Gestaltung setzt, sondern eher spielerische Zugänge und das gemeinsame Musizieren in den Vordergrund stellt, nach Thomas Grosse also der Unterricht als „sozialer Lern- und Erfahrungsraum“ (Grosse 2006, 89) für JeKi höher bewertet wird als der Unterricht zur „Ausbildung musikalischer und spieltechnischer Fähigkeiten“ (90). Neben dieser offensichtlichen inhaltlichen und methodischen Verschiebung ist aber auch gerade in Bezug auf die Häufigkeit thematisierter Lernfelder15 ihre generelle Reduktion im Übergang vom Tätigkeitsbereich Musikschule hin zum IGU in JeKi zu beobachten. Besonders stark sind die Unterschiede für die Lernfelder „Musikstücke analysieren“, „Etüden“ und „Musikalische Gestaltung“. Sie betreffen also Lernfelder, die gleichermaßen auf analytische, spieltechnische und gestalterische Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zielen.

      Als interessante Vergleichsfolie für unsere Befunde können die Ergebnisse von Ulrike Schwanse, Reinhard Knoll und Werner Lohmann (2000) und Thomas Grosse (2006) dienen, die jeweils Musikschullehrkräfte in Bezug auf Inhalte und Methoden des Instrumentalunterrichts befragt haben, dieses allerdings im Hinblick auf den Vergleich von Einzelunterricht und IGU an Musikschulen. Eine nun mögliche Gesamtschau der Ergebnisse von Grosse (2006), Schwanse et al. (2000) und der BEGIn-Studie legt nahe, das Profil „Instrumentaler Gruppenunterricht in JeKi“, wie es die Lehrkräfte in unseren Befragungen bezogen auf zentrale Dimensionen von Zielen und Lernfeldern konstruieren, probehalber als einen fortgesetzten Trend in einem Dreischritt Einzelunterricht Musikschule – IGU Musikschule – IGU JeKi zu betrachten. Dies gilt vor allem für die fortschreitende Reduktion der Bedeutung von Spieltechnik und musikalischer Gestaltung und eine zunehmende Bedeutung spielerischer Elemente und gemeinsamen Musizierens.

      Eine sich an die Befunde zu Zielen, Lernfeldern und Methoden anschließende musikpädagogische Diskussion müsste thematisieren, ob diese deutlichen Trends, etwa zur Reduktion des Aspekts musikalischer Gestaltung, im IGU in JeKi notwendigerweise als unvermeidbar anzunehmen sind oder durch veränderte Lernarrangements aufgefangen werden können. Lohnenswert wäre außerdem etwa mit Bezug auf Thomas Grosse (2006) und Peter Röbke (2010) zu rekonstruieren, ob sich in den Einschätzungen zu relevanten bzw. realisierbaren Zielen und Lernfeldern durch die Lehrkräfte nicht auch institutionelle Traditionen der Musikschule spiegeln, die noch immer das Selbstverständnis vieler Lehrkräfte prägen.

      Die drei dargestellten Forschungsperspektiven geben auf sehr unterschiedlichen Ebenen Einblick in die Praxis instrumentalen Gruppenunterrichts. Exemplarisch werden damit Aspekte von Handlungs- und von Orientierungsmustern von JeKi-Lehrenden thematisiert und dabei sowohl mit der Rekonstruktion von Inszenierungsmustern Oberflächenstrukturen als auch mit der Interaktionsanalyse Tiefenstrukturen von Unterricht erfasst. Auch wenn JeKi-Lehrende im Übergang vom IGU in der Musikschule zum IGU in JeKi offensichtlich die Notwendigkeit zu Verschiebungen innerhalb der relevanten Ziele, Lernfelder und Methoden sehen, ist anzunehmen, dass die beschriebenen Inszenierungsmuster und Interaktionsmodi als Teil übergreifender Handlungsmuster von Lehrenden im instrumentalen Gruppenunterricht wahrscheinlich insgesamt relevant und auch in anderen Formaten auffindbar sind.

      Nur angedeutet werden kann in diesem Kontext das Potenzial, das die videobasierte Forschung für die Aus- und Fortbildung von Lehrkräften haben kann: Die Möglichkeit, Situationen (anders als in der Hospitation) anhalten und wiederholt und en détail unter wechselnden Perspektiven analysieren zu können, ist ebenso hilfreich wie die Chance, in Ruhe und ohne Handlungsdruck das Verhalten von Schülerinnen und Schülern betrachten zu können. Wichtig wäre dabei, die bereits in der Unterrichtsforschung entwickelten Methoden der Videoanalyse zu nutzen, um sicherzustellen, dass vor einer möglicherweise (vor-)schnellen normativen Bewertung von Unterricht zunächst die Beschreibung und Analyse seiner Beschaffenheit steht, um einen Blick auf die alltägliche Praxis instrumentalen Gruppenunterrichts freizugeben.

      1 Zum Schuljahr 2015/16 wird das Programm Jedem

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