Der Schrei der Kröte - Roland Benito-Krimi 1. Inger Gammelgaard Madsen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Schrei der Kröte - Roland Benito-Krimi 1 - Inger Gammelgaard Madsen страница 6
Er wollte auch den Ort wiedersehen, wo alles begonnen hatte. Er fuhr nur wenige Minuten weiter, bis er den Jachthafen vor sich sah, mit seinen schönen weißen Booten auf dem blauen Meer, das im Sonnenlicht funkelte. Als er das Schild sah – Restaurant Egå Marina –, bog er auf den Parkplatz ein und parkte.
Hier hatten sie jenen verhängnisvollen Empfang gehabt, um den Abschluss eines großen Auftrags zu feiern, an dem sie über mehrere Monate hinweg gearbeitet hatten. Er wunderte sich immer noch, dass eine Aarhuser Firma eine Werbeagentur aus Seeland gewählt hatte, wo es doch so viele gute Agenturen in Aarhus gab, aber das hatte bestimmt an ihrem guten Ruf gelegen. Sie hatten im Laufe der Zeit ziemlich viele Werbepreise gewonnen. An jenem Auftrag hatten sie fast ununterbrochen Tag und Nacht gearbeitet, um die Deadlines einzuhalten und um mit den Models, den Fotos und den Filmaufnahmen alles richtig hinzubekommen. Es war eine sehr erfolgreiche Kampagne für mehrere Millionen Kronen gewesen – hatte er sich dann nicht jenen letzten Drink redlich verdient?
Im Restaurant duftete es nach gegrilltem Fisch und frischem Dill. Er merkte, dass er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Er setzte sich an einen gedeckten Tisch mit Aussicht über den Hafen und hängte seine Jacke über den Stuhl. Obwohl das Restaurant recht voll war, dauerte es nicht lange, bis ein junger Kellner kam und ihm die Speisekarte reichte. Er entschied sich rasch für warmen Räucherlachs und reichte dem liebenswürdigen Kellner die Speisekarte zurück. Der verbeugte sich, wie er es in der Berufsschule für Kellner gelernt hatte. Der Kellner reichte ihm noch die Weinkarte, aber er winkte mit einer knappen Handbewegung ab und bat stattdessen um einen Krug kaltes Wasser mit Eiswürfeln.
Während er auf den Lachs wartete, schweiften seine Gedanken zu jenem festlichen Empfang zurück. Alle waren sie so fröhlich und sorglos gewesen. Nichts hatte ihnen passieren können.
Unvermittelt setzte sich ein langer, schlanker Mann auf den Stuhl ihm gegenüber, ein Sandwich auf dem Teller und ein kaltes Bier in der Hand. Aus seinen Erinnerungen gerissen, nahm er erst jetzt wahr, dass auch am Stuhl gegenüber eine Jacke hing und er sich also an einen Tisch gesetzt hatte, der schon besetzt war. Er entschuldigte sich und wollte aufstehen, aber der schlanke Mann bat ihn zu bleiben.
»Ich kann ein wenig Gesellschaft brauchen. Troels Mortensen«, stellte er sich vor, bevor er sich seinem Sandwich zuwendete.
»Danny Cramer. Sind Sie sicher, dass ich nicht störe?«
Der andere kaute und nickte nachdrücklich. »Sie sind nicht von hier, oder? Kopenhagener?«
Er erklärte, dass er Seeländer sei und sich in Jütland in den Ferien befinde.
Kurz danach wurde der Lachs serviert.
»Das sieht verdammt gut aus«, sagte Troels und nickte zu seinem Teller hin. »Jemand, der sich’s leisten kann. Darf ich fragen, was Sie beruflich machen?«
»Ich arbeite in der Führungsetage einer Werbeagentur«, antwortete er, wohl wissend, dass der andere keine Ahnung haben würde, was das bedeutete. Nicht viele haben eine Vorstellung davon, was in der Werbebranche vor sich geht, hatte er erfahren müssen. Sie rümpfen nur die Nase über die viele Werbung im Briefkasten und werfen sie in den Mülleimer. Manchmal sogar, ohne sie auch nur mit einem einzigen Blick anzusehen. Ohne zu wissen, dass hinter den bunten Seiten harte Arbeit steckt.
»Und Sie?«
Troels Mortensen zuckte gleichgültig die Schultern. »Ich bin immer beim Militär gewesen und vor einem Jahr aus dem Irak zurückgekommen. War verdammt gut, einmal das wirkliche Leben als Soldat kennenzulernen und nicht einfach nur irgendwo auf einem Übungsplatz zu liegen und bäng, bäng zu sagen.« Er lachte mit vollem Mund.
Danny nahm einen Schluck aus seinem Wasserglas. Er war froh darüber, dass er selbst nicht die militärische Laufbahn eingeschlagen hatte, die das Risiko mit sich bringt, international versetzt zu werden – nach Bosnien, ins Kosovo, nach Afghanistan, in den Irak und weiß Gott, was der Welt sonst noch bevorstand. Er hatte seinen Wehrdienst abgeleistet, das war für ihn genug. Er bevorzugte ein ruhigeres und sicheres Leben, auch wenn sein jetziges an ein Leben in Einsamkeit grenzte.
»Und was machen Sie jetzt, zu Hause – Urlaub?«, fragte er, um das Gespräch in Gang zu halten.
»Nein, ich habe meine Militärlaufbahn an den Nagel gehängt. Jetzt lebe ich ganz für die Fischerei. Ich habe hier in Egå einen Laden eröffnet. Angelzubehör und so weiter.« Er sagte es mit einem gewissen Stolz in der Stimme.
Nachdem er den perfekt bereiteten Lachs genossen hatte, saß er nun da und genoss die Aussicht. Er fühlte sich jetzt besser und fing an zu glauben, dass ihm das Wiedersehen mit dieser Gegend in der Tat würde helfen können. Auf einmal beugte sich eine große schlanke Frau über den Mann am Tisch. Ihre Haare hatten einen rötlichen Schimmer, als die Sonne darauf schien. Ihr Parfüm roch zart und diskret.
»Hallo, Troels!«, sagte sie und sah Danny dabei fragend und mit sehr blauen Augen an.
»Was zum Teufel – Sie sind auch hier!« Troels erhob sich verlegen, und während er seinen Arm ungeschickt um den Rücken der Frau legte, stellte er ihr Danny vor, der sich nun verpflichtet fühlte, ebenfalls aufzustehen.
»Das ist Majken Thorup«, stellte Troels vor. »Sie ist Ärztin – und eine Gehirnverdreherin.«
Sie reichte Danny ihre schmale Hand, während sie Troels mit einem finsteren Blick bedachte, in dem eine Warnung lag. Sie hatte einen warmen und selbstsicheren Händedruck.
»Wollen Sie sich nicht setzen?«, fragte Troels und deutete mit einer respektvollen Handbewegung auf einen der freien Stühle am Tisch.
Danny kam sich plötzlich aufdringlich vor. Vielleicht hatte Troels auf sie gewartet, und jetzt hatte er ihr den Platz weggenommen?
»Danke nein, ich warte auf eine Freundin«, erwiderte sie und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr, um dann wieder Danny anzusehen. Ihre Augen hatten einen prüfenden Ausdruck, als würde sie ihn analysieren. »Kopenhagener?«, sagte sie.
Es klang mehr wie eine Feststellung denn wie eine Frage. Warum denken die Jütländer immer, dass alle Seeländer aus Kopenhagen kommen?, dachte er.
»Nein, Klampenborg – nahe beim Freizeitpark Dyrehavsbakken; der Ort, wo die Galopprennbahn ist«, erklärte er, um zu betonen, dass sein Kopenhagener Vorort nichts mit der Kleinen Meerjungfrau, den Sexshops in der Istedgade oder der Pusherstreet in Christiania zu tun hatte. »Aha, dort wo man ›Galf‹ spielt