Schöpfung ohne Schöpfer?. Группа авторов
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1. Was ist das Erkenntnisinteresse (Gegenstand) der jeweiligen Wissenschaft?
2. Welche Erkenntnismittel, Methoden, etc. werden zum Bearbeiten der jeweiligen Fragestellungen eingesetzt?
3. Welche (wohlbegründeten) Aussagen sind unter den gegebenen Bedingungen (1 und 2) möglich?
Für die Evolutionsbiologie ist das Erkenntnisinteresse bzw. der Forschungsgegenstand die „Evolution“ als hypothetischer historischer Naturprozess. Wie bereits festgehalten, ist „Evolution“ so verstanden kein empirisch beobachtbarer Naturvorgang und kann nicht als etwas unhinterfragbar Vorliegendes deklariert werden. Wird dagegen „Evolution“ im Sinne einer Leitidee oder als Konzeptionalisierung a priori für die Forschung genutzt, ist dies entsprechend zu kennzeichnen und bei der Deutung der daraus gewonnenen Ergebnisse und Aussagen zu berücksichtigen.
Ein Beispiel zur Illustration: In einem auf embryonalen Ähnlichkeiten basierenden Stammbaum des Auges geht die Leitidee über Evolution ein, dass die Nähe der stammesgeschichtlichen Verwandtschaft mit einem höheren Grad an embryonaler Ähnlichkeit korreliert. Dagegen wird der auf paläontologischen Befunden basierende Stammbaum des Auges von der Leitidee über Evolution bestimmt, dass in der Regel in älteren Gesteinsschichten Vorläufer und in jüngeren Gesteinsschichten modernere Versionen der Augen zu finden sind. Beide Stammbäume repräsentieren und beweisen nicht den tatsächlichen Ablauf der Augenevolution. Sie sind eine Modellierung, die für oder gegen einen spezifischen hypothetischen Ablauf der Augenevolution spricht.
Die heutige Evolutionsbiologie, die sich als ateleologisches Programm dem Gegenstand „Evolution“ als zu erforschenden historischen Naturprozess stellt, möchte zwei grundsätzliche Fragen beantworten: Aus welcher Art A ist Art B hervorgegangen und was sind die (rein natürlichen) Ursachen des Wandels bzw. wie ist dieser auf der Grundlage bekannten biologischen Wissens plausibel erklärbar? Evolutionstheoretische „Erklärungen“ tragen Berichtscharakter, da sie historisch rekonstruktive Theorien sind, und sind keine Erklärungen im naturwissenschaftlichen Sinne (vgl. den Beitrag „Gibt es eine naturwissenschaftliche Evolutionstheorie?“ in diesem Band). Damit kann der Naturvorgang „Evolution“ (Erklärungsziel) immer nur als ein „Verlauf im hypothetischen Modus“ (GUTMANN 2005) und eben nicht als Tatsache (wie eine Mondfinsternis) beschrieben werden. Auch wenn sich die historischen Rekonstruktionen auf kausale oder funktionale Aussagen bzw. Erklärungen der Biologie berufen und somit empirischen Charakter tragen, sind diese jedoch selbst weder Kausal- noch Funktionsaussagen. Eine historische Rekonstruktion der Entstehung des Auges erklärt nicht dessen physiologische Funktion als Sinnesorgan oder seine ontogenetische Verursachung, braucht aber dieses Wissen, um mögliche evolutionstheoretische Schlüsse ziehen zu können. Und noch einmal zur Erinnerung: Die Untersuchung der physiologischen Funktion als Sinnesorgan und die Klärung seiner ontogenetischen Verursachung benötigt umgekehrt Evolution als historische Rahmentheorie nicht.
„Evolution“ kann immer nur als ein „Verlauf im hypothetischen Modus“ und nicht als Tatsache beschrieben werden.
Abschied von „der Evolutionstheorie“
In der Auseinandersetzung mit Ursprungsmodellen, die sich auf einen Schöpfer berufen, muss noch auf folgende Sachverhalte hingewiesen werden. Gegenwärtig naturwissenschaftlich nicht erklärbare, evolutionär vermutete Transformationen müssen nicht prinzipiell naturwissenschaftlich unerklärbar sein. Ebenso wenig können diese Leerstellen allein als naturwissenschaftlicher Beleg für eine wie auch immer geartete Teleologie gelten. Das widerspricht allerdings nicht dem Argument, dass neben anderen Gründen (z. B. dem Wissen um den komplexen, zweckmäßigen Aufbau von Strukturen des Lebens) die Erklärungsdefizite von Evolutionstheorien (s. o.) Evolutionskritiker motivieren können, eine übernatürliche Ursache für die Existenz des Lebens ins Spiel zu bringen und nach Belegen dafür zu suchen (vgl. JUNKER 2010). Doch das ist eine Vorgehensweise, die als Grenzüberschreitung über die in der Naturwissenschaft geltende Methodologie hinaus zu kennzeichnen ist. Aber auch die Behauptung, alles sei prinzipiell im biologisch naturwissenschaftlichen Diskurs ateleologisch erklärbar, ist allein im wissenschaftlichen Kontext nicht begründbar. Wer anderes behauptet, erhebt den Anspruch, ein vollständiges Wissen über die Natur zu haben, das über naturwissenschaftlich erworbenes Wissen deutlich hinausgeht.
In dem bereits angesprochenen Buch „Tatsache Evolution“ von KUTSCHERA (2009) findet sich unter der Überschrift „Abschied von der Evolutionstheorie …“ ein aufschlussreiches Resümee. Die Biologen haben Ende der 1990er- Jahre erkannt, dass die Synthetische Theorie der biologischen Evolution einer Erweiterung bedarf, die nun als „Erweiterte Synthetische Theorie (Expanded Synthesis)“ bezeichnet wird (ESET, nicht identisch mit der o. g. „EES“).
„Als System zahlreicher Unter-Theorien erklärt diese evolvierte Version ‚der Evolutionstheorie‘ verschiedene Aspekte des dokumentierten Artwandels aller Organismen. Wir sprechen daher auch von der Fachdisziplin Evolutionsbiologie, […] Wie bereits oben erwähnt, sprechen die Biologen daher nicht mehr von ‚der Evolutionstheorie‘, sondern beziehen sich auf verschiedene Unter-Theorien der Expanded Synthesis (d. h. die Wissenschaftsdisziplin Evolutionsbiologie)“ (KUTSCHERA 2009, 305–306, Hervorhebungen im Original).
KUTSCHERA bestätigt damit, dass es „die Evolutionstheorie“ nicht gibt. Seine Alternative, statt der Einzeltheorie jetzt die Synthese der vielen Unter-Theorien (Expanded Synthesis) zu bewerten, übersieht jedoch, dass eine tatsächliche Synthese im Sinne einer einheitlichen theoretischen Konzeption innerhalb der Evolutionsbiologie ebenfalls nicht existiert und noch nicht einmal in Ansätzen in Sicht ist. Eine Synthese theoretischer Konzeptionen in der Wissenschaft gelingt nämlich nicht einfach dadurch, dass man die sich ausschließenden und widersprechenden Ansätze (z. B. Konstruktionsmorphologie und SET, darwinistische und nichtdarwinistische Positionen usw.) unter einen Namen zwingt. Außerdem ist der Versuch KUTSCHERAS, die vielfältig unter dem Dach der Evolutionsbiologie genutzten Methoden als einen Ausdruck der real existierenden „Expanded Synthesis“ zu präsentieren, ein leicht zu durchschauender wissenschaftstheoretischer Taschenspielertrick. Die fehlende Einheit auf der Ebene der Theorienbildung kann nicht dadurch ersetzt werden, dass man auf die gemeinsam genutzten Methoden in der Evolutionsbiologie abhebt. Eine einheitliche Geschichte des Lebens ergibt sich nicht einfach daraus, dass alle durch das gleiche Mikroskop sehen.
„Nichts in der Biologie ergibt einen Sinn, außer im Licht …“
Kann die moderne Biologie als erfolgreiche Wissenschaft vom Leben mit ihren riesigen Schätzen an Erkenntnissen und Theorien überleben, wenn Evolution als Tatsache in Frage gestellt und sich nicht als „realhistorischer Prozess“ bestätigen lässt? Oder anders gefragt: Wie viel Evolution braucht die Biologie, um als Naturwissenschaft überlebensfähig zu sein? Die Beantwortung dieser Frage ist – psychologisch bzw. soziologisch gesehen – nicht unproblematisch, weil es zum eingeschliffenen Ritual geworden ist, jede Infragestellung von Evolution und jede Kritik an evolutionstheoretischen Entwürfen als Angriff auf die gesamte Biologie und die wissenschaftlichen Methoden auszurufen (z. B. KUTSCHERA et al. 2007). Der in diesem Beitrag sicherlich nur unvollständig erfolgte Gang durch die wissenschaftstheoretischen Grundlagen ateleologischer Ursprungsmodelle führt diese Pauschalaussagen schnell ad absurdum.
„Bei der reflexiven regressiven Redeform [Erklärung allein mit empirischen Daten des Untersuchungsgegenstandes ohne Rückgriff auf einen Agenten und ausgehend von der Gegenwart in die Vergangenheit, H.U.] zeigt sich eine bemerkenswerte Asymmetrie zwischen ‚funktionalen‘ und ‚naturhistorischen‘ Theorien. […] Denn unstrittig lässt sich eine molekularbiologische Beschreibung etwa der Nierenfunktion als wahr auszeichnen, ohne dass auf nur eine einzige evolutionsbiologische Aussage zurückgegriffen werden müsste. Umgekehrt gelingt