Treacherous Love. Jana Reeds
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Bevor ich richtig nachdenken konnte, hatte ich Juan schon an die Wand gerammt. „Lass deine Finger von ihr, du kleiner Drecksack“, zischte ich.
„Hey, immer mit der Ruhe.“
„Noch ein Wort und ich prügel dir dein Grinsen aus dem Gesicht.“
Juan hatte offensichtlich einen Todeswunsch, denn er grinste jetzt bloß breiter. Keine Ahnung, wie er das schaffte.
„Chill, Amigo. Kein Grund, zum Hulk zu werden. Du bist voll reingetappt, Mann.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich wollte nur mal sehen, wie du reagierst. Und so, wie du gerade ausgerastet bist, war da wohl doch was.“
„Du bist ein Idiot.“ Ich trat einen Schritt zurück. Der kleine Mistkerl hatte mich tatsächlich drangekriegt.
„Kann sein, aber ein kluger Idiot.“ Juan richtete sich auf und blickte in die Runde. Erst jetzt bemerkte ich, dass wir interessierte Zuschauer hatten. „Alles in Ordnung. Dylan hier hat nur seine Tage“, verkündete er.
„Du mich auch, Juan“, knurrte ich, dann drehte ich mich um, schnappte mir einen Teller und häufte mir irgendwelche Speisen drauf.
Ich wollte mich gerade mit meinem Essen an den Tisch verkrümeln an dem Logan, unser Security-Mann, bereits saß – er hatte eine abgelegene Ecke gewählt, die wirklich einladend aussah –, als Lous Stimme durch meine Gedanken drang. Die drehten sich gerade darum, wie ich Juan eine verpasste. Die Vorstellung war so ziemlich das Einzige, was meine Laune etwas hob. Lou zu hören, die „Dylan“, rief, sorgte dafür, dass der ganze Effekt zum Teufel ging.
Lou hüpfte auf ihrem Stuhl auf und ab und winkte mir zu, als sei ich blind oder doof. Oder beides.
Natürlich wollte sie, dass ich mit ihr, Marli und Tyler zu Abend aß, als ob dieser Teil des Tages noch irgendwie schlimmer werden könnte. Ich rang mir eine Grimasse ab, von der ich hoffte, dass sie als Lächeln durchgehen würde, und steuerte den runden Vierertisch an. Natürlich. Der einzige Platz, der noch frei war, befand sich an Marlis Seite. Rechts von ihr saß Lou, daneben Tyler.
Scheiße. Sollte ich jetzt etwa ein halbes Jahr lang jede Mahlzeit damit verbringen, neben Marli zu sitzen? Dazu die Besprechungen, die Tatsache, dass diese Jacht verdammt klein war und man sich ständig über den Weg lief. So schlimm hätte ich mir das nicht mal in einem Albtraum ausmalen können.
„Was ist denn mit dir los?“, fragte Lou. Wie immer hatte meine Schwester einen untrüglichen Riecher für meine Gefühlslage, oder vielleicht lag es auch an meiner Mimik.
„Nichts, was soll sein?“, brummelte ich und fügte ein: „Juan hat nur mal wieder genervt“, hinzu. In der Hoffnung, sie würde mit dieser Information zufrieden sein.
„Was hat er denn gesagt?“
Klar.
Ich hätte es besser wissen müssen. Welche Frau ließ sich schon mit einem Satz abspeisen?
„Er hat …“ Ich brach ab. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Mit der Wahrheit würde ich jedenfalls nicht herausrücken, so viel war klar. „Nur seine üblichen blöden Sprüche“, schloss ich lahm. Ich wusste schon jetzt, damit würde ich nicht davonkommen. Und richtig, Lou öffnete gerade den Mund, um mich so richtig in die Mangel zu nehmen, als mir Tyler zu Hilfe kam.
„Marli, ich hoffe, an Bord ist alles zu deiner Zufriedenheit“, sagte er.
„Ja, vielen Dank, Tyler. Meine Kabine ist ein Traum. Ich bin so froh, hier zu sein“, plapperte Marli drauflos. Ich schaute sie erstaunt an. Das war ja schon fast ein Gefühlsausbruch von der sonst so zurückhaltenden Freundin meiner Schwester. „Ich kann es nicht erwarten, morgen mit der Arbeit anzufangen. Danke, noch einmal, dass du mich für dieses Projekt engagiert hast. Es ist der Traum eines jeden Archäologen, bei so etwas dabei sein zu dürfen.“
„Deine Referenzen sind hervorragend. Ich denke, wir hätten kaum eine bessere Person für diesen Job bekommen können“, sagte Tyler.
Ich warf ihm einen giftigen Blick zu. Der Kerl hoffte wohl auf Bonuspunkte bei Lou, wenn er nett zu ihrer Freundin war. Nicht, dass er sie brauchte. Das verliebte Geturtel der beiden jeden Tag mitzubekommen, reichte vollkommen aus, um … Okay, Zeit aus diesem Loch wieder rauszukommen. Meine wütenden Gedanken gingen mir schon selbst auf die Nerven. Ich führte mich auf wie ein verwöhnter Fünfjähriger, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte.
Ich setzte mich aufrecht hin, zwang mich zu einem Lächeln und wandte mich an die Frau, die für die meisten dieser Gedanken verantwortlich war.
„Ich hoffe, du hast dich gut eingelebt“, sagte ich zu ihr.
Marli sah mich erstaunt an. Ja, ich klang wie der Kapitän vom Traumschiff. Steif, formell und so, als hätte ich einen Stock im Arsch.
„Nun ja, allzu lange bin ich noch nicht hier. Aber ja, ich fühle mich sehr wohl“, antwortete Marli höflich. Der Unterton in ihrer Stimme sagte allerdings etwas anderes. Etwas, das wie: „Du Idiot, ich bin gerade mal seit ein paar Stunden hier, wie soll ich mich da schon eingelebt haben?“, klang.
„Gut, das ist gut.“
Und das war’s dann mit der Unterhaltung. Mir fiel nichts mehr ein, was ich noch sagen könnte, was sicherlich ein Segen für alle Beteiligten war. Gott sei Dank fing Lou damit an, Marli mit Storys über das Leben an Bord zu bombardieren. Ich widmete mich meinem Essen. Nur um festzustellen, dass ich direkt neben die Spaghetti Vongole auch noch Mousse au Chocolat auf meinen Teller gehäuft hatte.
4
Marli
Ein schrilles Geräusch riss mich aus einem wunderschönen Traum. Wecker kapierte mein Verstand, während mein Körper im gleichen Moment schrie: Weiterschlafen!
Es dauerte etwas, bis ich in der Lage war, mich auf die Seite zu drehen, nach meinem Handy auf dem Nachttisch zu angeln und dieses nervtötende Geräusch auszustellen. Ich war selbst unter besten Gegebenheiten alles andere als ein Morgenmensch, doch nun, mit dem Jetlag des gestrigen Langstreckenfluges, schien es mir unmöglich, meine Augen zu öffnen – und sie vor allem auch geöffnet zu lassen. Im Geiste überschlug ich die Zeitverschiebung. Zu Hause war es gerade erst zwei Uhr in der Nacht – keine Uhrzeit, um sich aus dem Bett zu bewegen. Doch es nützte nichts, ich musste aufstehen, die Arbeit wartete.
Trotz der Müdigkeit überkam mich die Vorfreude auf das, was mich erwartete. Ich hatte nicht umsonst Archäologie studiert – schon als Kind war es mein Traum gewesen, bei Ausgrabungen dabei zu sein, auf alte Schätze zu stoßen und Relikte aus vergangener Zeit zu entdecken. Ich wollte herausfinden, wer einen alten Kerzenleuchter vielleicht einmal angezündet hatte, wem die Brosche gehörte, die gefunden wurde, oder woher ein zerfleddertes Stück Stoff stammte. Wenn man auf den Florida Keys aufwuchs, gehörten die Schiffswracks, die vor der Küste lagen, von klein auf zum Leben dazu. So ziemlich jeder war bereits runtergetaucht, und obwohl ich längst nicht so erfahren wie Lou und Dylan war, hatte auch ich schon als Teenie die Unterwasserwelt kennengelernt. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob ich mich auch hier in Spanien trauen würde, so tief zu tauchen. Ein vollkommen fremdes Gewässer barg Gefahren, die ich nicht gut genug einschätzen