Zwei Jahre Ferien. Jules Verne
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»Ich nehme mir gar nichts heraus«, antwortete Briant, »und verlange nichts, als dass wir zum Heile aller vereinigt handeln.«
»Briant hat recht«, erklärte Gordon, ein ernster, schweigsamer Knabe, der nie sprach, ohne seine Worte reiflich erwogen zu haben.
»Ja …! Ja …!« riefen einzelne der Kleinen, welche eine Art geheimer Instinkt trieb, sich an Briant anzuschließen.
Doniphan erwiderte nichts mehr; doch er und seine Kameraden hielten sich abseits in Erwartung der Stunde, wo zur Rettung geschritten werden sollte.
Doch welches Land lag eigentlich vor ihnen? Gehörte es zu einer der Inseln des Stillen Ozeans oder zu einem Festland? Diese Frage musste vorläufig offenbleiben, da der »Sloughi« sich viel zu nahe dem Ufer befand, um einen hinreichenden Gesichtskreis überblicken zu können. Seine hohle, eine geräumige Bucht bildende Masse lief in zwei Vorgebirge aus — das eine ziemlich hoch und nach Norden zu scharf abgeschnitten, das andere in einer nach Süden vorgestreckten Spitze endigend. Vergebens suchte aber Briant mit einem der an Bord befindlichen Fernrohre zu erkennen, ob das Meer jenseits dieser Vorberge die Uferlinien einer Insel badete.
Im Fall dieses Land nämlich eine Insel war, entstand die ernste Frage, wie man diese wieder verlassen könne, wenn es sich als unmöglich erwies, den Schoner wieder flottzumachen, den die nächste Flut schon dadurch, dass sie ihn auf den Klippen hin und her warf, elend zertrümmern musste. Und war diese Insel obendrein unbewohnt — solche gibt es im Stillen Ozean gar viele —, wie sollten auf sich selbst angewiesene Kinder, die nichts besaßen, als was ihnen vielleicht von den Vorräten der Yacht zu bergen gelang, sich die notwendigsten Lebensbedürfnisse verschaffen?
Auf festem Land dagegen hätte sich die Aussicht auf Rettung entschieden verbessert, weil dieses Festland kein anderes als Südamerika sein konnte. Da mussten sie, auf dem Gebiet von Chile oder Bolivien, jedenfalls Hilfe finden und wenn auch nicht sofort, so doch wenige Tage nach stattgehabter Landung. Freilich waren auf diesen Nachbargebieten der Pampas mancherlei schlimme Begegnungen zu fürchten — jetzt handelte es sich aber einzig darum, überhaupt erst das Land zu erreichen.
Die Witterung war jetzt klar genug geworden, um alle Einzelheiten desselben zu erkennen, und deutlich unterschied man das Vorland des Strandes, das hohe, diesen im Hintergrund einrahmende Ufer, nebst verschiedenen, auf letzterem zerstreuten Baumgruppen. Briant erkannte sogar die Mündung eines Rio rechts am Ufer.
Wenn der Anblick dieser Küste auch nichts besonders Anziehendes bot, so wies doch der grüne Vorhang derselben auf eine gewisse Fruchtbarkeit hin, welche der der Länder unter mittlerer Breite zu entsprechen schien. Voraussichtlich zeigte die Vegetation jenseits der Uferhöhe, wo sie Schutz vor den Seewinden und gewiss noch günstigeren Boden fand, eher eine üppige Entwicklung.
Bewohnt schien der sichtbare Teil des Ufers nicht zu sein, wenigstens bemerkte man hier kein Haus und keine Hütte, nicht einmal an der Mündung des Rios. Vielleicht wohnten die Eingeborenen, wenn es solche gab, mit Vorliebe mehr im Innern des Landes, wo sie dem heftigen Ansturm des Westwindes am wenigstens ausgesetzt waren.
»Ich kann nicht den geringsten Rauch entdecken«, sagte Briant, das Fernrohr senkend.
»Und am Strand befindet sich kein einziges Boot«, bemerkte Moko.
»Wie sollte das der Fall sein, da hier kein Hafen vorhanden ist …?« warf Doniphan ein.
»Ein Hafen ist dazu nicht gerade notwendig«, erwiderte Gordon. »Einfache Fischerboote können auch in einer Flussmündung Schutz finden, und es wäre möglich, dass diese des Sturmes wegen sich hätten weiter landeinwärts zurückziehen müssen.«
Gordons Bemerkung war ganz richtig. Mochte es nun diesen oder jenen Grund haben, jedenfalls war nirgends ein Boot wahrzunehmen, und in der Tat schien dieser Teil des Ufers keine Bewohner zu haben. Es musste demnach die erste Aufgabe der jungen Schiffbrüchigen werden, festzustellen, ob dasselbe sich überhaupt als bewohnbar erweise.
Inzwischen sank das Wasser mit der Ebbe, doch sehr langsam, weiter zurück, denn der Wind von der Seeseite hemmte dessen Abfluss, obwohl dieser bei einer gleichzeitigen Drehung nach Nordwest schwächer zu werden schien. Jetzt galt es also sich bereitzuhalten für den Augenblick, wo die Klippenreihe einen Übergang gestatten würde.
Es war nun gegen sieben Uhr. Jeder beschäftigte sich damit, die für den ersten Bedarf notwendigsten Gegenstände auf das Deck zu schaffen, in der Hoffnung, die übrigen aufzufischen, wenn die Wellen sie ans Ufer trügen. Die Großen wie die Kleinen legten hierbei die Hände an. An Bord befand sich unter anderem ein großer Vorrat an Konserven, Biskuit, an gepöckeltem und geräuchertem Fleisch. Diese Nahrungsmittel wurden zu handlichen Ballen verpackt und sollten, unter die Größeren verteilt, von diesen ans Land geschafft werden.
Um das aber ausführen zu können, musste die Klippenreihe erst einen trockenen Weg bieten, und niemand wusste doch, ob das Meer sich auch beim niedrigsten Stand soweit zurückziehen würde, um die Felsen bis zum Strand bloßzulegen.
Briant und Gordon beobachteten unablässig und aufmerksam das Meer. Mit der Veränderung der Windrichtung wurde die Luft merkbar ruhiger und die Gewalt der Brandung begann ebenfalls nachzulassen, so wie man leicht bemerken konnte, dass das Wasser an den hervorragenden Felsblöcken niedersank. Der Schoner selbst lieferte einen Beweis für diese Abnahme des Wasserstandes, da er sich noch etwas weiter nach Backbord überneigte. Es war sogar zu befürchten, dass diese Neigung noch ferner zunahm und er sich ganz auf die Seite legte, denn er hatte sehr feine Formen und einen schlank abgerundeten Rumpf mit hohem Kiel, gleich den schnellsegelnden Yachten. Wenn das Wasser dann das Vorderdeck des Fahrzeuges eher erreichte, als man das letztere verlassen konnte, musste die Situation sich äußerst bedrohlich gestalten.
Wie beklagenswert erschien es nun, dass die Boote vom Sturme weggerissen worden waren. Diese hätten hingereicht, die ganze Gesellschaft aufzunehmen, und die jungen Leute wären jetzt schon in der Lage gewesen, einen Landungsversuch zu unternehmen. Und