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er hielt inne, als er Fräulein Saget eintreten sah, die die Tür öffnete, nachdem sie von der Straße aus die zahlreiche Gesellschaft gesehen hatte, die im Laden der Quenu-Gradelle sich unterhielt. Die kleine Alte in ihrem abgeschossenen Kleide, mit ihrem unvermeidlichen schwarzen Handkorbe, mit dem bänderlosen, schwarzen Strohhut auf dem Kopfe, der ihr weißes Gesicht in einen tückischen Schatten hüllte, nickte den Männern einen leisen Gruß zu und hatte für Lisa ein spitzes Lächeln. Sie war eine Bekannte; sie wohnte noch immer in dem Hause der Pirouette-Straße, wo sie seit vierzig Jahren lebte ohne Zweifel von einer kleinen Rente, von der sie niemals sprach. Eines Tages hatte sie Cherbourg als ihren Geburtsort genannt, mehr hatte man darüber nie erfahren. Sie sprach nur von anderen Leuten, schilderte haarklein ihr Leben bis auf die Zahl der Hemden, die sie monatlich waschen ließen, und trieb das Bedürfnis, in die Existenz der Nachbarn einzudringen, so weit, daß sie imstande war, an den Türen zu horchen und Briefe zu entsiegeln. Ihre Zunge war gefürchtet von der Dionysius-Straße bis zur Jean Jacques Rousseau-Straße und von der Honorius-Straße bis zur Mauconseil-Straße. Den ganzen lieben Tag strich sie herum mit ihrem leeren Korbe unter dem Vorwande, ihre Einkäufe zu machen, ohne aber etwas zu kaufen; sie verbreitete die Nachrichten, hielt sich auf dem laufenden über die unbedeutendsten Vorkommnisse. So geschah es, daß sie die vollständige Geschichte aller Häuser, aller Stockwerke, aller Leute des Stadtviertels im Kopfe hatte. Quenu hatte sie stets beschuldigt, daß sie die Nachricht von dem vor dem Hackblock erfolgten Tode des Onkels Gradelle verbreitet hatte; seit jener Zeit grollte er ihr. Sie war übrigens über den Onkel Gradelle und die Eheleute Quenu gut beschlagen; sie zerlegte sie, faßte sie an allen Enden, kannte sie auswendig. Aber seit zwei Wochen war sie durch die Ankunft Florents irre gemacht; das Fieber der Neugierde verzehrte sie schier darob. Sie ward krank, wenn in ihren Kenntnissen eine Lücke entstand; und doch hätte sie schwören mögen, daß sie diesen langen »Grapsen« schon irgendwo gesehen habe.

      Sie blieb vor dem Zahlpulte stehen, betrachtete die Schüsseln, eine nach der anderen, und sagte mit ihrer dünnen Stimme:

      Man weiß nicht mehr, was man essen soll. Wenn der Abend kommt, zerbreche ich mir den Kopf wegen des Essens ... Und dann habe ich nach gar nichts Verlangen ... Haben Sie noch panierte Koteletten, Frau Quenu?

      Ohne die Antwort abzuwarten, hob sie einen der Deckel von dem Schmorofen empor. Es war die Seite der Fleischwürste, Blutwürste und Bratwürste. Die Kohlenpfanne war kalt; es war nur mehr eine Plattwurst da, die man auf dem Roste vergessen hatte.

      Sehen Sie auf der anderen Seite nach, Fräulein Saget, sagte die Metzgersfrau. Ich glaube, es ist noch eine Kotelette da.

      Nein, ich mag das nicht, brummte die kleine Alte, warf aber dennoch einen Blick unter den andern Deckel. Ich hatte mich so darauf gespitzt, aber die panierten Koteletten sind am Abend doch zu schwer ... Ich will lieber etwas nehmen, was ich nicht erst wärmen muß.

      Sie hatte sich nach der Seite gewandt, wo Florent saß, betrachtete diesen und betrachtete Gavard, der mit den Fingern auf der Marmorplatte trommelte, und ermunterte sie mit einem Lächeln, in ihrer Unterredung fortzufahren.

      Warum nehmen Sie nicht ein Stück Pökelfleisch?

      Ein Stück Pökelfleisch? Ja, das ist's ...

      Sie nahm die Gabel, die am Rande der Schüssel lag und stocherte damit in der Schüssel herum, jedes einzelne Stück anstechend und bis zum Knochen eindringend, um die Dicke des Fleisches zu prüfen, wandte die Stücke hin und her und sagte endlich:

      Nein, auch das sagt mir nicht zu.

      Dann nehmen Sie eine Zunge, ein Stück Schweinskopf, eine Schnitte gespicktes Kalbfleisch, sagte die Metzgersfrau geduldig.

      Doch Fräulein Saget schüttelte nur den Kopf. Sie blieb noch einen Augenblick da und betrachtete die Schüsseln mit angewiderter Miene. Als sie sah, daß man hartnäckig schwieg und daß sie nichts erfahren werde, ging sie mit den Worten:

      Nein; ich wollte eine panierte Kotelette; die Sie noch haben, ist aber zu fett. Ein andermal ...

      Lisa neigte sich vor, um ihr zwischen den Vorhängen des Schaufensters nachzublicken. Sie sah sie quer über die Straße gehen und den Obstpavillon betreten.

      Die alte Vettel! brummte Gavard.

      Als sie allein waren, erzählte er, welchen Platz er für Florent gefunden habe. Es war eine ganze Geschichte. Einer seiner Freunde, Herr Verlaque, Aufseher in der Abteilung für Seefische, war so sehr leidend, daß er sich gezwungen sah, einen Urlaub zu nehmen. Am Morgen des nämlichen Tages hatte der arme Mann ihm gesagt, wie sehr es ihm erwünscht sei, wenn Gavard einen Stellvertreter für ihn wisse, damit er – Verlaque – nach seiner Wiedergenesung seine Stelle wieder einnehmen könne.

      Sie begreifen, sagte Gavard, Verlaque hat kaum sechs Monate mehr zu leben und Florent behält die Stelle. Es ist eine ganz hübsche Anstellung ... Und wir lassen dabei die Polizei »reinfallen«. Die Anstellung hängt nämlich von der Polizeiverwaltung ab. He, das wird ergötzlich sein, wenn Florent das Geld dieser Spitzel einsteckt!

      Er lachte vergnügt; er fand es sehr komisch.

      Ich mag diesen Platz nicht, erklärte Florent rundheraus. Ich habe geschworen, von dem Kaiserreich nichts anzunehmen. Lieber Hungers sterben, als in die Dienste der Polizei treten. Das ist unmöglich, hören Sie, Gavard?

      Gavard hörte es und war ein wenig betroffen. Quenu senkte den Kopf. Lisa aber hatte sich umgewandt und blickte starr auf Florent, dabei schwoll ihr Nacken an und der Busen drohte das Leibchen zu sprengen. Sie wollte eben den Mund öffnen, als die Sarriette eintrat. Es entstand abermals Stillschweigen.

      Ich habe vergessen, Speck zu kaufen, rief die Sarriette kichernd. Frau Quenu, schneiden Sie mir doch zwölf dünne Schnitten ab. Ich will Lerchen braten. Jules verlangt Lerchen. Sie befinden sich wohl, Onkel?

      Der Laden war voll mit ihren fliegenden Röcken. Sie lächelte allen zu, war weiß wie Milch; der frische Wind der Hallen hatte auf einer Seite ihr Haar zerzaust. Gavard hatte sie bei den Händen gefaßt; sie aber sagte mit ihrer Keckheit:

      Ich wette, daß Sie von mir sprachen, als ich eintrat. Was sagten Sie, Onkel?

      Lisa rief sie zu sich.

      Ist das dünn genug geschnitten? fragte sie.

      Auf einem Brettende hatte sie Speck in dünne Schnitten zerlegt. Sie wickelte sie in Papier und fragte:

      Wünschen Sie nichts anderes?

      Wenn ich schon da bin, sagte die Sarriette, geben Sie mir ein Pfund Schweinefett. Ich liebe gebratene Kartoffeln; für zwei Sous gebratene Kartoffeln und ein Bund Radieschen geben für mich das beste Frühstück ... Ja, ein Pfund Schweinefett, Frau Quenu.

      Die Metzgersfrau hatte ein Blatt dickes Papier auf die Wage gelegt. Aus dem auf einem Brett stehenden Topfe nahm sie mittelst eines kleinen Buchsbaumspatens das Fett und häufte es mit geschickter Hand auf dem Papier an, wo es ein wenig zu zerfließen begann. Als die Schale sich senkte, nahm sie das Papier, faltete es zusammen und drückte mit den Fingerspitzen die beiden Enden ein.

      Das macht vierundzwanzig Sous und sechs Sous für den Speck macht dreißig Sous ... Wünschen Sie nicht anderes?

       Die Sarriette sagte nein. Sie zahlte, immer lachend, ihre Zähne zeigend, den Männern ins Gesicht schauend, mit ihrem grauen Rocke, der sich herumgedreht hatte, ihrem lose geknüpften roten Busentuch, das den weißen Ansatz ihrer Brust sehen ließ. Ehe sie ging, drohte sie noch Gavard:

      Sie

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