Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Die folgenden Fälle beziehen sich auf Hunde. Mr. Colquhoun181 schoß zwei wilde Enten flügellahm, welche auf das jenseitige Ufer eines Flusses fielen. Sein Wasserhund versuchte Beide auf einmal herüberzubringen, es gelang ihm aber nicht. Trotzdem man wußte, daß er nie vorher auch nur eine Feder gekrümmt hätte, biß er die eine Ente todt, brachte die andere herüber und ging nun zu dem todten Vogel zurück. Oberst Hutchinson erzählt, daß zwei Rebhühner auf einmal geschossen wurden, das eine wurde getödtet, das andere verwundet. Das Letztere rannte fort und wurde vom Hunde gefangen, welcher auf dem Rückwege beim todten Vogel vorbeikam. »Er blieb stehen, offenbar sehr in Verlegenheit, und nach ein- oder zweimaligem Versuchen, wobei er fand, daß er es nicht mitnehmen konnte, ohne das flügellahm geschossene entwischen zu lassen, überlegte er einen Augenblick, biß dann dieses mit einem kräftigen Ruck absichtlich todt und brachte dann beide Vögel auf einmal. Es war dies das einzige bekannte Beispiel, daß er je mit Absicht irgend welches Wildpret verletzt hätte.« Hier haben wir Verstand, wenn auch nicht durchaus vollkommenen. Denn der Hund hätte den verwundeten Vogel zuerst bringen und dann nach dem todten zurückkehren können, wie es in dem Falle mit den zwei wilden Enten geschah. Ich führe die vorstehenden Fälle an, da für sie die Gewähr zweier unabhängiger Zeugen spricht, weil in beiden Beispielen die Wasserhunde nach Überlegung eine von ihnen ererbte Gewohnheit durchbrachen (die, das apportierte Wild nicht zu tödten), und weil sie zeigen, wie stark die Fähigkeit der Überlegung gewesen sein muß, daß sie eine fixierte Gewohnheit überwand.
Ich will mit der Anführung einer Bemerkung Humboldt's schließen:182
»Der Maulthiertreiber in Süd-Amerika sagt: ›ich will Ihnen nicht das Maulthier geben, dessen Schritt am leichtesten ist, sondern ›la mas racional, das, welches es sich am besten überlegt›,« und Humboldt fügt hinzu, »dieser populäre Ausdruck, den lange Erfahrung dictiert, widerspricht der Annahme von belebten Maschinen vielleicht besser, als alle Argumente der speculativen Philosophie«. Nichtsdestoweniger leugnen selbst jetzt noch einige Schriftsteller, daß die höheren Thiere auch nur eine Spur von Verstand haben; sie versuchen, wie es scheint, durch bloße Wortklauberei183 alle die oben angeführten Thatsachen wegzuexplicieren.
Ich glaube, es ist nun gezeigt worden, daß der Mensch und die höheren Thiere, besonders die Primaten, einige wenige Instincte gemeinsam haben. Alle haben dieselben Sinneseindrücke und Empfindungen, ähnliche Leidenschaften, Affecte und Erregungen, selbst die complexeren, wie Eifersucht, Verdacht, Ehrgeiz, Dankbarkeit und Großherzigkeit; sie üben Betrug und rächen sich; sie sind empfindlich für das Lächerliche und haben selbst einen Sinn für Humor. Sie fühlen Verwunderung und Neugierde, sie besitzen dieselben Kräfte der Nachahmung, Aufmerksamkeit, Überlegung, Wahl, Gedächtnis, Einbildung, Ideenassociation, Verstand, wenn auch in sehr verschiedenen Graden. Die Individuen einer und derselben Species zeigen gradweise Verschiedenheit im Intellect von absoluter Schwachsinnigkeit bis zu großer Trefflichkeit. Sie sind auch dem Wahnsinn ausgesetzt, wenn schon sie weit weniger oft daran leiden als der Mensch.184 Nichtsdestoweniger haben viele Schriftsteller behauptet, daß der Mensch durch seine geistigen Fähigkeiten von allen niederen Thieren durch eine unüberschreitbare Schranke getrennt sei. Ich habe mir früher eine Sammlung von über zwanzig solcher Aphorismen gemacht; sie sind aber beinahe wertlos, da ihre große Zahl und Verschiedenheit die Schwierigkeit, wenn nicht die Unmöglichkeit des Versuches darlegen. Es ist behauptet worden, daß nur der Mensch einer allmählichen Vervollkommnung fähig sei, daß er allein Werkzeuge und Feuer gebrauche, andere Thiere sich angewöhne, Eigenthum besitze, daß kein anderes Thier das Vermögen der Abstraction habe oder allgemeine Ideen besitze, Selbstbewußtsein habe und sich selbst verstehe, daß kein Thier eine Sprache gebrauche, daß nur der Mensch ein Gefühl für Schönheit habe, Launen ausgesetzt sei, das Gefühl der Dankbarkeit, des Geheimnisvollen u. s. w. besitze, daß er an Gott glaube oder mit einem Gewissen ausgerüstet sei. Ich will über die wichtigeren und interessanteren der angegebenen Punkte ein paar Bemerkungen zu geben versuchen.
Erzbischof Sumner behauptete früher,185 daß nur der Mensch einer fortschreitenden Veredelung fähig sei. Daß er einer unvergleichlich größeren und schnelleren Veredelung als irgend ein anderes Thier fähig ist, läßt sich nicht bestreiten; dies ist wesentlich eine Folge seines Vermögens zu sprechen und seine erworbene Kenntnis zu überliefern. Was die Thiere betrifft, so wollen wir zunächst das Individuum betrachten. Hier weiß Jeder, der nur irgend eine Erfahrung im Stellen von Fallen besitzt, daß junge Thiere viel leichter gefangen werden können als alte, sie lassen auch Feinde viel leichter sich annähern; und selbst in Bezug auf alte Thiere ist es unmöglich, viele an einer und derselben Stelle und in derselben Art von Fallen zu fangen oder durch dieselbe Art von Giften zu tödten. Und doch ist es unwahrscheinlich, daß Alle von dem Gifte genossen hätten, und unmöglich, daß Alle in der Falle gefangen worden wären. Sie müssen dadurch Vorsicht lernen, daß sie ihre Genossen gefangen oder vergiftet sehen. In Nord-Amerika, wo die pelztragenden Thiere lange Zeit verfolgt worden sind, zeigen sie nach dem einstimmigen Zeugnis aller Beobachter einen fast unglaublichen Grad von Scharfsinn, Vorsicht und List; es ist aber das Fallenstellen dort so lange schon ausgeführt worden, daß hier vielleicht Vererbung mit in's Spiel kommt. Es ist mir von mehreren Seiten mitgetheilt worden, daß, als Telegraphen zuerst angelegt wurden, sich in den betreffenden Gegenden viele Vögel dadurch tödteten, daß sie gegen die Drähte flogen, daß sie aber im Laufe sehr weniger Jahre diese Gefahr vermeiden lernten, wie es scheinen möchte, weil sie sahen, daß ihre Kameraden dadurch umkamen.186
Betrachten wir aufeinanderfolgende Generationen oder die Rasse, so ist keinem Zweifel unterworfen, daß Vögel und andere Thiere allmählich Vorsicht in Bezug auf den Menschen oder andere Feinde sowohl erlangen als verlieren.187 Und diese Vorsicht ist gewiß zum größten Theil eine angeerbte Gewohnheit oder ein Instinct, zum Theil aber das Resultat individueller Erfahrung. Ein guter Beobachter, Leroy,188 führt an, daß in Districten, wo Füchse sehr viel gejagt werden, die Jungen, wenn sie zuerst ihre Höhlen verlassen, unstreitig viel schlauer sind als die Alten in Districten, wo sie nicht sehr gestört werden.
Unsere domesticierten Hunde stammen von Wölfen und Schakals189 ab, und trotzdem sie nicht an Verschlagenheit gewonnen und an Bedachtsamkeit und ängstlicher Vorsicht verloren haben mögen, so haben sie doch in gewissen moralischen Eigenschaften, wie Zuneigung, Zuverlässigkeit, Temperament und wahrscheinlich in allgemeiner Intelligenz Fortschritte gemacht. Die gemeine Ratte hat mehrere andere Species durch ganz Europa, in Theilen von Nord-Amerika, in Neu-Seeland und neuerdings in Formosa ebenso wie auf dem Festlande von China besiegt und zurückgetrieben. Mr. Swinhoe,190 welcher die beiden letzteren Fälle mittheilt, schreibt den Sieg der gemeinen Ratte über die größere