Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Ich beabsichtige in diesem Capitel nun zu zeigen, daß zwischen dem Menschen und den höheren Säugethieren kein fundamentaler Unterschied in Bezug auf ihre geistigen Fähigkeiten besteht. Jeder Abschnitt dieses Gegenstandes hätte sich zu einer besonderen Abhandlung ausdehnen lassen, muß aber hier nur kurz behandelt werden. Da keine Eintheilung der geistigen Fähigkeiten ganz allgemein angenommen worden ist, werde ich meine Bemerkungen in einer meinen Zwecken am meisten dienenden Weise anordnen und werde diejenigen Thatsachen auswählen, welche mich am meisten frappiert haben, in der Hoffnung, daß sie auch auf den Leser ihre Wirkung äußern werden.
In Bezug auf die sehr tief auf der Stufenleiter stehenden Thiere werde ich noch einige weitere Thatsachen in dem Abschnitt über geschlechtliche Zuchtwahl zu geben haben, welche zeigen werden, daß ihre geistigen Fähigkeiten viel bedeutender sind, als man hätte erwarten können. Die Veränderlichheit dieser Fähigkeiten bei Individuen einer und derselben Art ist ein bedeutungsvoller Punkt für uns, und einige wenige Erläuterungen hierüber mögen hier gegeben werden. Es würde aber überflüssig sein, hier auf viele Einzelnheiten über diesen Gegenstand einzugehen; denn nach häufigen Erkundigungen habe ich gefunden, daß alle Diejenigen, welche lange Zeit Thiere vieler Arten, mit Einschluß der Vögel, aufmerksam beobachtet haben, der Meinung sind, daß die Individuen in jedem geistigen Charakterzuge bedeutend von einander abweichen. Zu untersuchen, in welcher Weise die geistigen Fähigkeiten zuerst in den niedrigsten Organismen sich entwickelt haben, ist eine ebenso hoffnungslose Untersuchung als die, wie das Leben zuerst entstand. Dies sind Probleme für eine ferne Zukunft, wenn sie überhaupt je von Menschen gelöst werden können.
Da der Mensch dieselben Sinne wie die niederen Thiere besitzt, so müssen seine fundamentalen Anschauungen dieselben sein. Der Mensch hat auch einige wenige Instincte mit den Thieren gemeinsam, wie den der Selbsterhaltung, der geschlechtlichen Liebe, der Liebe der Mutter für ihr Neugeborenes, den Trieb des Letzteren zu saugen u. s. w. Doch hat vielleicht der Mensch etwas weniger Instincte als diejenigen Thiere, welche zunächst in der Stufenreihe auf ihn folgen. Der Orang auf den indischen Inseln und der Schimpanse in Afrika bauen Plattformen, auf denen sie schlafen, und da beide Arten dieselbe Gewohnheit haben, so könnte man schließen, daß dies die Folge eines Instincts sei; wir sind aber nicht sicher, ob es nicht das Resultat des Umstandes ist, daß beide Thiere ähnliche Bedürfnisse und die gleiche Fähigkeit der Überlegung haben. Wir können annehmen, daß diese Affen die vielen giftigen Früchte der Tropen vermeiden, und der Mensch besitzt diese Kenntnisse nicht. Da aber unsere Hausthiere, wenn sie in fremde Länder gebracht und zuerst im Frühjahr hinausgetrieben werden, oft giftige Pflanzen fressen, welche sie später vermeiden, so sind wir nicht sicher, ob die Affen nicht nach ihrer eigenen Erfahrung oder nach der ihrer Eltern lernen, welche Früchte sie zu wählen haben. Indessen ist es gewiß, wie wir sofort sehen werden, daß die Affen eine instinctive Furcht vor Schlangen und wahrscheinlich auch vor anderen gefährlichen Thieren haben.
Die geringe Zahl und vergleichsweise Einfachheit der Instincte bei den höheren Thieren ist merkwürdig contrastierend mit denen der niederen Thiere. Cuvier behauptete, daß Instinct und Intelligenz in umgekehrtem Verhältnis zu einander stehen, und manche Schriftsteller haben gemeint, daß die intellectuellen Fähigkeiten der höheren Thiere sich allmählich aus deren Instincten entwickelt haben. Es hat aber Pouchet in einem interessanten Aufsatze156 gezeigt, daß ein derartiges umgekehrtes Verhältnis factisch nicht besteht. Diejenigen Insecten, welche die wunderbarsten Instincte besitzen, sind sicher auch die intelligentesten. Unter den Wirbelthieren besitzen die am wenigsten intelligenten Glieder, nämlich die Fische und Amphibien, keine complexen Instincte; und unter den Säugethieren ist das Thier, welches wegen seiner Instincte merkwürdig ist, nämlich der Biber, sehr intelligent, was Jeder zugeben wird, welcher Morgan's ausgezeichnete Beschreibung dieses Thieres157 gelesen hat.
Obgleich sich die ersten Spuren der Intelligenz nach Herbert Spencer158 durch die Vervielfältigung und Coordination von Reflexwirkungen entwickelt haben, und obschon viele der einfacheren Instincte in Wirkungen dieser Art übergehen und kaum von ihnen unterschieden werden können, wie bei dem Saugen junger Thiere, so scheinen doch die complicierteren Instincte unabhängig von irgend einer Intelligenz entstanden zu sein. Ich möchte aber durchaus nicht leugnen, daß instinctive Thätigkeiten ihren fixierten und nicht angelernten Charakter verlieren und durch andere Thätigkeiten ersetzt werden können, welche mit Hülfe des freien Willens ausgeführt werden. Andererseits werden aber Handlungen des Verstandes, wie z. B. wenn Vögel auf oceanischen Inseln zuerst sich vor Menschen zu fürchten lernen, in Instincte umgewandelt und als solche vererbt, wenn sie mehrere Generationen hindurch ausgeführt worden sind. Man kann dann von diesen Handlungen sagen, daß sie im Charakter verderbt sind, denn sie werden nun nicht mehr durch den Verstand oder nach der Erfahrung ausgeführt. Dagegen scheint die größere Zahl der complicierten Instincte in einer völlig verschiedenen Weise erlangt worden zu sein, nämlich durch die natürliche Zuchtwahl von Variationen einfacher instinctiver Handlungen. Derartige Variationen scheinen aus denselben unbekannten Ursachen, welche hier auf die Organisation des Gehirns wirken, zu entstehen, wie solche unbedeutende Abänderungen oft individuelle Verschiedenheiten in anderen Theilen des Körpers hervorrufen; und in Folge unserer Unwissenheit sagen wir dann häufig, daß diese Variationen spontan auftreten. Ich glaube, wir können auch mit Bezug auf den Ursprung der complicierteren Instincte zu keinem anderen Schlusse gelangen, wenn wir an die wunderbaren Instincte steriler Arbeiterameisen und Bienen uns erinnern, welche keine Nachkommen hinterlassen, denen sie die Wirkungen der Erfahrung und veränderten Lebensweise überliefern könnten.
Obschon ein hoher Grad von Intelligenz mit dem Vorhandensein complicierter Instincte verträglich ist, wie wir bei den eben genannten Insecten und beim Biber gesehen haben, und obgleich Handlungen, welche zuerst willkürlich erlernt wurden, in Folge von Gewohnheit bald mit der Schnelligkeit und Sicherheit einer Reflexthätigkeit ausgeführt werden können, so ist es doch nicht unwahrscheinlich, daß freie Intelligenz und Instinct (welcher eine gewisse vererbte Modification des Gehirns in sich begreift) sich in einer gewissen Ausdehnung in ihrer gegenseitigen Entwicklung stören. Über die Functionen des Gehirns ist nur wenig bekannt; aber wir beobachten, daß in dem Maße, wie die intellectuellen Fähigkeiten höher entwickelt werden, auch die verschiedenen Theile des Gehirns durch die feinst verwobenen Canäle gegenseitigen Austausches mit einander in Verbindung gebracht werden müssen; und als Folge hiervon würde jeder einzelne Theil vermuthlich weniger geschickt werden, besondere Empfindungen oder Associationen in einer bestimmten und vererbten, das ist instinctiven, Weise zu entwickeln. Es scheint selbst eine gewisse Beziehung zwischen einem niedern Intelligenzgrade und einer starken Neigung zur Bildung fixierter, wennschon nicht vererbter Gewohnheiten zu bestehen; wenigstens hat ein scharfsinniger Arzt gegen mich geäußert, daß in geringem Grade schwachsinnige Personen in allem nach Routine und Gewohnheit zu handeln streben, und daß man sie viel glücklicher macht, wenn man sie darin ermuthigt.
Ich hielt es für der Mühe werth, diese Abschweifung hier einzuschalten, weil wir die geistigen Fähigkeiten der höheren Thiere und besonders des Menschen leicht unterschätzen können, wenn wir ihre auf die Erinnerung vergangener Ereignisse, auf Vorsicht, Nachdenken und Einbildungskraft gegründeten Handlungen mit den vollständig ähnlichen Handlungen vergleichen, welche von niederen Thieren instinctiv ausgeführt werden. In diesem letzteren Falle ist die Fähigkeit zur Ausführung solcher Handlungen Schritt für Schritt durch Variabilität der psychischen Organe und natürliche Zuchtwahl erreicht worden, ohne daß eine bewußte Intelligenz von Seiten des Thieres während