Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer

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erst aus dieser entlehnt und erlernt, sondern a priori vorhanden und eben die Form und Funktion des reinen Verstandes ist, aber auch seine einzige, jedoch eine so folgenreiche, daß alle unsere empirische Erkenntniß auf ihr beruht. – Wenn, wie oft gesagt worden, die Widerlegung eines Irrthums erst dadurch vollständig wird, daß man seine Entstehungsart psychologisch nachweist; so glaube ich Dieses im Obigen, in Hinsicht auf Kants Lehre von den Kategorien und ihren Schematen, geleistet zu haben.

      Nachdem nun Kant in die ersten einfachen Grundzüge einer Theorie des Vorstellungsvermögens so große Fehler gebracht hatte, gerieth er auf vielfältige, sehr zusammengesetzte Annahmen. Dahin gehört zuvörderst die synthetische Einheit der Apperception: ein sehr wunderliches Ding, sehr wunderlich dargestellt. »Das Ich denke muß alle meine Vorstellungen begleiten können.« Muß – können: dies ist eine problematisch-apodiktische Enuntiation; zu Deutsch, ein Satz, der mit der einen Hand nimmt, was er mit der andern giebt. Und was ist der Sinn dieses so auf der Spitze balancirenden Satzes? – Daß alles Vorstellen ein Denken sei? – Das ist nicht: und es wäre heillos; es gäbe sodann nichts als abstrakte Begriffe, am wenigsten aber eine reine reflexions- und willensfreie Anschauung, dergleichen die des Schönen ist, die tiefste Erfassung des wahren Wesens der Dinge, d.h. ihrer Platonischen Ideen. Auch müßten dann wieder die Thiere entweder auch denken, oder nicht ein Mal vorstellen, – Oder soll etwan der Satz heißen: kein Objekt ohne Subjekt? Das wäre sehr schlecht dadurch ausgedrückt und käme zu spät. Wenn wir Kants Aeußerungen zusammenfassen, werden wir finden, daß was er unter der synthetischen Einheit der Apperception versteht, gleichsam das ausdehnungslose Centrum der Sphäre aller unserer Vorstellungen ist, deren Radien zu ihm konvergiren. Es ist was ich das Subjekt des Erkennens, das Korrelat aller Vorstellungen nenne, und ist zugleich Das, was ich, im Kapitel 22 des zweiten Bandes, als den Brennpunkt, in welchen die Strahlen der Gehirnthätigkeit konvergiren, ausführlich beschrieben und erörtert habe. Dahin also verweise ich hier, um mich nicht zu wiederholen.

      Daß ich die ganze Lehre von den Kategorien verwerfe und sie den grundlosen Annahmen, mit denen Kant die Theorie des Erkennens belastete, beizähle, geht aus der oben gegebenen Kritik derselben hervor; imgleichen aus der Nachweisung der Widersprüche in der transscendentalen Logik, welche ihren Grund hätten in der Vermischung der anschaulichen und der abstrakten Erkenntniß; ferner auch aus der Nachweisung des Mangels an einem deutlichen und bestimmten Begriff vom Wesen des Verstandes und der Vernunft, statt dessen wir in Kants Schriften nur unzusammenhängende, nicht übereinstimmende, dürftige und unrichtige Aussprüche über jene beiden Geistesvermögen fanden. Es geht endlich hervor aus den Erklärungen, die ich selbst, im ersten Buch und dessen Ergänzungen, noch ausführlicher in der Abhandlung »Ueber den Satz vom Grunde«, § 21, 26 und 34, von den selben Geistesvermögen gegeben habe, welche Erklärungen sehr bestimmt, deutlich, aus der Betrachtung des Wesens unserer Erkenntniß offenbar sich ergebend, und mit den im Sprachgebrauch und den Schriften aller Zeiten und Völker sich kundgebenden, nur nicht zur Deutlichkeit gebrachten Begriffen von jenen beiden Erkenntnißkräften völlig übereinstimmend sind. Ihre Vertheidigung gegen die davon sehr verschiedene Kantische Darstellung ist zum großen Theil schon mit der Aufdeckung der Fehler jener Darstellung gegeben. – Da nun aber doch die Tafel der Urtheile, welche Kant seiner Theorie des Denkens, ja seiner ganzen Philosophie zum Grunde legt, an sich, im Ganzen ihre Richtigkeit hat; so liegt mir noch ob, nachzuweisen, wie diese allgemeinen Formen aller Urtheile in unserm Erkenntnißvermögen entspringen, und sie mit meiner Darstellung desselben in Uebereinstimmung zu setzen. – Ich werde bei dieser Erörterung mit den Begriffen Verstand und Vernunft immer den Sinn verbinden, welchen ihnen meine Erklärung gegeben hat, die ich daher als dem Leser geläufig voraussetze.

      Ein wesentlicher Unterschied zwischen Kants Methode und der, welche ich befolge, liegt darin, daß er von der mittelbaren, der reflektirten Erkenntniß ausgeht, ich dagegen von der unmittelbaren, der intuitiven. Er ist demjenigen zu vergleichen, der die Höhe des Thurmes aus dessen Schatten mißt, ich aber dem, welcher den Maaßstab unmittelbar anlegt. Daher ist ihm die Philosophie eine Wissenschaft aus Begriffen, mir eine Wissenschaft in Begriffen, aus der anschaulichen Erkenntniß, der alleinigen Quelle aller Evidenz, geschöpft und in allgemeine Begriffe gefaßt und fixirt. Diese ganze, uns umgebende, anschauliche, vielgestaltete, bedeutungsreiche Welt überspringt er und hält sich an die Formen des abstrakten Denkens; wobei, obschon von ihm nie ausgesprochen, die Voraussetzung zum Grunde liegt, daß die Reflexion der Ektypos aller Anschauung sei, daher alles Wesentliche der Anschauung in der Reflexion ausgedrückt seyn müsse, und zwar in sehr zusammengezogenen, daher leicht übersehbaren Formen und Grundzügen. Demnach gäbe das Wesentliche und Gesetzmäßige des abstrakten Erkennens alle Fäden an die Hand, welche das bunte Puppenspiel der anschaulichen Welt vor unsern Augen in Bewegung setzen. – Hätte nur Kant diesen obersten Grundsatz seiner Methode deutlich ausgesprochen, und ihn dann konsequent befolgt, wenigstens hätte er dann das Intuitive vom Abstrakten rein sondern müssen, und wir hätten nicht mit unauflöslichen Widersprüchen und Konfusionen zu kämpfen. Aus der Art aber, wie er seine Aufgabe gelöst, sieht man, daß ihm jener Grundsatz seiner Methode nur sehr undeutlich vorgeschwebt hat, daher man, nach einem gründlichen Studium seiner Philosophie, denselben doch noch erst zu errathen hat.

      Was nun die angegebene Methode und Grundmaxime selbst betrifft, so hat sie viel für sich und ist ein glänzender Gedanke. Schon das Wesen aller Wissenschaft besteht darin, daß wir das endlos Mannigfaltige der anschaulichen Erscheinungen unter komparativ wenige abstrakte Begriffe zusammenfassen, aus denen wir ein System ordnen, von welchem aus wir alle jene Erscheinungen völlig in der Gewalt unserer Erkenntniß haben, das Geschehene erklären und das Künftige bestimmen können. Die Wissenschaften theilen aber unter sich das weitläuftige Gebiet der Erscheinungen, nach den besondern, mannigfaltigen Arten dieser letztem. Nun war es ein kühner und glücklicher Gedanke, das den Begriffen als solchen und abgesehn von ihrem Inhalt durchaus Wesentliche zu isoliren, um aus den so gefundenen Formen alles Denkens zu ersehn, was auch allem intuitiven Erkennen, folglich der Welt als Erscheinung überhaupt, wesentlich sei: und weil nun dieses a priori, wegen der Nothwendigkeit jener Formen des Denkens, gefunden wäre; so wäre es subjektiven Ursprungs, und führte eben zu Kants Zwecken. – Nun hätte aber hiebei, ehe man weiter gieng, untersucht werden müssen, welches das Verhältniß der Reflexion zur anschaulichen Erkenntniß sei (was freilich die von Kant vernachlässigte reine Sonderung Beider voraussetzt), auf welche Weise eigentlich jene diese wiedergebe und vertrete, ob ganz rein, oder schon durch Aufnahme in ihre (der Reflexion) eigene Formen umgeändert und zum Theil unkenntlich gemacht; ob die Form der abstrakten, reflektiven Erkenntniß mehr bestimmt werde durch die Form der anschaulichen, oder durch die ihr selbst, der reflektiven, unabänderlich anhängende Beschaffenheit, so daß auch Das, was in der intuitiven Erkenntniß sehr heterogen ist, sobald es in die reflektive eingegangen, nicht mehr zu unterscheiden ist, und umgekehrt man che Unterschiede, die wir in der reflektiven Erkenntnißart wahrnehmen, auch aus dieser selber entsprungen sind und keineswegs auf ihnen entsprechende Verschiedenheiten in der intuitiven Erkenntniß deuten. Als Resultat dieser Forschung hätte sich aber ergeben, daß die anschauliche Erkenntniß bei ihrer Aufnahme in die Reflexion beinahe so viel Veränderung erleidet, wie die Nahrungsmittel bei ihrer Aufnahme in den thierischen Organismus, dessen Formen und Mischungen durch ihn selbst bestimmt werden und aus deren Zusammensetzung gar nicht mehr die Beschaffenheit der Nahrungsmittel zu erkennen ist; – oder (weil dieses ein wenig zu viel gesagt ist) wenigstens hätte sich ergeben, daß die Reflexion sich zur anschaulichen Erkenntniß keineswegs verhält, wie der Spiegel im Wasser zu den abgespiegelten Gegenständen, sondern kaum nur noch so, wie der Schatten dieser Gegenstände zu ihnen selbst, welcher Schatten nur einige äußere Umrisse wiedergiebt, aber auch das Mannigfaltigste in die selbe Gestalt vereinigt und das Verschiedenste durch den nämlichen Umriß darstellt; so daß keineswegs von ihm ausgehend sich die Gestalten der Dinge vollständig und sicher konstruiren ließen.

      Die ganze reflektive Erkenntniß, oder die Vernunft, hat nur eine Hauptform, und diese ist der abstrakte Begriff: sie ist der Vernunft selbst eigen und hat unmittelbar keinen nothwendigen Zusammenhang mit der anschaulichen Welt, welche daher auch ganz ohne jene für die Thiere dasteht, und auch eine ganz andere seyn könnte, dennoch aber jene Form der Reflexion eben so wohl zu ihr passen würde. Die Vereinigung der Begriffe zu Urtheilen hat

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