Der neue Dr. Laurin Staffel 1 – Arztroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der neue Dr. Laurin Staffel 1 – Arztroman - Viola Maybach страница 24
In der Kayser-Klinik musste sie nicht lange warten, bis sie aufgerufen wurde.
»Frau Ammerdinger«, sagte Dr. Laurin. »Was führt Sie zu mir?«
»Ich … ich muss mit Ihnen reden, Herr Doktor.«
»Denken Sie, Sie sind schwanger?«
Sie spürte, dass ihr schon wieder die Tränen kamen, weshalb sie sie wegzublinzeln versuchte. »Nein!«, stieß sie hervor. »Und ich werde auch nie schwanger werden!«
Er sah sie fragend an. Ella Ammerdinger war eine ausgesprochen attraktive junge Frau, mit schönen blonden Haaren, großen, veilchenblauen Augen und einer reizvollen Figur. Sie und ihr Mann waren ein noch junges, sehr verliebtes Paar, das häufig Sex hatte, wie ihm seine Patientin mit rosig angehauchten Wangen und glückstrahlendem Blick gestanden hatte. Daran konnte es also nicht liegen.
»Aber bei Ihnen ist alles in bester Ordnung, Frau Ammerdinger, ich habe Sie ja gründlich untersucht. Ihr Mann allerdings … Ich hatte Ihnen ja gesagt, dass er sich ebenfalls untersuchen lassen müsste, wenn Sie weiterhin nicht schwanger werden.«
»Er wird sich nicht untersuchen lassen, er will keine Kinder, nicht nur jetzt nicht, sondern überhaupt nie.«
Leon Laurin schwieg und wartete auf weitere Erklärungen. Ella Ammerdinger war schon länger seine Patientin, und er wusste, wie sehnsüchtig sie sich ein Kind wünschte. Wenn er sie gefragt hatte, wann ihr Mann bereit sei, sich ebenfalls untersuchen zu lassen, hatte sie jedes Mal ausweichend gesagt, er finde es noch zu früh für ein Kind. Mehr Informationen über Florian Ammerdinger hatte er bislang nicht gehabt und angenommen, das Problem werde sich eines Tages auf natürliche Weise lösen. Ein frisch verliebtes Paar dachte ja nicht immer an Verhütung, und dann, so hatte er angenommen, würde Ella Ammerdinger sofort schwanger werden.
Nun stellte sich die Sache mit einem Mal anders dar.
»Das hat er mir schon vor der Hochzeit gesagt, aber ich habe nicht geglaubt, dass er dabei bleibt«, fuhr seine junge Patientin fort. »Wir lieben uns wirklich, Herr Dr. Laurin, nur in diesem einen Punkt können wir uns nicht einigen.«
»Sie verhüten doch, oder?«, fragte Leon.
»Früher ja, aber jetzt verhütet mein Mann«, antwortete Ella zu seiner Überraschung. »Er weiß ja, dass ich gern ein Kind hätte, und da er solche Angst hat, ich könnte eins bekommen, hat er gesagt, er nimmt das lieber selbst in die Hand, damit auch ja nichts schief geht.«
»Das heißt, er vertraut Ihnen nicht?«
»Er will jedenfalls nichts riskieren. Und es kann schon sein, dass ich die Pille heimlich absetzen würde«, gestand Ella. »Aber er verhütet immer, er vergisst es nicht, nicht einmal, wenn es … also, wenn es ziemlich stürmisch zugeht zwischen uns. Ich versuche manchmal, ihm so den Kopf zu verdrehen, dass er die blöden Kondome endlich mal vergisst, aber bis jetzt habe ich das noch kein einziges Mal geschafft.«
»Aber er hat sich nicht sterilisieren lassen?«
Sie sah ihn an, fassungslos. »Nein, jedenfalls hat er davon nichts gesagt«, stammelte sie. »Ich … also … nein, ich denke, das hätte er mir erzählt.«
»Hat Ihr Mann Ihnen gesagt, warum er keine Kinder will?«
Ella schüttelte traurig den Kopf. »Er behauptet, es gibt keinen besonderen Grund dafür, er wüsste nur, dass er ein völlig ungeeigneter Vater wäre, weil er mit Kindern einfach nicht umgehen kann. Dabei stimmt das nicht, ich habe ihn schon manchmal beobachtet, wenn er mit Kindern aus der Nachbarschaft redet. Die mögen ihn alle, aber wenn ich das erwähne, winkt er nur ab und will es nicht hören. Dann sagt er, wenn man mal ein paar Sätze mit Kinder wechselt, kann man das nicht vergleichen mit der Situation, ein Kind großzuziehen und dauerhaft Verantwortung zu übernehmen.«
»Haben Sie denn schon versucht, einmal in aller Ruhe ein Gespräch mit ihm darüber zu führen? Ich meine ein Gespräch, in dem sie ihn um eine Erklärung bitten, damit Sie seine Haltung verstehen können? Und vor allem ein Gespräch, in dem Sie nicht weinen, sondern sich um Gelassenheit bemühen, damit er sich nicht unter Druck gesetzt fühlt?«
»Versucht habe ich es, aber ich kriege es nicht hin. Ich fange immer an zu weinen oder ihm Vorwürfe zu machen, und dann streiten wir. Eigene Kinder sind bei uns das einzige Thema, über das wir streiten.«
»Was erzählt er denn über seine Kindheit und Jugend?«
»Nicht viel, er hat sich nicht besonders gut mit seiner Mutter verstanden, sie haben praktisch keinen Kontakt mehr. Ich habe sie bis heute nicht kennengelernt, sie war auch nicht bei unserer Hochzeit.«
»Und der Vater?«
»Der hat überhaupt keine Rolle in seinem Leben gespielt, die Eltern haben sich früh scheiden lassen.«
»Vielleicht ist der Grund da zu suchen?«
»Danach habe ich ihn auch schon mal gefragt, aber dann winkt er immer gleich ab und sagt, ich soll aufhören, die Psychologin zu spielen. Er würde sich der Vaterrolle einfach nicht gewachsen fühlen, fertig. Bitte, helfen Sie mir, Herr Dr. Laurin!«
»Aber wie? Der Einzige, der Ihnen helfen kann, ist Ihr Mann. Wenn er einmal herkäme, könnte ich versuchen, ihm etwas mehr zu entlocken, aber so …« Leon schüttelte den Kopf. »Es muss Gründe geben für die Selbsteinschätzung Ihres Mannes, und es liegt ja nahe, diese Gründe in seiner Familie zu vermuten. Aber wenn er sich weigert, darüber zu reden und wenn er selbst eine Empfängnis verhütet …«
Ella schlug beide Hände vor ihr Gesicht und brach in Tränen aus. »Dann muss ich mich von ihm trennen«, schluchzte sie. »Aber ich liebe ihn doch so sehr, Herr Doktor!«
Selten hatte sich Leon Laurin so hilflos gefühlt. Hier lag ja kein schwieriges medizinisches Problem vor, das er hätte lösen müssen. Hier ging es um etwas anderes, und noch sah er keine Möglichkeit, seiner Patientin zu helfen.
Dennoch sagte er: »Reden Sie noch einmal mit ihm. Bitten Sie ihn, Ihnen seine Haltung zu erklären. Er ist Ihr Mann, er liebt Sie. Also wird er Ihnen doch offen sagen können, warum er keine Kinder möchte.«
»Ich glaube nicht, dass er das tut«, erwiderte Ella niedergeschlagen. »Ich habe es ja schon öfter versucht. Wissen Sie, was ich mir schon mal überlegt habe?«
»Was denn?«
»Dass ich all seine Gummis durchlöchere und dann abwarte, was passiert, wenn ich gegen seinen Willen schwanger geworden bin.«
»Was denken Sie? Was würde er tun?«
»Sich scheiden lassen«, antwortete Ella nach kurzem Zögern.
»Ich würde Ihren Mann gerne kennenlernen, um mir selbst ein Bild von ihm zu machen, Frau Ammerdinger.«
»Er wird nicht kommen, nie im Leben. Und wenn er wüsste, was ich Ihnen heute alles erzählt habe, würde er es als Verrat ansehen.« Sie lächelte traurig. »Ich befolge Ihren Rat und bitte ihn, offen mit mir zu reden, aber ehrlich gesagt: Ich verspreche mir nichts davon.«
Als sie sich verabschiedet hatte, machte sich Leon nachdenklich ein paar Notizen. So