Die Hölle um Maria Giotti. Robert Heymann
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Читать онлайн книгу Die Hölle um Maria Giotti - Robert Heymann страница 8
Sie folgte Maria bis in den öffentlichen Garten. Um diese Zeit war kein Mensch hier.
Nur ein eleganter Herr ging in sichtlicher Erregung auf und ab. Frieda verbarg sich rasch.
Kaum hatte der Herr die Gräfin gesehen, eilte er ihr entgegen. Sie sank fast in seine Arme. Er küßte sie auf das Haar.
„Liebste! Du Arme! Du siehst aus wie ein Leichnam!“ rief er.
„Ich bin sehr, sehr unglücklich“, erwiderte die Gräfin.
Frieda konnte jedes Wort verstehen. Sie kamen beide ahnungslos näher. Aber sie konnte den Herrn nicht erkennen, sie verwünschte ihre Kurzsichtigkeit.
„Mache dir keine Sorgen“, hörte sie die Gräfin sagen. „Alles wird in Ordnung kommen. Aber du, weshalb bist du gekommen?“
Der Herr ging wieder nervös hin und her. Maria neben ihm. Er schwieg eine Weile. So wandelten sie beide auf und ab, als wollten sie ihrer fiebernden Erregung Luft schaffen.
„Ich habe deinen Expreßbrief bekommen,“ sagte er, „kurz vor der Abfahrt. Du hast auch an Mama geschrieben. Du willst mit den Kindern fliehen? Unglückliche, weißt du nicht, daß dein Mann dich dann ins Verderben stürzen kann mit der Anklage, daß du die eheliche Wohnung verlassen hast? Das Gericht würde die Scheidung aussprechen und dich als Schuldige erkennen. Man würde dir deine Kinder entreißen!“
Aber Maria schüttelte den Kopf. „Das Unrecht ist nicht auf meiner Seite! Mein Mann hat die beschworenen Bedingungen nicht erfüllt. Bin ich da nicht berechtigt, mich zunächst in das Haus meines Vaters zu flüchten?“
Der Herr war anderer Meinung. Sicher ein Advokat, dachte Frieda. Warum aber behandelt er die Gräfin so vertraulich? Und sie ihn? Ein Liebhaber? Sollte die keusche, stolze Gräfin Maria Martini einen Liebhaber besitzen?
Das Gespräch mit dem Fremden wurde unverständlich, Frieda konnte nichts weiter hören. Die Gräfin schien müde, nervös und mutlos zu sein. Sie brach in Tränen aus. Aber dann kamen sie wieder näher.
„Was soll ich tun?“ rief Maria. „Ich habe nicht mehr die Kraft zu kämpfen! Wenn ich nicht für meine Kinder leben müßte, würde ich dieses jammervolle Dasein beendigen!“
Sie standen nun dicht vor Frieda. Die duckte sich hinter einem Rhododendronstrauch.
„Maria,“ stammelte der Fremde, „wie darfst du dich mit solchen Gedanken abgeben! Meine liebe, arme Maria! So weit ist es also gekommen!“ Die Stimme des Fremden klang plötzlich hart, entschlossen und wutentbrannt. „Gut! Machen wir ein Ende! Glaubt er dich schutzlos? Er wird sich irren! Jetzt werde ich eingreifen!“
Sie entfernten sich wieder, Frieda hörte die Gräfin aufgeregt sprechen, ohne den Sinn der Worte zu verstehen. Dann, in die Nähe kommend, wieder den Mann, laut, vernehmlich:
„Ich will sofort mit ihm sprechen!“
Darauf die Gräfin: „Er ist nicht in Venedig. Ich will auch nicht, daß du hier mit ihm zusammenkommst.“
„Dann richte es ein, daß ich ihn an einem anderen Ort treffe!“
„Es hat noch einige Tage Zeit! Wie glücklich bin ich, zu wissen, ich stehe nicht allein auf der Welt! Ihr werdet mir helfen, Ich werde nicht den Mut verlieren!“
„Ja,“ antwortete der Unbekannte, „wir helfen dir! Die Entscheidung muß fallen! Du mußt von ihm befreit werden! Wann ist er in Bologna?“
„Am 28. abends, vielleicht schon am 27.“
„Dieser Schuft!“
Der Wind verwehte das Weitere. Sie hatten sich wieder entfernt, Frieda schlich sich fort und eilte nach Hause. Aber sie kam nicht mehr dazu, dem Herrn zu berichten, was sie beobachtet hatte. Der Graf war für eine Stunde wiedergekommen und dann gleich abgereist. Pichi erzählte, er wollte erst nach Mailand fahren, dann nach Bologna.
„Ich muß dich allein sprechen“, stammelte Frieda, zog ihn in ihre Kammer. „Hat die Gräfin einen Liebhaber?“
„Du bist verrückt! Ich antworte gar nicht auf solche Fragen!“
„Sie hat ein Rendezvous gehabt mit einem Herrn!“
„Sie hat viele Freunde!“
„Du Narr! Sie planen etwas gegen den Grafen! Ich sage dir, sie werden ihn ermorden!“
Pichi tippte dem Mädchen, das als Verleumderin und Zwischenträgerin im ganzen Hause bekannt war, auf die Stirn: „Du hast einen Vogel, Frieda!“
Ohne weiter auf sie zu hören, ging er.
Er fand die Gräfin schon zu Hause. In allen Zimmern wurde fieberhaft gepackt. Maria machte kein Hehl mehr aus ihren Absichten.
Sie floh!
Wohin? Wann?
Niemand wußte Näheres. In die Schweiz, hieß es. Alles war bereit. Die Gräfin wartete nur die ersten Nachrichten ihres Gatten ab, um sicher zu sein, daß er in Bologna angekommen war. Dann wollte sie mit ihren Kindern fort.
Selbst Pichi schüttelte den Kopf. Überlegte, ob er dem Grafen Mitteilung nach Bologna machen sollte. Aber er unterließ es. Die abscheuliche Nachrede Friedas erfüllte ihn mit Ekel. Sollte auch er die Gräfin preisgeben? Sein Herz sprach für sie. Wenn sie den Quälereien ein Ende setzte — er konnte sie nicht tadeln.
Plötzlich erklärte die Gräfin, sie reise nach Rimini. Allein. Für zwei Tage. Die Kinder blieben unter Adeles Obhut.
Pichi war verwirrt. Er wagte einzuwenden: „Wenn der Herr Graf zurückkehrt, die Frau Gräfin nicht vorfindet —“
„Mein Mann ist in Bologna, Pichi! Ich bin rechtzeitig wieder dal“
Er wagte nicht, weitere Fragen zu stellen.
Frieda erzählte ihm, die Gräfin hätte eine Depesche erhalten und sie sofort verbrannt.
Die Gräfin reiste fort, blieb zwei Tage aus, kam zurück. Sie schien verjüngt, war frisch, bester Laune, scherzte den ganzen Tag mit den Kindern. Inzwischen waren fünf Tage seit der Abreise des Grafen Martini verflossen, ohne daß er Nachricht gegeben hätte.
„Ist das Schweigen des Herrn Grafen nicht auffallend?“ fragte Pichi die Gräfin. „Ich sollte doch noch verschiedene Dispositionen von dem gnädigen Herrn erhalten! Das ist noch nie vorgekommen, daß der Herr Graf so lange nichts von sich hören ließ!“
„Warten wir“, antwortete Maria gleichmütig, fast heiter.
Pichi verstand das nicht.
Wußte sie denn etwas? Was wußte sie? Die Bemerkung Friedas fiel ihm ein, die in wenigen Tagen das Haus verlassen sollte. Aber ebenso schnell strich er die abscheulichen Worte dieser Intrigantin aus der Erinnerung.
Doch am nächsten Tage konnte er seine Unruhe nicht