Die Hölle um Maria Giotti. Robert Heymann

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Die Hölle um Maria Giotti - Robert Heymann

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dich, Francesco. Ich will dir antworten. Als ich dich heiratete, sagte meine Mutter: ‚Gehorche deinem Gatten in allen Dingen! In allen!’ — Ich gehorchte. Aber du hast meine Schamhaftigkeit verletzt. Immer wieder. Ich glaubte, die Liebe sei so — —. Aber auch in der Liebe, — dieser Liebe, — gibt es eine Würde. Nicht alles ist erlaubt! Nicht alles Pflicht für die Frau. Das habe ich allmählich begriffen. Hingabe wurde mir zur Marter. Du sagst: Gesetz und Kirche! Du bist der Herr! Ich bin dein Eigen!

      Nein! Francesco. Mag das Gesetz es so wollen: Ich will nicht! Du hast mich wieder zur Rückkehr in dein Haus bewogen, indem du einem Vertrag zugestimmt hast, der mir Sicherheit und Unantastbarkeit durch Eide sicherte.

      Ich ließ dir deine Freiheit. Du willst den Vertrag brechen! Das ist unmännlich! Das macht dich verächtlich!“

      Er schnellt hoch. Er, Martini, Graf Martini, verächtlich!

      „In deiner Familie sind ja die Advokaten zu Hause! Rede nur! Rede! Ich werde handeln! Ich fahre nach Bologna! In einigen Tagen, si! Ich werde die Wohnung dort auflösen. Auflösen! Wir ziehen nach Padua! Nichts mehr von Bologna! Kein Wort mehr! Da wohnt der Herr Papa, der Obermufti! Der Herr Bruder! Die Frau Mama! Man geht täglich mit den Kindern hin. Man hetzt gegen den Aristokraten! Man bringt den Kindern unwürdige Ansichten bei! Man konspiriert in dieser Bürgerstube!

      Schluß! Aus! Ende! Die Wohnung in Bologna wird aufgegeben. Wir ziehen nach Padua: du und ich. Nur du und ich. Sofort nach meiner Rückkehr aus Bologna kommen die. Kinder fort! Jawohl! Ins Internat! Du bist nicht würdig, sie zu erziehen! Schreie! Wüte! Klage an! Der heilige Bischof hilft dir nicht! Auch dein Vater nicht! Kann nicht! Ich bin der Herr! Ich bin der Vater deiner Kinder! Ich habe Freunde! Ich will! Ins Internat kommen sie! Ich will sehen, ob ich dich in Padua nicht zähme, du blasse Lucrezia!“

      Ein höhnisches Lachen, Zuschlagen der Tür.

      Pichi ist vorher schon geflüchtet. Der Graf geht mit dröhnenden Schritten durch die Zimmer. Macht überall Licht. Sieht die junge Köchin Frieda. Den Regenmantel übers Nachthemd geworfen, steht sie da in einem Winkel. Überrascht in ihrer Neugierde, sprachlos vor Schrecken, verlegen sich in den starken Hüften wiegend, lächelnd, mit gespreizten Bewegungen, in komödienhafter Geziertheit, sucht sie die Tür.

      *

      Die Gräfin ist zu ihren Kindern geflüchtet.

      Ninetto, der Kleine, Maria, die Ältere, klammern sich bleich an die heißgeliebte Mutter.

      „Keine Angst! Keine Angst, meine Engelchen“, stammelt die Gräfin. „Ich bin da! Ich kämpfe um euch! Nichts darf euch geschehen! Schlaft still! Schlaft, meine süßen Kleinen!

      Ihre Stimme lullt sie ein. Ihre Augen schließen sich. Sie schlafen. —

      Aber Gräfin Maria schläft nicht. Mit weiten Augen schaut sie ins Dunkel. Horcht auf den Sturm, der wieder eingesetzt hat, macht sich leise frei aus der Umarmung der Kinder. Am Fenster stehend lauscht sie auf das Aufklatschen der Wellen an der Landungstreppe.

      Unendlich traurig ist Venedig im Herbst! Eine weinende Stadt! Venedig ist die einzige Stadt der Welt, die ihr Leid in die Herbstnächte schluchzt — — —

      Am Morgen ist Francesco frühzeitig fort. Maria eilt selbst zur Post und gibt Depeschen auf. Der Tag schleicht bleiern hin.

      „Gnädigste Frau Gräfin,“ sagt Pichi, der Diener, „ich habe alles gehört — ich wollte helfen —! Der Herr Graf hat nicht erst heute nacht den Entschluß gefaßt, nach Padua zu ziehen. Nein! Ich hatte schon längst Auftrag, wenn Sie mit ihm in der Schweiz zur Erholung weilten, die Wohnung in Bologna in aller Stille aufzulösen, die Möbel nach Padua zu schaffen …

      Auch wegen der Kinder verhandelt er schon länger mit Internaten — —“

      „Es ist gut, Pichi! Ich danke Ihnen!“

      „Der Herr Graf darf um Gottes willen nicht erfahren, daß ich …“

      „Keinesfalls, Pichi! Ich danke Ihnen für Ihre Anhänglichkeit.“

      Aber die Ruhe, die Gräfin Maria zur Schau trug, war nicht echt. Die Erklärung des Kammerdieners hatte einen furchtbaren Sturm in ihr wachgerufen. Im ersten Augenblick fühlte sie sich unfähig, etwas zu unternehmen. Wie eine Verratene, wie eine Gefangene ging sie in den Zimmern auf und ab, Selbstgespräche führend. Es war nicht das erstemal, daß Pichi sie über Beschlüsse, ja, über Stimmungen seines Herrn unterrichtete. Es waren immer Schmähungen und Drohungen, Schändlichkeiten, die die Gräfin im Innersten erschütterten.

      Was soll ich tun? Mein Gott, was soll ich tun? stöhnte Maria. Sie hatte auf den Wunsch ihres Gatten den Scheidungsakt zerrissen, der seinerzeit die Grundlage für die endgültige Trennung bilden sollte. Alles mußte nun wieder neu aufgebaut werden. Sie dachte an den Tod — aber der Gedanke an ihre Kinder riß sie sofort wieder in die Wirklichkeit zurück.

      Schließlich nahm sie an ihrem Schreibtisch Platz, ihre Verzweiflung in Briefen auszuschütten. Sie schrieb an die Mutter, an den Vater. Sie schrieb an Freunde in Bologna.

      *

      In der folgenden Nacht kam Francesco nicht nach Hause.

      Aber dann wurde zeitig am Morgen die Glocke gezogen. Ehe Adele noch auf war, stand Frieda schon am Tor. Ein Mädchen wartete draußen. Jung, nicht eben schön, aber sehr freundlich, mit zärtlichen braunen Augen, einem lieblichen Mund.

      „Ich muß die Frau Gräfin sprechen.“

      „So früh? Frau Gräfin schläft noch.“

      „Sagen Sie ihr, die Angelegenheit ist dringend.“

      „Um was handelt es sich?“

      „Ich muß es persönlich ausrichten.“

      „Wen melde ich?“

      „Rosina Bonetti.“

      Mißtrauisch ging Frieda nach oben. Sie haßte die Gräfin. Aus Instinkt. Aus Auflehnung. Aus ihrer sinnlichen Seele heraus. Die Gräfin hatte schon vor längerer Zeit ihre Entlassung verfügt.

      Die Zofe kam Frieda entgegen. Sie mußte berichten.

      „Ich melde Sie“, sagte Adele zu Rosina Bonetti. Wechselte einen raschen Blick mit ihr.

      Mich täuscht ihr nicht, ihr Schlangen, dachte Frieda. Ihr seid im Einverständnis.

      Rosina Bonetti wartete. Die Gräfin kam bald.

      Frieda machte sich im Nebenzimmer zu schaffen. Die Fremde erzählte krauses Zeug. Von einem Kleid, das sie hätte besorgen sollen — sie wisse nicht: grün oder gelb oder schwarz — und wann der Herr Graf nach Bologna komme?

      „Er ist in einigen Tagen dort!“ erwiderte die Gräfin.

      Durch die halboffene Tür sah Frieda, wie die Fremde Maria Martini einen Zettel in die Hand drückte. Die Gräfin öffnete das Papier, las, nickte dieser sonderbaren Rosina lebhaft zu.

      „Wohin? Ins Café Florian?“

      „Nein! In den öffentlichen Garten!“

      „Sage ihm, ich komme“,

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