Rein in die Führung. Susanne Klein
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Den Fokus auf die Lösung legen
Bei jedem Kontakt fokussieren Sie auf die Dinge, die funktionieren, und helfen so Ihrem Gegenüber, die neuronalen Verbindungen dafür aufzubauen. Je mehr Sie über Probleme sprechen, umso mehr bauen Sie an den »Problemautobahnen«. Es geht nicht darum, Schwierigkeiten und Probleme zu ignorieren. Es geht nur darum, den Fokus und die Energie auf die Lösung zu lenken, um Schwierigkeiten und Probleme nicht weiter wachsen zu lassen. Je weniger darüber gesprochen wird, umso mehr verkommen diese Problemautobahnen wieder zu Schotterpisten und es können sich erfolgreiche Verbindungen etablieren. Dieser neuronale Umbau kann schon etwas Zeit in Anspruch nehmen. Es geht also nicht darum, Probleme zu ignorieren, sondern um die Frage, wie man mit Problemen umgehen kann.
Selbst im Coaching gibt es – heute gestützt durch die neuere Gehirnforschung – die Diskussion, ob es sinnvoll ist, mit einem Coachee über Probleme zu sprechen. »Reden über Probleme schafft Probleme« ist die Ansicht einiger modernerer Therapeuten wie zum Beispiel Steve de Shazer. Er sprach immer nur über Lösungen, da er davon ausging, dass man nicht über das Problemverständnis zu einem Ansatzpunkt für Lösungen kommt. Die zentrale Frage ist für ihn nur: Was willst du erreichen? Wenn das Ziel klar ist, ist es fast gleichgültig, woher man kommt. Diese lösungsorientierte Form der Therapie ist zwar sehr umstritten, aber extrem erfolgreich. Sie schließt im Prinzip an Albert Einsteins Philosophie an: »Das Denken, das dich zum Problem geführt hat, bringt dich nicht zur Lösung.«
Die Gehirnforscher geben ihm recht und formulieren heute: Auf der neurologischen Bahn, auf der das Problem gemacht wurde, findet sich keine Lösung. Hierfür brauchen wir eine andere Bahnung.
Fokus 3: Leverage Points in Systemen erkennen
KPIs als Steuerungsmittel
Wenn ein Unternehmen etwas erreichen will, kommt es auf zwei Punkte besonders an. Es sollte die äußeren Prozesse genau kennen und wissen, wie es sich erfolgreich im komplexen Marktgeschehen aufstellen kann. Das ist die Voraussetzung, um in einem zweiten Schritt nach innen zu schauen. Um die enorme Komplexität eines Unternehmens und die Verstärkung dieser Komplexität durch die Interaktion mit dem Markt überblicken zu können, werden in der Regel Key Performance Indicators (KPI) definiert und als Steuerungssystem genutzt. Es gibt für alle Bereiche zahlreiche Indikatoren. Unterschieden wird beispielsweise zwischen verschiedenen Rentabilitätskennzahlen, Liquiditätsgrößen, verschiedenen Betriebsergebnissen, Messkriterien der Kundenbeziehungen, Marketingkenngrößen, unterschiedlichen Gewinnspannen und verschiedenen Prozess-, Projekt-, und Qualitätsmerkmalen.
Die Fülle dieser Indikatoren zeigt, dass die Komplexität des zu steuernden Systems enorm groß und fast unüberschaubar ist. Die Indikatoren stehen nicht nur für sich, sondern beeinflussen sich auch untereinander. Wenn Sie also an einem der Indikatoren etwas verändern, verändern Sie automatisch andere mit – ob Sie das so wünschen oder nicht.
Viele KPIs: komplexe Steuerung
In den verschiedenen Unternehmen wird sehr unterschiedlich mit KPIs umgegangen: Es gibt Unternehmen, die definieren mithilfe der Indikatoren die Prozesse möglichst im Detail, haben konforme und verbindliche Abläufe und bauen ihre strategische Planung auf ihren Quartalszahlen auf. Das sind meist sehr große Unternehmen, bei denen Abteilungen darauf angewiesen sind, Kennzahlen von anderen zu bekommen, um selbst sinnvoll planen zu können. Mittels dieser Kennzahlen beziehen sich also die Bereiche aufeinander. Die Abhängigkeiten beeinflussen das System – eine Steuerung ist komplex.
Je genauer die einzelnen Prozesse definiert sind, umso eher finden sich Redundanzen und Widersprüche. Mathematiker gehen davon aus, dass jede detailgenaue Prozessbeschreibung diese beiden Phänomene hervorbringt. Das heißt, eine genaue Steuerung bleibt unmöglich.
Wenige KPIs: im Idealfall genau und flexibel
Andere Unternehmen definieren nur insgesamt vier oder fünf KPIs. Sie sind davon überzeugt, dass es sich hier um ihre Schlüsselfaktoren handelt, und steuern mit diesen wenigen Kenngrößen ihr System. Auch hinter diesen KPIs stehen komplexere Prozesse. Die Unternehmen sind in einem solchen Fall gut beraten, diese Prozesse so genau wie möglich und gleichzeitig so flexibel wie nötig zu gestalten. Die Steuerung erfolgt in der Regel über regelmäßige Reviews, die mit Reportingsystemen verbunden sind.
Das ist die betriebswirtschaftliche Seite. Nun kommt das Thema Management ins Spiel: Wie werden die KPIs genutzt? Wie werden sie beeinflusst? Welche Hebel kommen infrage?
Schwierige Ausgangslage
Auf diese Fragen gibt es keine so eindeutigen Antworten. Auch wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, macht sich doch eine gewisse Ratlosigkeit breit, wenn es darum geht, diese erfolgreich – in Abhängigkeit zueinander – zu beeinflussen. Der gerade oder direkte Weg ist oft nicht erfolgversprechend. Dafür gibt es im Unternehmen zu viele gegenläufige Interessen. Auch vordefinierte Umwege bringen nicht recht ans Ziel. Die meisten Führungskräfte suchen nach Ansatzpunkten, die mit wenig Aufwand eine große Wirkung entfalten.
Leverage Points nach Meadows
Darum hat sich auch Donella Meadows bemüht. Sie definierte Leverage Points für komplexe Systeme und glaubt hier erfolgreiche Eingriffsmethoden zu finden. Diese Leverage Points sieht Donella Meadows vor allem in folgenden Bereichen: Parameter, interne Prozesse, Feedback Loops, Grad an Selbstorganisation und Fähigkeit zum Paradigmenwechsel.
Ihrer Meinung nach können Menschen intuitiv erkennen, in welchen Bereichen eine Veränderung notwendig ist, um noch erfolgreicher zu werden. Das ist natürlich nicht ganz befriedigend, weil wir lieber mit vordefinierten Prozessen arbeiten. Wir möchten gerne das Gefühl haben, dass wir sicher ans Ziel kommen und auf diese Weise unsere gefühlte Kontrolle (die meist keine echte Kontrolle ist) unterstützen. Je stärker und je erfolgreicher die Veränderung wäre – so Meadows’ Hypothese –, umso mehr wehrt sich das System dagegen. Denn häufig sind es Paradigmenwechsel (die eine neue Form der Haltung und Einstellung fordern), die tatsächlich eine relevante Veränderung erzielen können.
Mit Leverage Points beschreibt Donella Meadows kleine Dinge, die im Vergleich leicht zu verändern sind, die aber eine große Wirkung entfalten können. Damit schließt sie sich an das systemische Denken an, das – ähnlich wie beim berühmten Schmetterlingseffekt – auch davon ausgeht, dass schon kleine Veränderungen eine sehr große Wirkung entfalten können.
Kalkulierbare Instabilität
Was außer KPIs noch wichtig ist
Kennzahlen helfen also nur bedingt weiter. Sie sind eine Art von unternehmerischer Diagnostik und legen auch nahe, in welchen Bereichen eine Veränderung stattfinden muss. Das Management muss dementsprechend in der Lage sein, Muster aus den KPIs herauszulesen. Gleichzeitig bleibt es der Intuition und der Kreativität des Managements überlassen, Punkte zu definieren, die eine große Wirkung erzielen können. Und darüber hinaus muss bei jedem Eingriff ins System bedacht werden, welche Seiteneffekte erzielt werden, die auch dann eintreten, wenn sie unerwünscht sind.
»Jedes hinreichend mächtige formale System ist entweder widersprüchlich oder unvollständig.« (Gödel 1931)
Denken Sie noch einmal an den Wunsch, Prozesse möglichst genau zu definieren, um die KPIs exakt steuern zu können. Sie werden nicht nur feststellen, dass die Prozesse