Der kleine Eheretter. Monika Röder

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Der kleine Eheretter - Monika Röder Carl-Auer Ratgeber

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abwesend und die Mutter mit Sabine und deren kleinen Geschwistern oft allein und völlig überfordert. Sabine musste die Mutter unterstützen und wurde mit ihren eigenen Anliegen und Bedürfnissen nicht gesehen. In emotional bedürftigen Situationen nicht gesehen zu werden und stattdessen das abwesende Gesicht des anderen zu sehen ist für sie zu einem wunden Punkten geworden.

      In der Ehe war das anfangs anders. Bei Franz konnte sie sich verletzlich zeigen und wurde damit als Mensch angenommen. Er stand an ihrer Seite, interessierte sich für sie und gab ihr das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. In den letzten Jahren vermisst sie das und wird darüber immer wütender und bissiger.

      Auch für Franz waren die ersten Jahre mit Sabine erfüllend. Er stammt aus einer sehr leistungsorientierten Familie. Eine Eins in der Schule bedeutete: Ich darf bei Papa auf den Schoß. Eine Zwei brachte noch ein kurzes Lächeln, bei einer Drei wendete der Vater sich ab. Auch bei Sabine spürte er anfangs ihre Bewunderung und fühlte sich zum ersten Mal in seinem Leben okay. Franz hat gelernt, alles zu geben, um sich liebenswert zu fühlen. Doch manchmal klappt es nicht. Er hat gefühlt keine Chance, es reicht nicht, was er gibt, und das ist ein wunder Punkt für ihn geworden. Wenn er dann noch Sabines Wut wahrnimmt, kommt mit der Angst vor Abwertung ein weiterer wunder Punkt dazu. Franz schaltet ab, zieht sich innerlich zurück und wirkt äußerlich unerreichbar.

      In Stress-Situationen gehen Sabine und Franz meist beide in ihre Muster. Es folgt ein wechselseitiges Geschehen, das beim Müllrausbringen oder Tischdecken beginnen und in tagelangem eisigen Schweigen enden kann.

      Wiederholungen in der Ehe

      Die Wissenschaft streitet noch immer darüber, wie groß der Anteil an genetischer Veranlagung versus Sozialisation bei der Ausprägung unseres Verhaltens ist. Fakt ist: Ein großer Anteil dessen, was wir brauchen und wie wir ticken, wurde biografisch geprägt und damit erlernt. Bei Stress gibt es meist eine »Geschichte hinter der Geschichte«. Das bedeutet, dass es zu den heutigen Verletzungen ganz ähnlich gestrickte Erfahrungen auch in der Vergangenheit gibt.

      In der Partnerschaft tauchen unsere frühen Prägungen somit wieder auf. Hier zeigen sich unsere Verletzlichkeiten, hinter denen oft frühere Verletzungen stehen. Der eine reagiert empfindlicher auf einen heftigen Tonfall, der andere dagegen auf Gefühle des Verlassenwerdens und der Nächste auf etwas zu lockere Sprüche. Und hier zeigen sich unsere unterschiedlichen Bedürfnisse: beim einen nach mehr Nähe, beim anderen nach mehr Austausch und Lebendigkeit und beim Dritten nach Harmonie.

      Die Hoffnung auf »Heilung« durch den Partner

      Es liegt in der Natur von Paarbeziehungen, dass wir uns vom Partner bzw. der Partnerin wünschen, der oder die andere möge unsere Bedürfnisse stillen, uns guttun und wir könnten daran wachsen. In guten Zeiten funktioniert das auch meist. Aber in schlechten Zeiten tun wir uns gegenseitig weh. Manchmal triff eine Verletzung auf einen alten wunden Punkt oder ein ungestilltes Bedürfnis von früher. Das löst dann in unserem autonomen Nervensystem – der Steuerungszentrale, die für unsere innere Regulation von Herzschlag, Atmung, Muskelspannung usw. zuständig ist – eine Kettenreaktion aus. Unser innerer Gefahrenscanner, das Früherkennungssystem von Bedrohungen, erkennt das Verhalten als alten Schmerz.

      Wird dieser Automatismus ausgelöst, funktioniert er wie ein innerer Schalter, mit dem körperliche Prozesse wie von selbst auf eine Abwehrreaktion umgeschaltet werden. Das Umschalten nennt man deshalb Trigger. Ein Wort, eine Geste, ein Verhalten hat dann das Potenzial, einen gerade noch freundlichen Menschen mit einem Schnipp in eine plötzlich feindselige Person zu verwandeln. Wie das genau funktioniert, erkläre ich im nächsten Abschnitt.

       Alles Wissenswerte in Kürze

      In den ersten Lebensjahren bildet sich im Gehirn der Prototyp für spätere Beziehungs- und Bindungserfahrungen. Positive Erfahrungen prägen unser Erleben von Partnerschaft ebenso wie ungestillte Bedürfnisse und Verletzungen. Für die wunden Punkte erhoffen wir vom Partner Linderung oder Heilung. Zeigt der aber ein Verhalten, das auf einen wunden Punkt trifft, schaltet unser Nervensystem unwillkürlich um in eine Verteidigungsoder Angriffshaltung.

      Blick nach innen

      Nach jedem Abschnitt haben Sie die Möglichkeit, das Erlernte mit eigenen Erfahrungen zu verknüpfen. Die direkte Auseinandersetzung mit sich selbst, mit eigenen Themen und Erfahrungen fördert die Integration und intensiviert den Lernprozess.

      Wenn Sie keine Lust dazu haben, überspringen Sie den Übungsteil einfach.

       Übung: Reflexion meines eigenen Konfliktverhaltens

      Wie war die Konfliktkultur in meiner Herkunftsfamilie?

      Wie sind meine Eltern als Paar mit Konflikten umgegangen?

      Wie sind beide mit mir als Kind in schwierigen Situationen umgegangen?

      Gibt es weitere prägende Erfahrungen zu Konflikten?

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      Welches Konfliktmuster habe ich ausgehend von dieser Erfahrung selbst entwickelt?

      Mache ich es ähnlich, wie ich es gelernt habe? Oder habe ich eher das Gegenteil entwickelt?

      Welche guten Kompetenzen habe ich in Konflikten?

      Wo bin ich zufrieden mit mir, weil ich eine Kompetenz früh gelernt, gut verinnerlicht oder in späteren Jahren selbstständig entwickelt habe?

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       Übung: Meine wunden Punkte

      Sie haben nun einige Aspekte erwähnt, die Sie im Laufe Ihres Lebens erworben haben. Oft sind es die schwierigen Erfahrungen, die zu »wunden Punkten« und damit zu sogenannten Triggern werden: Das Gehirn erkennt Worte oder ein bestimmtes Verhalten, woraufhin es autonom und automatisch umschaltet auf ein inneres Defensivsystem. Hier haben Sie die Möglichkeit, einige persönliche Triggerpunkte zu identifizieren:

      Welche Worte/welche Verhaltensweisen lassen mich bei meinem Partner/meiner Partnerin automatisch auf Abwehr schalten?

      Welche Worte/welche Verhaltensweisen lassen mich bei meiner Mutter automatisch umschalten?

      Welche Worte/welche Verhaltensweisen lassen mich bei meinem Vater automatisch umschalten?

      Welche Worte/welche Verhaltensweisen lassen mich bei meinen Kindern automatisch umschalten?

      Welche Worte/welche Verhaltensweisen lassen mich beim Sex automatisch umschalten?

      Welche Worte/welche Verhaltensweisen lassen mich bei der Arbeit automatisch umschalten?

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       Nutzen dieser Übungen:

      Reflexionen

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