Thriller Spannung ohne Ende! Zehn Krimis - 2000 Seiten. Alfred Bekker

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Thriller Spannung ohne Ende! Zehn Krimis - 2000 Seiten - Alfred Bekker

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hinaus so etwas wie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. «Lewohlts Bande», wie sie im Präsidium durchaus nicht wohlwollend bezeichnet wurde, hielt durch Dick und Dünn zusammen.

      Lewohlt gähnte verstohlen und betrachtete Karin Rösch, die wie immer in der entferntesten Ecke saß. «Assistentin zur Anstellung» war ihre Dienstbezeichnung, richtiger wäre gewesen: Lehrling. Persönlich hatte er nichts gegen sie, ihn störte nur, daß seinem Referat eine solche Stelle zudiktiert worden war. Ausgerechnet in der Mordkommission sollte ein Anfänger ausgebildet werden, in einer Kommission, die früher stolz darauf gewesen war, die besten Kriminalisten zu versammeln. Wer dorthin berufen wurde, hatte sich anderswo schon ausgezeichnet und besaß das, was er nun blutigen Anfängern beibringen sollte: Menschenkenntnis, Erfahrung, Zähigkeit, Geduld und die Fähigkeit zu kombinieren. Mit ihr kam er noch halbwegs aus, weil sie ein wenig schüchtern war - oder farblos, wie er oft fand dagegen hatte es mit anderen z. A.’s schon einigen Zirkus gegeben.

      In einer melancholischen Stunde hatte er sich gestanden, daß ihn am meisten ärgerte, wie wenig sie aus sich machte, äußerlich und im Umgang mit ihm. Denn sie war weder unansehnlich noch dumm, mit 28 Jahren auch zu alt, ihre Fähigkeiten falsch einzuschätzen.

      Über den Fall Kleinmann wurden nicht viele Worte verloren. Alle Fälle begannen schwierig, und die Bande war stolz darauf, daß ihre Aufklärungsquote weit über 90 Prozent lag.

      Jeden Montag um neun Uhr versammelten sich die Referatsleiter der Fachdirektion I (Kriminalpolizei), der Direktor und die Abteilungsleiter im Großen Sitzungssaal. Ständige Gäste waren die Vertreter der FD ü (Schutzpolizei) und FD üI (Besondere Kriminalität), der Leiter der Abteilung S0K0 (Sonderkommissionen, von denen es nach Lewohlts Geschmack viel zu viele gab), ein Vertreter des Polizeipräsidenten, des Vizepräsidenten, dem dienstrechtlich die «Kriminaltechnische Untersuchung» und der Fachbereich «Elektronik und Dokumentationen» unterstanden, und ein Mitglied der dem Präsidenten direkt zugeordneten Abteilung «Presse und Information» . Wenn Lewohlt diese Menge sah, erfüllte ihn regelmäßige kalte Wut: Offiziere gab’s weiß Gott genug, und von ihren Gehältern hätten die Truppen bezahlt werden können, die ihnen fehlten.

      Unter der doppelflügeligen Tür hielt ihn der Krimirat am Ärmel fest: «Gibt’s was Neues, Herr Lewohlt?»

      Lewohlt schluckte seinen Ärger hinunter. Mit Dr. Georg Wesseling, Kriminalrat und Leiter der Abteilung «Gewaltkriminalität», verband ihn eine innige Abneigung. Das hatte etwas mit dem Altersunterschied zu tun; der Krimirat - wie sein im ganzen Haus bekannter Spitzname lautete - war zehn Jahre jünger als Lewohlt. Das hatte schon mehr damit zu tun, daß Wesseling äußerlich das genaue Gegenteil seines Untergebenen darstellte - sportlich, muskulös, immer makellos angezogen, lebhaft, energisch und von jener nichtssagenden Freundlichkeit, die Lewohlt völlig abging. Das hing aber vor allem damit zusammen, daß Wesseling hundertprozentig hinter der modernen Organisation, der Elektronik und dem neuen Stil stand, während Lewohlt das alles verabscheute.

      «Nein», knurrte er endlich, «nur ein Todesfall gestern. »

      «Sehr schön», freute sich der Krimirat. Opfer interessierten ihn nicht, nur der gute Ruf seiner Abteilung, womit in erster Linie sein eigener Ruf gemeint war. In seiner Gegenwart mußte Lewohlt immer die Zähne fest zusammenbeißen.

      Wie in neun von zehn Fällen hätte man sich auch diese Konferenz schenken können. Eines der höheren Tiere bedauerte, sie hätten jetzt wohl doch organisierte Schutzgeld-Erpressung im westlichen Teil der Innenstadt. Das hätte Lewohlt ihm schon vor Monaten verraten können, aber auch er huldigte insoweit dem neuen Stil, als er sich nur noch um seine Sachen kümmerte und nichts tat, diese nutzlosen Sitzungen durch Beiträge zu verlängern. Als sich die Runde auflöste, hatte er kein Wort gesprochen.

      Fischer hatte eine gute Nachricht fur ihn: «Das Fahrrad ist gefunden worden. Auch über eine Hecke in einen Garten geworfen. Andy und Pedder sind rausgefahren. »

      Der Täter besaß anscheinend wenig Phantasie. «Die Handtasche ist noch nicht aufgetaucht?»

      «Nein. Andy und Pedder sehen sich noch einmal in den benachbarten Gärten um. »

      Karin Rösch las das Protokoll der Vermißtenmeldung, als er zu ihr ins Zimmer polterte. «Interessant, was?» schnappte er in dem mißglückten Versuch, mit ihr einmal freundlich zu reden. Gleichmütig antwortete sie: «Sehr sogar. Die Eltern wissen ungewöhnlich gut Bescheid über den Inhalt der Handtasche. Für eine Siebzehnjährige eigentlich zu gut. »

      Das war ihm noch nicht aufgefallen. «Was schließen Sie daraus?»

      «Daß sie ihre Tochter scharf kontrolliert haben. Außerdem trauen sie ihr nicht ganz.»

      «Wie kommen Sie denn darauf?»

      «Sie haben, bevor sie zum Revier 18 fuhren, festgestellt, daß Martina ihren Paß, ihr Postsparbuch und ihre Sparbüchse nicht mitgenommen hatte.»

      «Gut», lobte er ehrlich. «Dann mal auf!»

      Die Hessenstraße war lang und gesichtslos, weder häßlich noch schön, weder laut noch leise. Die winzigen Bäumchen zwischen den Parkbuchten schienen zu verdursten. Endlose Reihen von vierstöckigen Rotziegel-Häusern erschlugen mit ihrer Monotonie. Die eng beieinander liegenden Haustüren verrieten, daß es sich um winzige Wohnungen handeln mußte.

      Herbert Kleinmann öffnete die Tür. Er war ein auffallend großer, hagerer Mann mit einem länglichen Gesicht, in das sich Mutlosigkeit und Verbitterung eingegraben hatten. Seine Mundwinkel hingen nach unten, als habe er das Lachen verlernt. Der überkorrekte dunkle Anzug mit dem weißen Hemd und der schwarzen Krawatte unterstrich seltsamerweise den Eindruck eines unzufriedenen, gescheiterten Mannes.

      Lewohlt stellte Karin und sich vor. Sie kondolierten, und Kleinmann schien erleichtert, daß sie gekommen waren. Seine Stimme klang tief und heiser.

      Die Wohnung war so klein, wie Lewohlt vermutet hatte, eine winzige Diele, eine noch kleinere Küche, ein Wohnzimmer, in das gerade ein Tisch mit drei Stühlen, eine cordbezogene Couch und ein Sessel paßten. Ein großer, wuchtiger Schrank mit vielen Türen und Glasscheiben nahm die ganze Querwand ein.

      Anna Kleinmann hob mühsam den Kopf. Sie hatte das rotbraune Haar und die dunklen Augen ihrer Tochter; unter anderen Umständen wäre sie eine attraktive Frau gewesen, und auch j etzt noch war Lewohlt von ihrer Schönheit angerührt. Sie trug einen dicken, weißen Bademantel und schien zu frieren, obwohl es heiß und stickig war. Ihre Augen blickten durch sie hindurch, und Lewohlt fragte sich einen Moment beunruhigt, ob sie ihren Schock überwunden hatte. «Sollen wir später noch einmal wiederkommen?» erkundigte er sich leise bei Kleinmann.

      «Nein, wir sind ... wir können reden.»

      Das Zimmer irritierte ihn. Zuerst dachte er, es sei die Enge, aber dann bemerkte er, daß ihn die peinliche Ordnung störte. Es war so aufgeräumt, daß er sich schwer vorstellen konnte, wie Menschen in dieser steifen Nüchternheit lachten. Ärgerlich riß er sich zusammen: «Es tut mir leid, aber wir müssen leider ein paar Fragen stellen.»

      Nach einer langen Pause flüsterte sie: «Ja.»

      «Erzählen Sie uns bitte, was am Freitag passiert ist.»

      Sie sprach wie ein Automat, langsam, jedes Wort wohl verständlich, aber ohne jede Betonung, so, als liefe eine schlechte Bandaufnahme ab. Ihr Blick hatte sich zu Anfang des Gesprächs auf einen Fleck an der Wand gerichtet, an dem sie die ganze Zeit über festhielt, und je länger, desto mehr beschlich ihn der Gedanke, es gebe zwei Anna Kleinmanns - eine, die auf Fragen antworten konnte,

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