Thriller Spannung ohne Ende! Zehn Krimis - 2000 Seiten. Alfred Bekker
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«Ich war nicht da», sagte Kleinmann dumpf. «Ich habe freitags meinen Kegelabend von der Firma aus, und der dauert immer bis gegen elf Uhr.»
Kurz nach sieben Uhr packte Martina Platten zusammen. Sie wollte ihre Freundin Roswitha besuchen und bei ihr Musik hören. Nein, das war gar nicht ungewöhnlich, sie traf sich oft mit Roswitha, die manchmal auch zu ihnen kam, aber selten. Das Fahrrad, ja. Martina sparte gerne das Fahrgeld für den Bus, außerdem fuhr sie gerne Rad, schon lange, seit ihrem zwölften Lebensjahr. Sie war sehr vorsichtig, noch nie hatte sie einen Unfall gehabt. Wann sie zurückkommen werde, hatten sie nicht besprochen. An Werktagen, das war seit langem ausgemacht, mußte sie um zehn Uhr abends wieder zu Hause sein, und wenn es aus irgendeinem Grunde später werden würde, hatte sie immer angerufen. Elf Uhr war die äußerste Grenze, sie war sehr zuverlässig.
Sie hatte aufgeräumt, abgewaschen, etwas Zeitung gelesen, gestopft, ab und zu auf den laufenden Fernseher geschaut. Herbert Kleinmann kam gegen 23.15 Uhr zurück, da war sie allerdings schon unruhig, ja, und dann ... Sie hatten fast die ganze Nacht aufgesessen.
Kleinmann schüttelte unmerklich den Kopf, und Lewohlt schwieg. Karin Rösch konnte den Blick nicht von Anna Kleinmann wenden.
Ja, gegen 19.10 Uhr hatte sie Martina zum letztenmal gesehen und gesprochen. Ihre Stimme brach nicht, aber sie schien zu ersticken.
Am Samstag morgen hatten sie dann das Revier angerufen. Der Mann hatte versprochen, sich bei den Krankenhäusern umzuhören. Gegen Mittag meldete er sich wieder: Martina sei nirgendwo eingeliefert worden. Lewohlt merkte sich das Wort «einliefern»; der Wachhabende hatte sich also nicht nur auf die Krankenhäuser beschränkt, sondern auch die Wachen und Reviere abgefragt. In der Zwischenzeit hatten die Kleinmanns angefangen, Bekannte und Freunde von Martina anzurufen, bis sie sich am Nachmittag entschlossen, Martina offiziell als vermißt zu melden.
Lewohlt wandte sich Kleinmann zu, der steif neben seiner Frau auf der Couch saß. Er hatte an alles gedacht: Bilder, Fahrradausweis, Inhalt von Martinas Handtasche. Gegen 18 Uhr waren sie in die Wohnung zurückgekommen. Das wußte er alles schon aus dem Protokoll, aber verstörte Zeugen mußte man erst einmal reden lassen.
Martina lernte bei der Firma Eibern & Winkler. Nein, sie war noch nie über Nacht weggeblieben. Nein, sie hatte keinen festen Freund. Nein, sie hatte sich die Woche über normal benommen. Auch am letzten Tag war nichts passiert - jedenfalls hatte sie nichts erwähnt. Wie und warum sie in die Kleingarten-Anlage Rothenbruch gelangt war, konnten sich die Eltern nicht erklären. Sie kannten niemanden, der dort einen Garten besaß. Bis jetzt hatte Martina ihnen nie Kummer gemacht. Anna Kleinmann begann zu weinen.
Lewohlt stand auf. Für Fragen war es noch zu früh, schade, aber nicht zu ändern. In der Diele fragte er Kleinmann halblaut: «Darf ich mal einen Blick in Martinas Zimmer werfen?»
«Bitte, ja.» Das Zimmerchen hatte höchstens zehn Quadratmeter. Ein Bett mit einer bunten Tagesdecke, ein Kleiderschrank, ein winziger Schreibtisch, davor ein Polsterstuhl. Auf dem Boden lag ein weißer Zottelteppich, sonst erinnerte es in seiner nüchternen Ordentlichkeit an den Wohnraum. Keine Poster an den Wänden. Auf dem Kopfbrett des Bettes stand ein Radio mit Cassettenteil; einen Plattenspieler entdeckte er auf dem Boden, unter dem Schreibtisch. Eine persönliche Note verrieten nur die kleinen Kakteen-Töpfchen auf dem Fensterbrett.
Kleinmann beobachtete sie düster, und Lewohlt hätte viel für seine Gedanken gegeben. «Ihre Tochter wirkte sehr erwachsen», begann Lewohlt beiläufig.
«Sie war nicht meine Tochter, Herr Kommissar. Anna - meine Frau, hat sie mit in die Ehe gebracht. Ich habe sie später adoptiert.»
«Wußte Martina das?»
«Natürlich.»
Er lauschte dem Tonfall nach. Rechthaberisch und - was? Nörgelnd? «Wohin könnte sie gefahren sein, am Freitag Abend?»
«Wir wissen es nicht. Wir zerbrechen uns schon die ganze Zeit den Kopf, aber wir wissen es einfach nicht.»
«Hatte Ihre Tochter Geheimnisse vor Ihnen?»
«Muß sie ja wohl, nicht wahr?» Jetzt hörte er sich verbittert an, mehr noch, beleidigt. «Aber bis zum Freitag hätte ich geschworen, daß Martina ehrlich und aufrichtig war.»
«Wie hielt Ihre Tochter es mit dem Geld? Gab sie viel aus? Oder sparte sie?»
« Sie war sehr sparsam. Was sie verdiente, durfte sie behalten, und das meiste hat sie gespart.»
«Eine häßliche Frage, Herr Kleinmann, die ich aber leider stellen muß: Ist Martina jemals mit Rauschgift in Berührung gekommen?»
«Nein, nie. Sie rauchte nicht, sie trank nicht. Sie war ein ordentliches Mädchen.»
Bei diesem Ton fröstelte es ihn, aber er ließ sich nichts anmerken. «Wir müssen leider noch einmal wiederkommen, Herr Kleinmann. Aber im Moment wäre es für Ihre Frau zuviel.»
«Ja, ich verstehe.»
Vor der Haustür sagte Karin erleichtert: «Uff.» Weil er sie neugierig anschaute, setzte sie hinzu: «Ich habe da oben keine Luft mehr bekommen.»
«Komisch, dasselbe Gefühl hatte ich auch.»
«Diese Enge. Und alles aufgeräumt, richtig steril. »
«Das hat mich auch gestört. Aber wenn sie sich wohl darin fühlen ... Glauben Sie, daß die Eltern noch mehr wissen?»
Unschlüssig wiegte sie den Kopf: «Er war sehr entschieden.»
«Etwas zu sehr für meinen Geschmack. Ein ordentliches Mädchen.»
Schweigend fuhren sie zum Hauptbahnhof.
Das Non-Stop-Kino lag auf einer Galerie in halber Höhe der Halle, und hinter der Kasse buchstabierte ein alter Mann, der sich dringend hätte rasieren müssen, Zeile für Zeile seine Zeitung. Ohne hochzuschauen schob er zwei Eintrittskarten durch den Ausschnitt der Glasscheibe. «He, Sie», klopfte Lewohlt hart gegen das Fenster. Der Alte drehte widerwillig den Kopf und bleckte eine Reihe schwarz-gelber Zähne. «Wat soll...»
Lewohlt hielt ihm den Ausweis hin: «Kriminalpolizei. Wir brauchen eine Auskunft.»
«Häh? Wat denn?»
«Wann ist diese Eintrittskarte verkauft worden? Und an wen?» «Weiß nicht», schnaubte der Alte, ohne einen Blick auf die Karte zu werfen, die Martina in der Brusttasche ihrer Bluse gehabt hatte. Lewohlt holt tief Luft: «Okay, machen Sie sich fertig, jawohl, sofort, Sie müssen mit aufs Präsidium.»
«Häh, dat geht nicht. Und wer kassiert hier?»
«Machen Sie die Bude dicht. Los, beeilen Sie sich, ich habe nicht ewig Zeit.»
«Moment, Moment!» Jetzt wurde