Western Sammelband 4 Romane: Wo die Wölfe warten und andere Western. Alfred Bekker

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Western Sammelband 4 Romane: Wo die Wölfe warten und andere Western - Alfred Bekker

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      13

      Grainger fuhr aus dem Schlaf hoch. Hufschlag entfernte sich. Es war lausig kalt geworden. Die Glut des Feuers war erloschen. Am Horizont dämmerte der neue Tag herauf. Er langte neben sich unter die Decke, aber da war nichts. Kein wärmender Frauenkörper, der sich liebeshungrig an ihn schmiegte.

      Grainger war sofort hellwach.

      Er sprang auf und sah sich um. „Lorraine?“ Nichts. Ihr Pferd war weg, ihre Felle ebenfalls. Mondblüte war davon geritten. Auch sein Schimmel war nicht mehr am Lagerplatz zu sehen.

      Er zog sich an. Dunkel erinnerte er sich daran, dass sie ihm nach ihrem hitzigen Liebesspiel noch ein wärmendes Getränk zubereitet hatte. Ein besonderes Rezept der Pawnees, hatte sie gesagt. Ein Schlafmittel war es gewesen, der Teufel sollte sie holen!

      Er lauschte. War es nicht der Hufschlag von zwei Pferden, der in der Ferne verklang? Natürlich: Mondblüte hatte den Schimmel einfach mitgenommen. Offenbar wollte sie sicher gehen, dass er ihr nicht folgte. Er stieß einen Fluch aus. Als er sich nach seinem Waffengurt bückte, merkte er, dass sie nicht nur sein Pferd gestohlen hatte: Auch sein Remington, sein Patronengurt und seine Winchester waren verschwunden.

      „Zum Glück hat sie mir wenigstens die Kleider gelassen“, knurrte er. Grainger war sauer. Er rollte die Decke zusammen und machte sich zu Fuß auf den Weg Richtung Bear River City.

      Nach ein paar Meilen lief ihm der Schimmel entgegen. Die Winchester steckte im Scubbard, der Revolvergurt hing über dem Sattelknauf. Grainger schüttelte den Kopf und grinste. Mondblüte wollte einen Vorsprung, weiter nichts. Aus welchem Grund wohl?

      Grainger schwang sich in den Sattel und ritt nach Bear River City. Als er die Stadt wenige Stunden später erreichte, glich die Main Street einem Schlammbad.

      Der Schimmel sank bis über die Fesseln ein. Für ein Fuhrwerk wäre es völlig unmöglich gewesen, vorwärts zu kommen. Schneematsch bedeckte die Dächer und tropfte an den Seiten herunter. Es war kaum jemand auf den Sidewalks zu finden, dafür tönte um so lauter die Musik und das Stimmengewirr aus den zahlreichen Saloons.

      Grainger lenkte sein Pferd zunächst zum größten Drugstore der Stadt. Er gehörte einem gewissen Charles Blackstone. Dieser Name stand zumindest über dem Eingang.

      Eine Glocke läutete, als Grainger eintrat. Der Besitzer stand hinter dem Tresen. „Was wünschen Sie?“

      „Munition und Vorräte“, antwortete Grainger.

      Sein Blick glitt zur Seite auf einen Stapel von Fellen. Vom Biber bis zum Bären war alles dabei, was sich gut verkaufen ließ. Die Stücke waren von exzellenter Qualität, das sah Grainger auf den ersten Blick.

      „Die Pelze habe ich gerade frisch hereingekriegt“, berichtete Blackstone. „Sie scheinen sich dafür zu interessieren! Sie stammen aus den Beständen von Caleb Jackson! Der Name bürgt für Qualität. Er hatte bei mir immer einen Lagerraum angemietet, um seine Ware unterbringen zu können. Seine Tochter war heute Mittag hier und hat den gesamten Bestand an mich verkauft und sogar noch frische Ware mitgebracht.“

      „Ist Morgenblüte noch in der Stadt?“

      „Das glaube ich kaum. Sie hatte es sehr eilig.“ Blackstone zuckte mit den Schultern. „Mit dem alten Jackson scheint es auch bergab zu gehen, sonst hätte er seine Tochter sicher begleitet. Ich habe ihn noch gekannt, bevor er diese Pawnee-Frau heiratete. Ihren Tod hat er nie verwunden. Danach ist er ziemlich wunderlich geworden. Ein misstrauischer Menschenfeind.“ Blackstone seufzte. „Man kann es verstehen.“

      „Was ist passiert?“

      „Ein Betrunkener hat drüben im Saloon The Longest Branch herumgeballert, als Jackson in die Stadt kam. Dabei ist seine Frau ums Leben gekommen. Seine Tochter war noch klein. Um ein Haar hätte es auch das Kind erwischt. Und das Schlimme: Der Kerl ist nie vor Gericht gekommen, denn für den damaligen Marshal war nur ein toter Pawnee ein guter Pawnee.“

      „Böse Geschichte“, murmelte Grainger.

      Er ließ sich die Munition und die Vorräte einpacken und ritt hinüber zu dem Salon, mit dem Namen The Longest Branch. Hier sollte er die Kontaktperson finden, deretwegen er nach Bear River City gekommen war, die Hure, von der im Telegramm verschlüsselt die Rede gewesen war.

      Er befestigte die Zügel am Hitchrack, stieg auf den Sidewalk und ließ die Schwingtüren zur Seite fliegen. Im Schankraum spielte ein Mann mit einem Zylinder auf einem verstimmten Klavier. Ein paar Girls versuchten die Gäste dazu zu animieren, ihnen einen Drink auszugeben oder mit ihnen in eines der Zimmer im Obergeschoss zu gehen.

      Der Salooner war fast zwei Meter groß und breischultrig, ein Hüne von einem Mann. Seine Stirn war kahl, die Arme so muskulös, wie bei anderen Männern die Oberschenkel. Doch sein Gesicht erschien Grainger gutmütig, fast weich.

      Der Mann der U.S. Government Squad bestellte einen Whisky. Der Salooner schenkte ihm ein. „Wo finde ich eine gewisse Rossita?“, erkundigte sich der Mann der U.S. Government Squad.

      „Rossita trifft sich nur mit Gentlemen, mit denen sie sich vorher verabredet hat“, erklärte der Salooner.

      „Sagen Sie ihr, dass Grainger angekommen ist.“

      Der Salooner schickte eines der Girls hinauf ins Obergeschoss. „Einen Moment“, sagte er an Grainger gewandt. Sein abschätzender Blick taxierte den Fremden. „Allerdings sehen die meisten von Rossitas Kunden erheblich eleganter aus als Sie, Grainger!“

      „Was Sie nicht sagen.“ Grainger gab sich gleichgültig. Er schnupperte an seinem Whisky.

      Wenig später kam das Girl zurück. Sie ging zu dem Salooner und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er nickte knapp, und wandte sich dann an Grainger. „Gehen Sie rauf. Rossita erwartet Sie in Zimmer 12!“

      „Danke.“ Der Mann von der U.S. Government Squad leerte sein Glas und zahlte.

      Der Salooner ließ erst die Fingergelenke knacken und verschränkte dann die Arme so gekonnt vor der Brust, dass seine Oberarmmuskeln den Stoff seiner Hemdsärmel spannte. „Wenn Sie Ärger machen, bekommen Sie es mit mir zu tun, Grainger!“

      „Schon klar!“

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