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Leila stand auf und ging zur Tür. Sie hatte den Kopf erhoben und würdigte ihn keines Blickes.
Der Leutnant lächelte. Er wusste, dass unter ihrer Maske die nackte Angst lauerte. „Dort entlang“, sagte er.
In dem langen Mittelgang der Baracke hielten sich einige Soldaten und Zivilisten auf, die sie neugierig musterten. Sie hörte sogar einen bewundernden Pfiff. Der Leutnant fuhr sofort herum, aber es war unmöglich, den Missetäter zu entdecken.
Am Ende des Ganges öffnete ihnen ein Posten die Tür, und sie betraten einen großen Raum, in dem sich zwei Männer aufhielten.
Der eine war Major Assad. Er saß in einem Schaukelstuhl und strich sich mit abgemessenen Bewegungen über den schmalen Bart. Den anderen Mann hatte Leila noch nicht gesehen. Er trug keine Uniform. Er lehnte an einem Metallschrank und betrachtete sie aufmerksam mit seinen hellen Augen, die von buschigen Brauen geschützt waren. Sein Alter war schwer zu schätzen, aber er war bestimmt um die Vierzig.
Eines war sicher: Araber war er nicht.
Der Major deutete mit einer lässigen Handbewegung auf einen Stuhl, und Leila setzte sich. Dann schickte er den Leutnant mit einem Wink hinaus. Für einen Moment herrschte gespanntes Schweigen, das nur vom Knarren des Schaukelstuhls unterbrochen wurde.
„Leila Khalef“, sagte Major Assad schließlich und blickte sie an. „Ich habe Ihren Vater gekannt. Damals war ich noch ein junger Offizier. Er war ein bedeutender Mann. Aber ich hörte, dass er später auf dumme Gedanken kam. Er wurde zum Verräter.“
„Mein Vater war kein Verräter“, stieß sie heftig hervor.
Der Major lächelte. „Sie sind zu jung, um das beurteilen zu können. Es ist nicht alles so, wie es scheint. Und wer sich mit der Politik abgibt, muss sich an gewisse Spielregeln halten. Oder auch nicht, aber dann trägt er das Risiko.“
Sie sah, wie er einen schnellen Seitenblick zu dem anderen Mann warf, der das Gespräch offensichtlich nur bruchstückhaft verstand.
„Sie begreifen nicht, worum es geht“, sagte Major Assad gerade. „Und Sie finden es wahrscheinlich schick, die Mata Hari zu spielen. Hoffentlich ist Ihnen klar, worauf Sie sich da eingelassen haben. Wenn Sie sofort mit mir zusammenarbeiten, kann ich wahrscheinlich etwas für Sie tun. Sonst … Er breitete theatralisch die Arme aus.
Leila versteifte sich und starrte ihn an. „Was wollen Sie von mir?“, flüsterte sie.
Der Major zündete sich umständlich eine Zigarette an. Dann hielt er ihr die Packung hin, doch sie schüttelte den Kopf.
Assad lachte und sprach zu dem anderen Mann ein paar Worte, die sie nicht verstand. Es schien eine slawische Sprache zu sein. Vermutlich russisch. Leila dachte an den Frachter, der draußen vor der Küste lag.
„Wissen Sie, was das hier ist?“, fragte der Major mit einer ausholenden Handbewegung. „Das möchten Sie wohl gern wissen“, fuhr er fort, als sie leicht den Kopf schüttelte. Er beugte sich vor. „Sehen Sie, ich könnte es Ihnen sagen. Es würde Ihnen nichts mehr nützen, denn Sie sind eine Spionin, und man wird Sie hinrichten.“
Er machte eine wirkungsvolle Pause, und Leila spürte, wie sich eine eiserne Klammer um ihre Brust legte und ihr die Luft abschnürte. Ihr wurde bewusst, dass sie in Lebensgefahr schwebte, auch wenn die Atmosphäre in diesem Raum davon nichts verriet. „Sehen Sie, die Beweise sind eindeutig. Sie haben in einem militärischen Sperrgebiet fotografiert, Ihre Ausrüstung ist nicht gerade die einer Touristin.“
Er warf einen Blick zu dem kleinen Tisch, und sie erkannte den Inhalt ihrer Tasche.
Major Assad fuhr fort. „Ich möchte von Ihnen wissen, wer Sie hierher geschickt hat und wie Ihr Auftrag lautet. Wir überlegen uns, wie Sie den Schaden, den Sie dem syrischen Volk zugefügt haben, wieder gutmachen können. Wenn Sie zu unserer Zufriedenheit mit uns zusammenarbeiten, wird Ihnen nichts geschehen.“
Leila hatte aufmerksam zugehört und nickte langsam. Sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatte, als auf dieses Spiel einzugehen. Und sie ahnte, dass sie auch dann verloren war, wenn sie auf alles einging, was der Major von ihr wollte.
Assad beugte sich vor. „Na? Sind Sie zu einem Entschluss gekommen? Ich weiß nicht, was es da lange zu überlegen gibt.“
Leila nickte entschlossen. „Ich werde mit Ihnen zusammenarbeiten.“
„Na, also.“ Major Assad wechselte mit dem anderen Mann einen kurzen Seitenblick.
„Die erste Frage: Wer ist Ihr Auftraggeber?“
Leila hatte die Hände ineinander verschlungen und starrte auf den schmutzigen Fußboden der Baracke. „Die Amerikaner.“
In Major Assads Stimme lag ein gefährlicher Unterton. „Ich warne Sie! Das muss schneller gehen. Dass Sie für die Amerikaner arbeiten, war uns klar. Die Beweise sind schließlich nicht zu übersehen. Aber ich möchte wissen, wer Ihr Führungsoffizier ist, wer Sie angeheuert hat, wie Ihre genauen Aufträge sind und so weiter. Also, reden Sie!“
„Ich kenne den Mann nur unter dem Namen Smith. Das ist bestimmt nicht sein richtiger Name. Er ist Angestellter der amerikanischen Botschaft. Meistens habe ich nur brieflich oder telefonisch mit ihm Kontakt aufgenommen, wir haben uns nur sehr selten getroffen. Das war ihm zu gefährlich.“
Major Assad nickte. „Wir werden Ihnen später Fotos zeigen, auf denen Ihr Mister Smith mit Sicherheit zu finden ist. Dann wissen wir genau, wer es ist. Aber weiter, wie lange arbeiten Sie schon für die Amerikaner?“
Leila senkte wieder den Kopf. „Noch nicht lange. Das war mein erster Auftrag. Alles andere war harmlos, das hätte jedes Kind erledigen können.“
Assad warf seinem Kollegen einen amüsierten Blick zu und sagte einige Worte in der fremden Sprache, worauf der andere Mann leicht grinste. Dann wandte sich Assad wieder an Leila. „Wusste Mister Smith schon, was es hier zu sehen gibt, als er Ihnen den Auftrag gab, bei uns zu spionieren?“
Leila schüttelte den Kopf. „Nein. Man sprach in der Gegend darüber, dass hier ungewöhnliche Dinge geschehen. Ich hörte davon und bekam den Auftrag, herauszufinden, was hier vor sich geht.“
„Und Sie hatten bis jetzt noch keine Gelegenheit, Ihre Beobachtungen weiterzugeben?“
„Nein. Ihre Leute haben mich ja schon in den ersten Minuten erwischt.“
Major Assad stand auf, ging um den Tisch herum und baute sich vor ihr auf. „Ich glaube, Sie haben bis jetzt die Wahrheit gesagt. Wir müssen das natürlich nachprüfen. Dann werden wir uns überlegen, ob wir mit Ihnen zusammenarbeiten können. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen wir Sie unter Aufsicht behalten. Das verstehen Sie sicher.“
Leila blickte den Major erwartungsvoll an. Seine Stimme hatte ruhig und vertrauenswürdig geklungen. Sie glaubte ihm.
Sie stand auf, als er nach der Wache rief, und