Die Fahrt der Steampunk Queen. Группа авторов

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Die Fahrt der Steampunk Queen - Группа авторов

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Borosilikatglas direkt eingeschmolzen. Die Glas-Metall-Verbindung ist extrem dicht. Der vakuumierte Innenbereich ist kleiner als man denkt, das Glas dafür umso dicker. Können Sie sich vorstellen, wie schwierig es war, das Neuronat darin zu etablieren?«

      »Was, bei allen besoffenen Klabautermännern, ist ein Neuronat?«, fragte der Steuermann verblüfft.

      »Ich habe Lady Summer von Santiago Felipe Ramón y Cajal berichtet«, sagte Alan Stevenson. »Der Arzt hat die Struktur der Nervenzellen im menschlichen Gehirn entschlüsselt. Die Wolframfäden bilden dieses unglaublich komplizierte Netzwerk nach. Wussten Sie, dass im Gehirn etwa hundert Milliarden dieser Zellen existieren? Es gibt erste wissenschaftliche Vermutungen, dass das der Anzahl der Sterne in der Milchstraße entsprechen könnte. Eine geradezu monströse Zahl, nicht?

      Mein System bildet diese Komplexität nach. Es wird künstliche Erinnerung möglich machen. Sie können alles einspeisen, was sie wollen: Karten, Entfernungen, Koordinaten – was sie eben benötigen. Der Denkballon wird es reproduzieren. Sie müssen das entsprechende Material zwischen diese drei magnetisierten Pole legen.«

      »Weshalb drei?«, wunderte sich de Breukelen. »Magnete besitzen nur zwei Pole.«

      Stevenson lächelte anerkennend. »Gut mitgedacht. Aber wir benötigen drei Pole, um Dreidimensionalität zu erzeugen. Das funktioniert sogar bei gedruckten Karten, wenn auch nicht optimal. Sie werden durch ein dreidimensionales Modell der Umgebung steuern können.«

      De Breukelen war beeindruckt. Sollte Stevenson recht behalten, war dies revolutionär.

      »Ein Denkballon!«, murmelte er andächtig. »Künstliches Denken. Kein Wunder, dass Lady Summer Ihnen die Erlaubnis gab. Wir sind stolz auf die Queen. Sie besitzt Zweifachexpansionsdampfmaschinen und die wunderbarsten, exzentergesteuerten Radschaufeln. Rohrpost in jeder Kabine … aber das!«

      Stevenson legte einen rot gefärbten Kippschalter um.

      »Wollen Sie es testen?«

      De Breukelen reichte ihm eine Karte des Seegebietes um Greenock bis hinunter zum Firth of Clyde.

      Stevenson lächelte. »So vorsichtig? Die Kapazität reicht für sehr viel mehr …«

      De Breukelen hob entschuldigend beide Hände. »Überzeugen Sie mich, dann werde ich Ihrem Denkballon mehr zu futtern geben, als er verdauen kann.«

      Vorsichtig legte Stevenson die Karte in die Mitte der drei Pole zwischen eine Eisen- und eine Kupferplatte, etwa fünf Zentimeter darüber. Sie waren über eine Zahnradschiene in der Höhe verstellbar. Es knisterte, dann zuckten bläuliche Elmsfeuer über die Platte und über die Karte.

      In diesem Augenblick kam es zur Katastrophe. Ein Blitz fuhr aus den Gewitterwolken in die Halle hinab und schlug in die vier Spannungsabnehmer. Weißes Licht und Donner tobten sich gleichzeitig aus. Die Kabel leiteten den Strom ins Schiff. Zehn Millionen Volt und hunderttausend Ampere – eine Hölle aus Energie. Hölzernes Bersten und metallisches Kreischen drang durch den Lärm der Werft. Dazu etwas wie ein Schrei.

      Hoffentlich sind die Schaufelräder unbeschädigt!, schoss es de Breukelen durch den Kopf. Geblendet taumelte er zurück und klammerte sich dann krampfhaft ans Steuerruder. Es stank. Ozon lag in der Luft. Zerschmetterte Sauerstoffmoleküle, die sich zu ihren abartigen Dreierkonstellationen verbanden. Rauch von brennendem Holz und der erstickende Geruch von glühendem Metall mischten sich darunter.

      De Breukelen rang nach Luft. Er hustete. Seine Haut, besonders die Fingerspitzen kribbelten widerwärtig.

      Nur langsam kehrte das normale Bild der Welt zurück. Der Steuermann blinzelte.

      Alan Stevenson war verschwunden. Aufgelöst. Verkocht. Vaporisiert.

      Der Glasballon hatte sich dunkel verfärbt, als habe sich von innen Ruß an die Hülle angelagert, schwarz wie das Innere eines Krematoriums.

      Die einzige Spur von Stevenson war ein undeutlicher, grünlicher Schatten auf der Eisenplatte: ein Handabdruck.

      29. April 1920

      Cairngaan, Wigtownshire, nördlich des Mull of Galloway

      15:07 Uhr

      Das Schiff stampfte und rollte. Wellen und Brecher schlugen gegen den Rumpf. Gischt spritzte und in den wilden, heulenden Böen ging jedes Wort unter.

      Sie hält sich gut!, dachte de Breukelen beeindruckt. Raddampfer wie die Queen waren naturgemäß sehr viel stabiler und leistungsfähiger als die historischen Vorgänger, aber Hochseeschiffe waren sie nicht. De Breukelen hatte von einem französischen Schiffsbauer gehört, der das ändern wollte, aber die Robur würde erst in einigen Jahren gebaut werden können. Noch beschäftigte man sich in Saint-Nazair, in den Chantiers de l'Atlantique, den Atlantikwerften, mit den enormen Schwierigkeiten der Rumpfkonstruktion. Ob man dann allerdings einen Transatlantikverkehr würde aufbauen können, wie man seit der Ankunft von John Scott hoffte, bezweifelte er. Scott war von Greenock nach Saint-Nazair gegangen und hatte das Ingenieurswissen mitgenommen.

      Es bleibt spannend … aber auf jeden Fall sind die Franzosen im Hintertreffen, dachte er zufrieden. Hätten vielleicht bei ihrem Cognac bleiben sollen.

      Gordon MacKeldeys Schwindsucht hatte sich verschlimmert, nachdem ein Brecher den Mann durchnässt hatte. Das eiskalte Wasser des Firth of Clyde war Gift für ihn. De Breukelen gab ihm noch einige Wochen, maximal ein Vierteljahr. Dass der Tod MacKeldeys Namen ausgesprochen hatte, wusste jeder, der ihn ansah.

      »Muir Éireann … zum Teufel damit!«, knurrte De Breukelen verbittert. »Kann was Gutes dabei rauskommen, wenn die verdammten Iren mit drinstecken? Irische See … ich lach mich tot! Aber für das verdammte Sauwetter wär's eine Erklärung.«

      Es war kurz nach drei Uhr nachmittags, aber so dunkel, wie zur Mitternacht. Ein Blitz zuckte weißviolett quer über den Himmel und beleuchtete die Küste, die für De Breukelens Geschmack viel zu nahe kam. Sie standen auf der Höhe von Wigtownshire, am Leuchtturm von Cairngaan, genauer gesagt des Mull of Galloway.

      Außer dem Leuchtturm gab es dort nichts zu sehen und in diesem Moment machte das Leuchtfeuer keine Ausnahme. Mehr als ein müdes Flackern drang nicht durch Nebel, Wolken und Regen.

      De Breukelen fluchte wie ein Rohrspatz. Er konnte sich vorstellen, wie Lady Summer und ihre Mutter, deren Gesundheit ohnehin angegriffen war, in ihrer Kabine durchgerüttelt wurden. Die Eignerin hatte sie gegen die Empfehlung des Kapitäns an Bord gebracht, zusammen mit ihrer eigenen Krankenschwester. Einem aparten, dunkelhaarigen Ding namens Ann, das bereits eine halbe Stunde nach dem Auslaufen intensive Bekanntschaft mit der Reling gepflegt hatte. De Breukelen hatte sich zwar amüsiert, aber doch Mitleid mit ihr gehabt. Grün stand der Schwester nicht besonders.

      »Immerhin haben die Fische ein wenig profitiert«¸ murmelte De Breukelen. »Jedem das seine …«

      Die Queen kämpfte sich mit ihren beinahe siebenunddreißig Metern Länge durch eine wüste Strömung.

      Hältst dich gut, Kleine!, dachte der Steuermann.

      Die Meldungen aus dem Maschinenraum waren beruhigend. Die beiden Dampfmaschinen taten ihren Dienst ohne Wenn und Aber. Allerdings ging das Zischen der Ventile im Lärm des Unwetters unter.

      »Das wär’ etwas für den Cousin dieses versponnenen Ingenieurs

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