Golf von Neapel Reiseführer Michael Müller Verlag. Andreas Haller
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Parco Archeologico di Posillipo
Die Villa des begüterten Römers Publius Vedius Pollio aus dem 1. Jh. v. Chr. (Villa Pausilypon) gehört trotz der nicht einfachen Erreichbarkeit zu den lohnenswerten Zielen am Posillipo-Hügel. Einen Paukenschlag landet gleich zu Beginn ein 770 m langer Zugangstunnel − die Grotta di Seiano. Er bildet den einzigen Zugang zum antiken Areal, das auf diese Weise entrückt den Golf von Neapel überblickt. Neben Grundmauern von Wohnhäusern sind Reste eines Theaters zu begutachten, das einmal rund 2000 Zuschauer fasste. Nach seinem Tod vererbte der Eigentümer die Villa „Sorgenfrei“ dem Kaiser Augustus. Heute ist der Landschaftspark ein integraler Bestandteil des Parco Sommerso di Gaiola, der die Küste unterhalb der Villa unter gesonderten Schutz stellt. Das Küstenschutzgebiet umfasst auch die Unterwasserfauna und -flora, zudem fand man Spuren römischer Hafenanlagen am Meeresgrund. Ein Besucherzentrum organisiert Bootstouren und Schnorchelexkursionen (→ Aktivitäten).
♦ Zugang im Rahmen einer Führung nach Voranmeldung (1:30 Std.). Di−Fr 12, So 10, 11 und 12 Uhr. 6 €, erm. 3,50 €. Unbedingt den Personalausweis mitbringen! Discesa Coroglio 36 (ANM-Bus C 1 vom Bhf. Campi Flegrei), Tel. 328-5947790, www.gaiola.org.
Città della Scienza
Das verwahrloste Industrierevier am Rand der Bucht von Pozzuoli wäre normalerweise keinerlei Erwähnung wert − gäbe es da nicht das Science Center, das auf die Zielgruppe Familie mit Kindern zugeschnitten ist. Ausstellungen und interaktive Mitmachstationen regen an, über die Themen Meeresbiologie, Klimawandel, Licht, technische Innovationen made in Italy sowie die menschliche Anatomie nachzudenken. Ein Planetarium, Events und ein ohne Ticket zugängliches Café-Restaurant runden das Angebot ab.
♦ Mo−Sa 9−17, So 10−18 Uhr. 10 €, erm. 7 € (Science Center), 5 € (Planetarium). Via Coroglio 57−104 (Bus 607 oder C 1 vom Bhf. Campi Flegrei), www.cittadellascienza.it.
Archäologisches Nationalmuseum
Der wuchtige Palazzo am Rande der Altstadt wurde 1585 vom spanischen Vizekönig als Reiterkaserne geplant und diente in der Folge zunächst als Internat der Universität Neapel (Palazzo degli Studi). Ende des 18. Jh. betrauten die Bourbonen Ferdinando Fuga mit dem Umbau des Gebäudes zum Universalmuseum.
Antikes Medusenhaupt als Mosaik
Heute beherbergt der Palazzo eine der bestbestückten Antikensammlungen der Welt und ist deshalb eine Pflichtanlaufstelle kulturinteressierter Reisender. Wer die Skulpturen, Mosaike und anderen Exponate, die auf einer Fläche von über 12.000 m2 präsentiert werden, in gebotener Tiefe betrachten möchte, sollte für den Besuch einen kompletten Tag einplanen! Der gezeigte Bestand speist sich aus zwei historischen Sammlungen: zum einen der Sammlung Farnese im Erdgeschoss, zum anderen den Funden aus den bekannten Ausgrabungsstätten Pompeji und Herculaneum, die im Obergeschoss präsentiert werden. Beide Etagen sind durch eine doppelläufige Treppenhausempore (Scalone monumentale) miteinander verbunden. Ebenfalls vom Treppenhaus zugänglich ist das Zwischengeschoss mit den römischen Mosaiken. Außerdem befinden sich hier Exponate aus dem sog. Geheimkabinett (Gabinetto segreto): Mosaike, Fresken und Figuren mit erotischen Darstellungen, die überwiegend aus Pompeji stammen.
Sammlung Farnese: Den Sammlungsbestand, der im Kern über 400 antike Skulpturen umfasste, trug die römische Adelsfamilie Farnese seit dem 16. Jh. zusammen. Nach dem Aussterben der männlichen Erblinie fiel ein großer Teil der damals schon weltberühmten Sammlung ans Königreich Neapel, wo sie zunächst im Schloss Capodimonte Aufnahme fand. Dass die Stadt am Golf seit dem 18. Jh. zum Ziel zahlreicher Bildungsreisender wurde, verdankte sie u. a. auch dem exzellenten Ruf der Kunstwerke. Zu den bekanntesten Monumentskulpturen zählen der Farnesische Herkules sowie der Farnesische Stier. Beide stammen aus den Caracalla-Thermen in Rom, wurden Mitte des 16. Jh. bei Ausgrabungen entdeckt und der Farnesischen Sammlung einverleibt. Als Hingucker erweist sich ferner die Statue der Venus Kallipygos, die kokett über die Schulter ihren wohlgeformten Allerwertesten einer eingehenden Betrachtung unterzieht.
Detail aus der Alexanderschlacht im Archäologisches Nationalmuseum
Römische Mosaikabteilung/Gabinetto Segreto: Bevor die besten in Pompeji und Herculaneum zutage geförderten Schätze 1822 nach Neapel wanderten, wurden sie unweit von Herculaneum auf dem königlichen Landsitz in Portici (Reggia di Portici) der staunenden Weltöffentlichkeit präsentiert. Allerdings längst nicht alle, denn die pompejanischen Statuen, Malereien, Mosaiken und diversen Alltagsaccessoires mit eindeutig erotischen sowie obszönen Motiven trieben den gestrengen moralischen Sittenwächtern des 18. und 19. Jh. die Schamesröte ins Gesicht. Betreffende Erotika betrachtete man daher als Verschlusssache und steckte sie ins Geheimkabinett, wo sie ausschließlich jene zu sehen bekamen, deren „sittliche Eignung“ unzweifelhaft war. Inzwischen steht das Kabinett allen Besuchern offen; zu den bekanntesten und meistabgebildeten Darstellungen zählt der Hirtengott Pan, der ungeniert mit einer Ziege kopuliert. Auch die angrenzende Abteilung römischer Mosaike bietet etliche Highlights, u. a. natürlich das großartige Mosaik der Alexanderschlacht (→ Foto, s. oben). Es stammt aus dem Haus des Fauns in Pompeji.
Antikenfunde aus den Großgrabungen (Fresken, Vasen, Bronzen): Das 1. Obergeschoss bietet eine Fülle wertvoller Gegenstände aus griechischer und römischer Zeit, allen voran die Prunkstücke aus der legendären Villa dei Papiri in Herculaneum. Ihre Erforschung seit der Mitte des 18. Jh. löste einen ungeahnten Hype des europäischen Bildungsbürgertums aus, denn etwa 1800 verkohlte Schriftrollen, die man in der Villa fand, riefen die Sehnsucht der Aufklärung wieder wach, endlich einer antiken Bibliothek teilhaftig zu werden. Leider erfüllte sich der Wunsch nicht, die Villa selbst ist mittlerweile nicht mehr zugänglich. Einen Schwerpunkt bilden darüber hinaus römische Fresken, u. a. wunderbare Darstellungen vom Isis-Tempel in Pompeji. Wer dann noch nicht genug hat, widmet sich der antiken Kleinkunst in Vitrinen: hochwertige Keramik, Münzen, ziselierter Silber- und Goldschmuck oder Vasen, deren Außenflächen mit Farbschichten aus Schmuckstein reliefartig verziert sind. Diese Kameo-Technik wird noch heute von Kunsthandwerkern aus Torre del Greco unterhalb des Vesuvs praktiziert (→ Einkaufen).
♦ Tägl. außer Di 9−17.30 Uhr. 15 €, erm. 13 €, unter 18 J. frei. Aufgrund des Andrangs empfiehlt es sich, Eintrittstickets über die Museumshomepage zu reservieren! Piazza Museo 19, www.museoarcheologiconapoli.it.
Giambattista