Südengland Reiseführer Michael Müller Verlag. Ralf Nestmeyer
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Empfehlenswert ist eine eingehende Betrachtung der Kronjuwelen im Jewel House, die sich trotz langer Warteschlangen lohnt. Die meisten Kroninsignien sind während der kurzlebigen Republik eingeschmolzen worden. Die älteste Krone stammt deshalb aus der Zeit der Restauration (der Zeit nach der Republik), sie wiegt fünf Pfund und wird noch heute für Krönungen benutzt. Schön ist Königin Viktorias Imperial State Crown, die mit mehr als 3000 Diamanten aufwarten kann. Die Krone der Queen Mother aus dem Jahre 1937 wird u. a. vom berühmten Diamanten Kohinoor mit 108 Karat (1 Karat entspricht 0,2 Gramm) geschmückt. Er ist einer der größten Diamanten der Welt; überreicht wurde er Königin Viktoria 1850 von der britischen Indienarmee. Außerdem sind natürlich viele Kronen, Zepter, Reichsäpfel und Staatsschwerter zu besichtigen. Auf einem Rollband wird man an den Kronjuwelen vorbeigefahren, damit es nicht zu Staus kommt (die sich trotzdem bilden).
Nicht versäumen sollte man eine Besichtigung des zur Themse zeigenden Traitor’s Gate und des angrenzenden Medieval Palace, in dem einst Eduard I. residierte. Im Beauchamp Tower haben bedeutende Staatsgefangene ihre Mauerkritzeleien hinterlassen, im Bloody Tower verbrachte Sir Walter Raleigh, der Gründer der englischen Kolonie Virginia, zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern zwölf lange Jahre und schrieb dabei seine „History of the World“. Der Wall Walk führt entlang der östlichen Befestigungsmauer. Von einem Besuch des Infanteriemuseums (Fusiliers’ Museum), für den ein zusätzlicher Obolus berechnet wird, kann man getrost Abstand nehmen. Wer im Tower die Orientierung verloren hat, sollte sich mit seinen Fragen an die Yeomen Warders wenden. Die uniformierte königliche Garde - im Volksmund werden sie Beefeaters genannt - gibt gerne Auskunft.
Ein Beleg für das ausgeprägte Traditionsbewusstsein der Engländer ist die nächtliche Zeremonie der Schlüsselübergabe. Seit etwa 700 Jahren wird immer um Punkt 21.53 Uhr das Haupttor des Towers abgeschlossen. Eine Teilnahmeerlaubnis dafür ist mindestens vier, besser noch acht Wochen vorher bei Ceremony of the Keys zu beantragen. Achtung: Legen Sie dem Brief einen internationalen Antwortschein bei. Die schriftliche Genehmigung muss man um 21.30 Uhr dem diensthabenden Offizier am Haupttor vorlegen.
♦ SE1. (U) Tower Hill. Tgl. 9-17.30 Uhr, So und Mo erst ab 10 Uhr, im Winter nur bis 16.30 Uhr. Eintritt £ 27.20, erm. £ 21.30 bzw. £ 12.90, Familienticket £ 69.20. Wer online bucht, spart jeweils 10 %. www.hrp.org.uk/tower-of-london. Empfehlenswert ist der Audioguide.
Der Große Brand
Innerhalb weniger Jahrzehnte hatte sich die Londoner Bevölkerung im 17. Jahrhundert auf über 200.000 verdoppelt, als in den frühen Morgenstunden des 2. September 1666 in einer Bäckerei an der Pudding Lane ein kleiner Brand ausbrach, der als ungefährlich eingestuft wurde. Der damalige Lord Mayor Sir Thomas Bloodworth murmelte etwas von „Kinderkram, den sogar eine Frau auspinkeln könnte“ und legte sich wieder in sein Bett. Eine fatale Fehleinschätzung - denn wegen ungünstiger Winde breitete sich der „Kinderkram“ zu einer fünf Tage währenden Feuersbrunst aus: „Und der mächtig starke Wind trieb das Feuer in die Stadt, und alles erwies sich nach so langer Trockenheit als brennbar, selbst die steinernen Kirchenmauern“, notierte der Augenzeuge Samuel Pepys in seinem Tagebuch. Der Schaden war verheerend: Vier Fünftel der Londoner City und die Hälfte der westlichen Peripherie waren vernichtet. Rund 13.000 Häuser sowie 87 Kirchen, darunter die alte St Paul’s Cathedral, wurden ein Opfer der Flammen. Das einzig Positive an der Feuersbrunst war, dass auch die Pest aus London verschwand.
Tower Bridge: Obwohl gerade erst ein gutes Jahrhundert alt, ist die Tower Bridge das meistfotografierte Wahrzeichen Londons. Die 1894 in der Nähe des Towers errichtete Hängebrücke wurde als technisches Wunderwerk bestaunt, da ihr beweglicher Mittelteil hochgezogen werden kann, um so auch größeren Schiffen die Durchfahrt zu ermöglichen. Die Zugbrücke - Architekt war Sir Horace Jones - gilt als technische Meisterleistung: Innerhalb von 90 Sekunden ist es möglich, die beiden Flügel hochzuziehen. Obwohl die Brücke damals mit modernster Hydrauliktechnik betrieben wurde, hüllte man den Mechanismus in ein mittelalterliches Gewand, damit Brücke und Tower ein harmonisches Ensemble bildeten.
♦ SE1. (U) Tower Hill. Tgl. 10-17.30 Uhr, im Winter bis 17 Uhr. Eintritt £ 9.80, erm. £ 6.80 oder £ 4.20 (Kombiticket mit The Monument £ 12, erm. £ 8.20 oder £ 5.50). www.towerbridge.org.uk.
Lloyd’s Building: Lloyd’s, die wohl berühmteste Versicherungsgesellschaft der Welt, ließ sich von 1978 bis 1986 für 169 Millionen Pfund den bis dahin wohl architektonisch anspruchsvollsten Bau in der Londoner City errichten. Die Pläne stammen von Richard Rogers, der zuvor mit seinem Pariser Centre Pompidou für Furore gesorgt hatte.
♦ Lime Street, EC3. (U) Monument.
Moderne Fußgängerbrücke vor der altehrwürdigen St Paul’s Cathedral
Museum of London: Zugegeben, der weiß gekachelte Bau wirkt nicht gerade anziehend, doch sollte man keinesfalls einen Besuch des 1976 eröffneten Londoner Stadtmuseums versäumen. Direkt neben einem Teilstück der römischen Stadtmauer gelegen, lädt das Museum zu einer didaktisch sehr ansprechenden Erkundung der Stadtgeschichte ein. Im Vordergrund stehen - abgesehen vom großen Feuer des Jahres 1666 - weniger die bedeutenden Ereignisse, sondern in erster Linie die Sozial- und Kulturgeschichte der englischen Hauptstadt. Von der Frühgeschichte über die römische Epoche bis zum multikulturellen London der 1990er-Jahre wird nichts ausgelassen. Besonders prachtvolle Exponate sind die reich verzierte Kutsche des Lord Mayor - die 1757 gefertigte Staatskarosse bringt mit ihren drei Tonnen mehr Gewicht auf die Waage als ein moderner Mercedes-Benz - und ein Art-déco-Aufzug, der aus dem an der Oxford Street gelegenen Kaufhaus Selfridges stammt. Die Lower Galleries, die sich mit der Geschichte Londons von 1666 bis in die Gegenwart beschäftigen, präsentieren sich seit Sommer 2010 mit einer vollkommen neuen Dauerausstellung. Ausblick: Im Jahr 2021 wird das Museum zum Smithfield Market umziehen. Ein Tipp: Da sich das Museum stets um ansprechende Sonderausstellungen bemüht, lohnt sich ein Besuch bei jedem Londonaufenthalt.
♦ London Wall, EC2. (U) St Paul’s. Tgl. 10-18 Uhr. Eintritt frei! Sonderausstellungen: ab £ 5. www.museumoflondon.org.uk.
Barbican Centre: Der riesige, zwischen 1959 und 1981 errichtete Komplex des Barbican Centre - der Name erinnert an einen mittelalterlichen Wachtturm - wird von manchen Leuten als das englische Gegenstück zum New Yorker Lincoln Centre bezeichnet. Unter „einem Dach“ sind hier die Concert Hall, das Royal