Südengland Reiseführer Michael Müller Verlag. Ralf Nestmeyer
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♦ 12 Lincoln’s Inn Fields, WC2. (U) Holborn. Mi-So 10-17 Uhr sowie am ersten Di im Monat 18-21 Uhr bei Kerzenlicht (£ 25). Eintritt frei, Sonderausstellungen £ 3. www.soane.org.
Bloomsbury
Bloomsbury ist traditionell das Viertel der Dichter und Intellektuellen, der Universitäten und Bibliotheken. Mit dem British Museum besitzt Bloomsbury zudem einen der größten Londoner Publikumsmagneten.
Die vielen Studenten machen auf die 1836 am Gordon Square, im Herzen von Bloomsbury, eröffnete University of London aufmerksam. Nach einem Campus sucht man allerdings vergeblich, denn die Universität ist auf mehr als hundert Gebäude von Bloomsbury verteilt. Obwohl in der imaginären Rangfolge der englischen Universitäten hinter Oxford und Cambridge nur an dritter Stelle stehend, genießt das „Cockney College“ einen fortschrittlichen Ruf. Dies gründet sich auf dem Umstand, dass hier auch Studenten aufgenommen wurden, die nicht der anglikanischen Kirche angehörten, zudem beschritt man mit der Einrichtung von naturwissenschaftlichen und neusprachlichen Lehrstühlen akademisches Neuland.
Raub oder Kauf?
Die berühmtesten Exponate aus der Sammlung griechischer und römischer Altertümer sind die vom Athener Parthenon stammenden Elgin Marbles. Als Athen im frühen 19. Jahrhundert von den Türken besetzt war, kaufte der namensgebende Lord Thomas Elgin die Reliefs und rettete sie vor dem Verfall - so die englische Version; für die Griechen stellt der „Kauf“ einen klassischen Kunstraub dar, weshalb sie nicht müde werden, die Elgin Marbles zurückzufordern. Und sie haben Recht: Lord Elgin hat nämlich nicht nur eine der Koren des Erechtheion abtransportiert, sondern auch fast die Hälfte des Frieses vom Parthenon sowie die Giebelfiguren und Metropen abreißen lassen, weshalb ihn schon ein Zeitgenosse, der bayerische König Ludwig I., der „Barbarei“ bezichtigte. Die Bemühungen um die Rückgabe der Elgin Marbles sind aber fast zwangsläufig vergeblich, denn ein großer Teil der Exponate des British Museum ist das Ergebnis eines einzigartigen Kunstimperialismus. Wo auch immer in der Welt Vertreter des Empires auftauchten, klauten - respektive kauften - sie, soviel sie nur konnten. Würde man nun die griechischen Forderungen als rechtmäßig anerkennen, müssten die Engländer sich von einem beachtlichen Teil der im British Museum ausgestellten Exponate trennen ...
British Museum: Den Grundstock für das 1759 gegründete British Museum bildete die Sammlung des irischen Arztes Hans Sloane, die der englische Staat wenige Jahre zuvor erworben hatte. In der Anfangsphase fungierte diese nationale Institution nur als Bibliothek und naturwissenschaftliche Sammlung, die von den Zeitgenossen als „the old curiosity shop“ verspottet wurde; Fürst Pückler-Muskau stufte die Sammlung gar als „Mischmasch“ ein. Erst infolge der napoleonischen Kriege und Beutezüge stieg das British Museum im frühen 19. Jahrhundert, dem Vorbild des Pariser Louvre nacheifernd, zur ersten Adresse unter den Antikensammlungen auf. Hatte das Museum bis dato im alten Montague House Platz gefunden, legte John Smirke 1823 einen Entwurf für einen Neubau vor, den sein Bruder Robert 1857 vollendete: Der mächtige Bau des Greek Revival mit ionischem Portikus wies demonstrativ auf die Kostbarkeiten der Sammlung hin. Ganz im Geiste der Aufklärung war man darum bemüht, alle Ausdrucksformen der menschlichen Kultur wie eine lebendige Enzyklopädie unter einem Dach zu versammeln.
Um sich einen ersten Überblick über die einzelnen Sammlungen zu verschaffen, empfiehlt es sich, am Eingang des „BM“ einen der kostenlosen Übersichtspläne sowie aktuelles Informationsmaterial mitzunehmen. In vielen Sälen enttäuscht jedoch die antiquierte Darbietung der Kunstschätze; mithilfe einer modernen museumsdidaktischen Präsentation würde das British Museum sicher an Attraktivität gewinnen. Nichtsdestotrotz können Kunstliebhaber problemlos mehrere Tage in diesem musealen Labyrinth verbringen. Von herausragender Bedeutung ist fraglos die im Westflügel untergebrachte Sammlung griechischer und römischer Altertümer mit den Elgin Marbles in Raum 18. Die kostbaren Marmorreliefe gehörten zu einem Fries, der die Cella des Parthenons umgab und den Festzug der Panathenäen zu Ehren der Athena darstellt. Großer Beliebtheit erfreut sich die ägyptische Abteilung mit ihren Mumien (Raum 61 bis 66) und der in Raum 4 stehende Rosetta Stone, mit dessen Hilfe Jean-François Champollion 1822 die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen glückte. Ebenfalls im Westflügel befinden sich die Altertümer aus dem Nahen Osten mit vielen sehenswerten assyrischen Skulpturen. Einblicke in die prähistorische und römische Vergangenheit Großbritanniens bieten die Exponate in den Räumen 41, 49 und 50; hier ist auch der Mildenhall Treasure - ein reich verziertes römisches Tafelsilber aus dem vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung - zu bewundern. Die orientalischen Sammlungen umfassen seltene Keramiken aus Japan, China und Persien (Räume 33a, 33b, 35 sowie 56 bis 94). Für Kinder ist sicherlich die ethnographische Abteilung (Räume 26 und 27) mit ihren Exponaten zur Geschichte und Kultur der Indianer in Nordamerika und Mexiko besonders interessant.
British Museum: ein Tempel für die Kunst
An die ursprünglich dem British Museum angeschlossene British Library erinnert nur noch der kreisrunde Lesesaal, der derzeit nicht zugänglich ist. Die kostbaren Bücher und Handschriften sind vor rund zwei Jahrzehnten in einen Neubau an der Euston Road gebracht worden. Dieser weltberühmte Reading Room, in dem bereits Marx an seinem „Kapital“ gearbeitet hat, bildet auch das Herz des von Lord Norman Foster geplanten Umbaus des British Museum (Gesamtkosten: £ 100 Millionen). Im Rahmen der im Dezember 2000 abgeschlossenen Arbeiten wurde der gesamte Innenhof mit einem grazilen Glasdach mit 3312 einzelnen Fensterscheiben überzogen, um so neue Ausstellungsflächen für die ethnographischen Sammlungen sowie Platz für Seminarräume, Shops und Restaurants zu schaffen.
Wegen des stets großen Andrangs empfiehlt es sich, das Museum in den Vormittagsstunden zu besuchen; Sonntage gilt es, wenn möglich, zu meiden. Wer will, kann sich für £ 3 einen Audioguide leihen, der die Elgin Marbles ausführlich kommentiert.
♦ Great Russell Street, WC1. (U) Tottenham Court Road (ein zweiter Eingang befindet sich am Montague Place). Tgl. 10-17.30 Uhr, Fr bis 20.30 Uhr (nur Teile des Museums sind abends geöffnet). Der Great Court ist tgl. 9-18 Uhr, Fr bis 20.30 Uhr geöffnet. Eintritt frei! www.thebritishmuseum.ac.uk.
Dickens Museum (Dickens House): Nach der auch in finanzieller Hinsicht sehr erfolgreichen Veröffentlichung der „Pickwick Papers“ bezog Charles Dickens (1812-1870) ein Haus in der Doughty Street. Zwischen 1837 und 1839 lebte er in dem georgianischen Reihenhaus und schrieb große Teile von „Oliver Twist“ und „Nicholas Nickelby“. Da das Haus als einziges von Dickens zahlreichen Wohnsitzen erhalten geblieben ist, lag es nahe, hier ein Museum einzurichten. Die Räume des Dickens House wurden weitgehend in den damaligen Zustand versetzt. Neben einer umfangreichen Dickens-Bibliothek sind vor allem Portraits, Fotos, Manuskripte, Briefe und weitere Gegenstände aus Dickens persönlichem Besitz zu sehen. Ein Raum ist seiner Schwägerin und heimlichen Liebe Mary Hogarth gewidmet, die hier im zarten Alter von 16 Jahren verstarb. Im Keller ist die Küche von Digley Dell, die in den „Pickwick Papers“ beschrieben wird, nachgebildet.
♦ 48 Dougthy Street, WC1. (U) Chancery Lane oder Russell Square. Tgl. außer Mo 10-17 Uhr. Eintritt £ 9.50, erm. £ 7.50 bzw. £ 4.50. www.dickensmuseum.com.