Südengland Reiseführer Michael Müller Verlag. Ralf Nestmeyer
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St Paul’s Cathedral: Der Sitz des anglikanischen Bischofs von London ist nach dem Petersdom zu Rom das zweitgrößte Gotteshaus Europas: Das Kirchenschiff misst 152 Meter in der Länge! Ähnlich wie in der Westminster Abbey ruhen in der Krypta von St Paul viele Persönlichkeiten der englischen Geschichte, wie beispielsweise der Duke of Wellington, Lord Horatio Nelson sowie der Architekt der Kirche, Sir Christopher Wren (der von außen zugängliche Eingang befindet sich beim nördlichen Kirchturm). Die Kirche selbst zeigt sich trotz ihrer Dimensionen als ein harmonischer, von der italienischen Renaissance beeinflusster Bau mit zwei Barocktürmen. Verglichen mit der Formenfülle deutscher Barockkirchen strahlt die Kathedrale eine geradezu unterkühlte Atmosphäre aus. St Paul ist gewissermaßen das Meisterwerk von Christopher Wren (1632-1723), dem wohl bekanntesten Baumeister im nachrepublikanischen London. Wer die Kirche besucht, sollte trotz des zusätzlichen Entgeltes nicht versäumen, die 530 Stufen zur 111 Meter hohen Kuppel und der Flüstergalerie (Whispering Gallery) emporzusteigen. Die Aussicht ist fantastisch!
♦ St Paul’s Churchyard, EC4. (U) St Paul’s. Mo-Sa 8.30-16 Uhr, Galleries ab 9.30 Uhr. Eintritt £ 20, erm. £ 17.50, bis 17 Jahre £ 8.50, Familien £ 48.50. Günstigere Online-Tickets. www.stpauls.co.uk.
Old Bailey: Das oberste Gerichtsgebäude der Stadt (Central Criminal Court) wird überragt von einer 165 Meter hohen Kuppel. Auf dieser befindet sich die vier Meter hohe Statue der Justitia (Lady of Justice). Alle fünf Jahre wird sie neu vergoldet und jedes Jahr im August gründlich gereinigt.
♦ Newgate Street, EC2. (U) St Paul’s. Hinweis: Die Gerichtssitzungen sind generell öffentlich, man kann Mo-Fr von 10.30 bis 13 Uhr sowie zwischen 14 und 16 Uhr daran teilnehmen. Das Mindestalter für Zuschauer liegt bei 14 Jahren.
Strand, Fleet Street, Holborn und Clerkenwell
Da London ursprünglich aus zwei Städten, der City of London und der City of Westminster, bestand, kann man die Law Courts gewissermaßen als Nahtstelle bezeichnen. Die Gerichtshöfe liegen direkt an der Fleet Street, die als „Straße der Tinte“ weltberühmt geworden ist. Die Geburtsstunde der Inns of Court schlug gegen Ende des 13. Jahrhunderts, als König Eduard I. einen großen Teil der Rechtsprechung auf einige vom Gericht bestimmte Personen übertrug, um den Kirchenfürsten die Gerichtsbarkeit zu entziehen. Um diesen Einstieg in das English Common Law zu ermöglichen, wurden auf einem Areal, das einst dem Orden der Tempelritter gehört hatte, die ersten Rechtsschulen gegründet. Im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts entstand dann eine beschauliche Anlage mit Höfen, Gärten und Kirchen. In unmittelbarer Nachbarschaft, in der Fleet Street, eröffnete Wynkyn de Worde im Jahre 1491 eine Druckerwerkstatt. Mit einiger Verzögerung zogen auch die Zeitungsverleger in die Fleet Street. Den Anfang machte der Daily Courant, der am 11. März 1702 erstmals erschien. Zahllose weitere renommierte Tageszeitungen, darunter die Times sollten folgen. Ein Standortvorteil war die Nähe zu den Gerichten und zur Börse, so dass die Journalisten noch kurz vor Redaktionsschluss die neuesten Urteile kommentieren konnten. Bis in die Achtzigerjahre war die „Straße der Tinte“, wie die Fleet Street liebevoll genannt wurde, das Zentrum der britischen Zeitungsindustrie. In den Untergeschossen der Bürohäuser wurden alle großen Zeitungen, wie der Daily Telegraph, die Financial Times und der Daily Express, gedruckt. Da es durch die Entwicklung neuer Redaktions- und Produktionstechnologien nicht mehr länger notwendig war, dass Journalisten, Setzer und Drucker gemeinsam unter einem Dach arbeiten, lagerten viele Zeitungen ihr Druckhaus in die Docklands aus.
Fleet Street - die einstige Straße der Tinte
Nordöstlich der Fleet Street liegt Clerkenwell, einer jener Stadtteile, die derzeit voll im Trend liegen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verkam Clerkenwell zunehmend, bis das durch verlassene Industriebauten geprägte Viertel zu Beginn der 1990er-Jahre unerwartet vom Schmuddelkind zum Geheimtipp mutierte. Leer stehende Fabrikgebäude wurden zu schicken Lofts umgebaut, Architekturbüros und Werbeagenturen gegründet. Aufgrund der günstigen Mieten und der vorteilhaften Nähe zur City und nach Soho richteten sich Künstler ihre Ateliers ein, Galerien und Szenekneipen folgten nach. Quasi über Nacht war Clerkenwell en vogue. Der urbane Charakter, gepaart mit verwinkelten Gassen und kleinen Plätzen, gefiel auch den Fotografen, Grafikern und Architekten. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sich die Künstler die Mieten für ihre Ateliers nicht mehr leisten können, da es in Yuppiekreisen als chic gilt, ein Loft in Clerkenwell zu besitzen.
Courtauld Gallery: Obwohl die Courtauld Gallery nur über eine bescheidene Ausstellungsfläche verfügt, besitzt sie eine der hochkarätigsten Sammlungen von ganz England. Leider ist sie wegen Renovierung bis Frühjahr 2021 geschlossen. Zu ihrem Fundus gehören Werke von Rubens, Tiepolo, Botticelli, Pieter Brueghel, Lucas Cranach bis hin zu Manet, Degas, Cézanne, Monet, Pissarro, Gauguin, Renoir, Seurat, Toulouse-Lautrec und Vincent van Gogh.
♦ Somerset House, Strand, WC2R. (U) Temple. Bisher tgl. 10-18 Uhr, Eintritt £ 8, erm. £ 7. www.courtauld.ac.uk.
Royal Courts of Justice: Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat der oberste Gerichtshof von England hier seinen Sitz. 1874 begannen die Arbeiten unter Anleitung des Architekten G. E. Street, doch es dauerte acht Jahre, bis Queen Viktoria den neogotischen Bau einweihen konnte. Über tausend Räume und mehr als 5,5 Kilometer lange Korridore findet man im Inneren. Von der riesigen Eingangshalle mit ihrem eindrucksvollen Mosaikfußboden kommt man in einen kleineren Nebenraum, in dem einige Roben ausgestellt sind. Während der Öffnungszeiten darf man auf allen Public Galleries den Verhandlungen beiwohnen.
♦ Strand, WC2. (U) Temple. Mo-Fr 9.30-16.30 Uhr.
Inns of Court: In der unmittelbaren Umgebung der Royal Courts of Justice befinden sich die vier Inns of Court (Lincoln’s Inn, Inner Temple, Middle Temple und Gray’s Inn). Hier werden die barristers, jene Rechtsanwälte, die vor Gericht plädieren dürfen, ausgebildet. Ihr besonderer Status - im Vergleich zu den übrigen Advokaten - ist allein an ihrer kleinen Zahl zu erkennen, denn in England und Wales gibt es gerade einmal 6000 barristers (alle anderen Juristen heißen solicitors). Und nur ein barrister kann in den Richterstand erhoben werden. Wer allerdings ein solcher Elitejurist werden will, muss zunächst den mühevollen Weg durch die altehrwürdigen Rechtsschulen gehen.
♦ Strand, WC2. (U) Temple (für die beiden Temple Inns), Holborn oder Chancery (für Lincoln’s Inn) und Chancery (für Gray’s Inn).
Dr Johnson’s House: Der Kritiker Samuel Johnson (1709-1784) gilt als der herausragende Gelehrte der englischen Spätaufklärung. Außer Shakespeare wird kein englischer Schriftsteller so häufig zitiert wie Samuel Johnson. Von 1748 bis 1759 lebte Johnson in diesem Haus und arbeitete zusammen mit sechs Sekretären an seinem berühmten „Dictionary of the English Language“.
♦ 17 Gough Square, EC4. (U) Chancery Lane. Mo-Sa 11-17.30 Uhr, im Winter bis 17 Uhr. Eintritt £ 7, erm. £ 6 bzw. £ 3.50. www.drjohnsonshouse.org.
Sir John Soane’s Museum: Das Sir John Soane’s Museum ist das wahrscheinlich ungewöhnlichste Museum in ganz London. Mit seinen verwinkelten, ineinander verschachtelten Räumlichkeiten erinnert es stark an ein frühneuzeitliches Kuriositätenkabinett. Der Architekt