Die Goldminen von Midian. Richard Francis Burton

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Goldminen von Midian - Richard Francis Burton страница 11

Die Goldminen von Midian - Richard Francis Burton

Скачать книгу

kühl. Im April, dem Frühlingshöhepunkt, und im Mai, der ägyptischen Erntezeit, werden wir Kairo bei Weitem nicht so angenehm vorfinden. Noch ein Schluck, dann brechen wir auf, um erste Eindrücke aus der Stadt des Khediven zu sammeln und die Veränderungen zu erkunden, mit welchen das letzte Vierteljahrhundert die Hauptstadt von Mohammed Ali heimgesucht hat.

      Als nach dem Ende der großen napoleonischen Kriege und der fürchterlichen Schlachten der Dragoman-Heerscharen – angeführt von Salt, dem Briten, und Rosetti, dem Franzosen – stillschweigend ein Modus Vivendi geschaffen wurde, hätten die kühnsten Propheten nicht vorauszusagen gewagt, dass ein Stückchen Paris, eine brandneue blitzsaubere gallische Stadt mit ihren Plätzen, ihren Boulevards und ihren Verkehrsinseln, ihrer Oper, ihren französischen Theatern und zwei Pferde-Rennbahnen, ihren Rues Castiglionis und ihrem Grand Hôtel nördlich des kompakten und soliden Parallelogramms entstehen würde, welche hier die Stadt des Mars begrenzt. Und niemals hätten sich die nüchternen Muslime träumen lassen, dass sie ein französisches Viertel in ihrer Hauptstadt erdulden müssten, das sogar bald schon das Ganze zu verschlingen drohte. Ein Blick auf die Verschönerungen, die zwischen dem westlichen Ende des alten Muski oder der halbeuropäischen Basar-Straße und dem Beginn der Schubra-Straße getätigt wurden, lässt erahnen, was auf unsere Nachkommen im Lauf der nächsten fünfzig Jahre zukommen wird.

image

       Der Nil bei Kairo

      Der Kern und Brennpunkt der modernen Umgestaltungen ist der Ezbekiyyeh-Platz, das alte sumpfige Zeltlager der Uzbegs, den der gegenwärtige Suleyman Pascha auf Befehl von Mohammed Ali dem Großen in einen öffentlichen Garten umwandeln ließ, welcher für die verschiedensten Zwecke genutzt wird. Fünfundzwanzig Jahre zuvor war er ein nicht eingefriedeter englischer Garten: wild, malerisch und besonders levantinisch in seinen Accessoires. Hier fanden Ausstellungen statt, und über die Rücken der Betenden wurde einfach hinweggeschritten. Unter Grand-Bey hat er seinen familiären Charakter verloren: Wir erkennen nichts außer dem alten Herrensitz des verstorbenen Kyámil Pascha und den stets auf den Bänken verkehrenden Flöhen wieder. Es ist hier ausgesprochen zivilisiert geworden; der reinste Pariser Gaffer würde sich hier leicht in seine Rolle finden.

      Die herrlichen Lebek-Bäume – Akazien, deren weißgelbe Blütensträuße und große goldene Schoten ihnen den Namen Dakn el-Bascha, »Bart des Paschas«, einbrachten und deren parfümierter Auszug seinen ätherischen Wirkungen nach nicht grundlos »fitneh« oder »Plage« genannt wurde – haben den Weg für eine Hyksos-Invasion von auswärtigen, unkultivierten Pflanzen bereitet. Der Birket (Wasserbehälter) ist jetzt um die Hälfte zusammengeschrumpft, umgewandelt in ein birnenförmiges Schwimmbad und von einem umzäunten achteckigen Garten umgeben.

      Dieses Vergnügungsgewässer ist mit Kanus und Tretbooten ausgestattet; der Rasen wird mithilfe von Metallleitungen bewässert und die Flächen erfreuen sich abwechslungsreicher Gestaltung durch einen Kanal und einen Katarakt, durch Kaffeehäuser und »Kahwehs« – Letztere sind für »Einheimische« vorgesehen –, durch Kioske und Musikpavillons, durch eine Pferde-Rennbahn und ein Karussell, hölzerne Pferde, Boote und anderes mehr. Darüber hinaus hat man einen etwa zwanzig Fuß hohen Berg mit einem zweistöckigen Sommer-Landhaus gekrönt, welches über eine rustikale Brücke zu erreichen ist und sich über einer Grotte erhebt, in der man Eis essen und Domino spielen kann. Zu guter Letzt gibt es noch ein französisches Restaurant, von welchem ich, seiner Weine und seiner Lammkoteletts wegen, durchaus respektvoll sprechen möchte.

      Kurz vor Sonnenuntergang werden die Drehkreuze mit weiß gekleideten Polizisten bemannt – die eigentlich braunen groben Leinenstoff tragen sollten –, welche das Eintrittsgeld verlangen. Hierbei hat man keineswegs im Sinn, die städtische Finanzkraft zu stärken. Die Steuer zielt vielmehr darauf, die schwarz bekittelten Fellachen und schweinsgesichtigen Eunuchen von der Bemächtigung der Lebensnerven des jungen Kairo abzuhalten. Nun sehen wir beide Geschlechter gemeinsam promenieren; das eine trägt einen französischen Damenhut, das andere diesen kragenlosen »Konstantinopeler Mantel«, dessen einziger Verdienst darin besteht, dass er zugleich kleidet und entkleidet.

      Das neue Kairo rings um den Ezbekiyyeh-Platz ist – wie alle solche modernen Erweiterungen oder Auswüchse – eine Stadt von enormer Ausdehnung, und darüber hinaus in hohem Maße unvollendet: eine feine neue, frisch aus der Hutschachtel stammende französisch-italienisch-griechisch-hebräischarmenische-Yankee-Doodle-negerartige Sorte von Vorort. Die modernen Durchfahrten von gewaltiger Länge und riesiger Breite werden von eigens gepflanzten Bäumen gesäumt, die man doch besser entlang der zentralen Avenuen und Bürgersteige für Fußgänger angelegt hätte. Die einzige Strecke für schattige Spaziergänge findet sich an der südöstlichen Ecke des Neuen Hotels. Gas ist noch ein Luxus am Ort. Die neuen Durchfahrten werden nicht benannt, die frei stehenden und halb frei stehenden Villen nicht nummeriert; dies macht es – wie auf dem Malabar-Hügel in Bombay – schwierig, einen Freund ausfindig zu machen.

      Die neuen Boulevards – Abidín, Abd-el-Aziz und Fawwálah (der Bohnenverkäufer) – mit ihren ordentlichen Gartenparzellen prägen die nordwestlichen und westlichen Teile des Parallelogramms. Einer indessen, der »Boulevard des Méhémet Ali«, verläuft durch die Lebensnerven der alten Stadt und ist durch ein Elendsquartier stark beeinträchtigt worden. Er mündet oberhalb der Moschee von Sultan Hasan ein, der bei Weitem größten der Kairoer Moscheen. Die edle ägyptische Architektur von Sultan Hasan mit dem gewaltigen Kranzgesims krönt die immensen ungebrochenen Mauern, welche durch die Konfrontation mit der neuen Rufá’í-Moschee zusätzliche Würde erhalten – es ist dies der große Gebäudekomplex, der sich noch im Bau befindet und in jeder Linie Spuren von europäischer Hand zeigt. Das Beste an Letzterem ist, dass es verglichen mit dem alabasternen griechisch-türkischen Horror in der Zitadelle eine Renaissance der Kunst bedeuten wird. Der Boulevard endet am Kara-Maidan (schwarzer Platz), dem klassischen Rumayleh der Mameluken, wo der Dscherid gespielt wurde und wo Verbrecher, zum Tor der Bestrafung gebracht, über einem eigens für diese Zwecke genutzten Wasserbehälter enthauptet wurden. Was würde der Abessinier Bruce zu dem kahlen Parallelogramm dieser modernen Tage sagen, der ebenfalls nach einer Pariser Mode seinen Namen in »Mohammed-Ali-Platz« geändert hat?

      In der Eingeborenenstadt hat man die Hauptverkehrsstraßen durch Abriss der Häuser, die durch »Notlösungen« ersetzt wurden, verbreitert. Die »grüne Schwelle« (Atabat el-Khazrá) aber, wo Ibrahim Pascha, der ritterliche Vater des gegenwärtigen Vizekönigs, sein bronzenes Dienstpferd reitet, gereicht noch immer zur Bestrafung der Fußgänger. Die Eseljungen, einst die einzigen Taxifahrer des Landes, sind wie die Sänftenträger von Bath über die Maßen aufdringlich, und die Wagenlenker von Ägypten lieben es, gerade an solchen Plätzen furios zu fahren, wo der Bürgersteig nichts als ein Streifen und die schmale Straße von schiebenden Menschenmassen verstopft ist. Die Fußgänger, welche den Granden in langen Schritten vorausgehen, schreien o-â! in den lautesten Tönen, wobei sie aber nicht mehr, wie früher, von ihren langen Spazierstöcken Gebrauch machen; sie sind reine Überbleibsel, insbesondere in der mit breiten Straßen versehenen neuen Stadt, und je eher diese Opfer des Raki und der Herzkrankheit von der Welt verschwinden, desto besser. Die öffentliche Ordnung wird von der neuen Polizei in leidlicher Disziplin aufrechterhalten, aber Grausamkeit gegen Tiere ist noch immer die Regel.

      Der Muski, Prototyp der verbesserten inneren Durchfahrt, lässt noch viel zu wünschen übrig. Als Pflasterung dient schmutzige schwarze Erde aus faulendem Abfall pflanzlicher und tierischer Herkunft, die infolge der Besprengung selbst im Hochsommer schlammig und rutschig ist. Es bilden sich Haufen, die mit der Hacke ausgeglichen werden müssen, und der Andrang und Gestank von Mensch und Tier sind widerlich. Was diese Pflasterung soll, weiß ich kaum zu sagen. Holz oder jedwede Form von Beton, wie auf der Pozzolana in Alexandria, würde für den sehr schwachen Verkehr allemal genügen. In den Gassen und Nebenstraßen der großen Durchfahrten ist der Dunst weniger auffallend. Staub aus zerriebenem Sandstein ersetzt den Schlamm und die Hügel sind höher, sodass die Räder der Fahrzeuge einen Neigungswinkel von dreißig Grad zu bewältigen haben. Wieder sehen wir verwundert zu, wie ein

Скачать книгу