Die Goldminen von Midian. Richard Francis Burton

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Die Goldminen von Midian - Richard Francis Burton

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Essenskörben zur Seite springen müssen, um nicht Leib und Leben zu riskieren.

      So hat denn »der Durchfluss – eine sehr notwendige Angelegenheit«, wie der Epikuräer feststellt, den Sieg über Kairo errungen. Die Bauwut herrscht hier so stark wie in Wien; aber sie tobt sich aus an Herrenhäusern mit verputzten Lattenfassaden und braunem Bewurf an den Innenwänden. Glücklicherweise sind die Vorderfronten nicht sehr solide gebaut, sodass sie im Verlauf von einigen Jahren häufige Gelegenheit zu – im wahrsten Sinn des Wortes – Schönheitsreparaturen geben. Der Stadtplan weist 279 Hauptmoscheen von insgesamt etwa 400 aus. Die Kosten der »Kirchen-Instandhaltungen« sind dabei genauso bemerkenswert wie bei uns.

      Die altehrwürdige Hasanayn, welche wie die Ummawi in Damaskus ein Haupt des unglückseligen Enkels des Apostels von Allah birgt, ist im Stil einer griechischen Kathedrale erbaut, die zwar im Detail, aber weniger in der Gesamtheit bezaubert: Die zungenförmigen Zinnen sind abgestuft, und diese Neigungen brechen die Giebel der Stützpfeiler, lassen die äußere Ansicht verkümmern, statt sie zu unterstützen. Die Fenster bestehen aus Parallelogrammen im Erdgeschoss und zwei Lichtkarniesen im oberen Teil. Das unvollendete Minarett präsentiert sich im raffiniertesten Stil: eine kannelierte Säule, obendrein buckelig, auf einem hochragenden Giebel ruhend. Nichts kann erhabener sein als die zu alten Moscheen gehörenden campanileähnlichen quadratischen Türme; nichts ist scheußlicher als jene Kerzen, welche Löschhütchen tragen – neueste »Errungenschaften« aus Konstantinopel. Es gibt etwa ein halbes Dutzend verschiedener Modelle von Minaretten, jedes ein Ausdruck eines eigenen Zeitalters, aus welchem der Architekt es entlehnt haben könnte; doch er hat seiner persönlichen eigenwilligen Auffassung den Vorzug gegeben, und der Dragoman freut sich über die verschönerte Hasanayn, weil sie vierundfünfzig Säulen weißen Marmors enthält. Die Franzosen in Algerien restaurieren die Monumente aus früheren Tagen, und Kairo sollte den wunderschönen Mausoleen der Mameluken-Beys – welchen die Europäer fälschlich den Namen »Gräber der Kalifen« verliehen haben – nicht erlauben, zu bloßen Trümmerhaufen zu verfallen oder gar als Dschubbeh-Khánas (Schießpulvermagazine) zu enden, die überdies die Stadt mit plötzlichem Tod bedrohen.

      An den neuen Häusern sind der vorragende Teil der oberen Stockwerke und die zinnenförmige Gestaltung der Fassaden die einzigen Spuren von Lokalkolorit. Um auch jede verirrte Brise einzufangen, ist jedes Fenster in einem gewissen Winkel zum benachbarten geneigt. Die Straße der Kopten, insbesondere der südliche Abschnitt gegenüber der neuen Straße und dem Platz, wurde nahezu unberührt belassen; lediglich das kühlende, komfortable und malerische Gitterwerk, für das der Sammler so teuer bezahlt, ist entfernt worden. Dies können wir aber nicht wirklich beklagen, da es Ungeziefer beherbergte und die Feuergefahr beträchtlich vergrößerte; aber Glasfenster gelten in diesen Breiten als ebenso barbarisch wie das Trinken von Nilwasser aus einem Trinkglas statt aus einem Gulleh (Wasserspeier). Die Häuserblöcke, welche auf die Place de l’Esbekié blicken, sind wie die Rue de Rivoli mit Arkaden geschmückt: Der einzige Einspruch, der gegen diese vernünftigste aller Neuerungen erhoben werden könnte, ist die Enge des überdachten Weges. Die an Piastern so knappe Stadtverwaltung sollte einen Beschluss fassen und auf den richtigen Proportionen bestehen.

      Und nun zu den Heimstätten der Reisenden. Das von einer englischen Gesellschaft erbaute »Neue Hotel« wurde wahrscheinlich von einer Eisenbahnstation abgekupfert, und Neuankömmlinge meinen in der Regel, dass es sich um einen vizeköniglichen Palast handle. Ein falsches Tympanon krönt seine Vorderfront, hinten ist es unvollendet, und gleich den Missgeburten in den Vereinigten Staaten ist es innen in muffige kleine Schlafräume unterteilt, die sonderbar mit seiner gediegenen Halle, seinem großartigen marmornen Treppenhaus und seinen riesigen öffentlichen Salons kontrastieren.

      Die anderen drei uns vormals bekannten Einrichtungen sind noch immer auf ihre jeweiligen Nationen beschränkt, sprich Franzosen und Griechen, Deutsche und Engländer. Das alte rote Hôtel de l’Orient alias Coulomb’s, gegenüber der neuen Place de la Bourse und jetzt im Besitz eines Hellenen, berechnet sechzehn Franc pro Tag anstatt derselben Summe in Schilling. Das Tagesgericht im Hôtel du Nil (Herr Friedmann) wird von ständig in Kairo wohnhaften Personen bevorzugt, aber unglücklicherweise ist der Zugang zu dem hellhörig gebauten Haus eine lange Gasse, die vom Muski herabführt, und man hört seinen nächsten Türnachbarn schnarchen. Aus Shepheard’s ist Zech’s geworden. Früher öffnete sich das Tor zu den Gärten hin, jetzt grenzt es an den seltsamsten Gegenstand, der jemals von einem sterblichen Mann bearbeitet wurde: einen Block aus Steinmetzarbeit, dessen Äußeres einem lockeren Haufen Fadennudeln oder einem Schwarm von Raupen nachgebildet zu sein scheint.

      Ich kann nicht an Sam Shepheards altem Haus vorübergehen, ohne seines ersten Besitzers zu gedenken, eines in vielen Punkten bemerkenswerten Mannes. Der Sohn eines Bauern aus Warwickshire, geboren auf dem Landgut von V…, welches seit Generationen einer alten Grafenfamilie gehört hatte, fühlte in sich eine Berufung über den Pflug hinaus und entschloss sich, sein Glück jenseits der Äcker zu suchen. Er trat als Bäckerlehrling bei Herrn Walker in Dienst, einem Konditormeister in Leamington, und in glücklicheren Zeiten sandte er nach seinem alten Meister, der zu Hause gescheitert war und eröffnete mit charakteristischer Großzügigkeit für ihn ein Geschäft in Kairo.

      Als Kabinenjunge an Bord der Bark Bangalore unter Kapitän Smith landete er 1840 in Suez, als Waghorn gerade dabei war, den Transit zu organisieren. Hier wurde er aus den Reisemitteln der Fahrgäste gestärkt, und mein alter Freund, Herr Henry Levick, welcher noch das englische Postamt betreibt, führte ihn bei Herrn Hill ein, Mohammed Ali Paschas Arabagí-Basch (Leibkutscher), der damals ein kleines Gasthaus im Darb el-Beráberah in Kairo betrieb. Nachdem er eine Zeit lang die Suez-Transporter für fünf Pfund pro Person gefahren hatte, besaß er bald Geld und Kredit genug, um ein Geschäft auf eigene Rechnung zu eröffnen. Wann genau er auf die fixe Idee verfallen ist, dass er geboren wurde, um den Grundbesitz von V… zu erstehen, kann ich nicht sagen – und eine fixe Idee ist ja nicht immer ein Zeichen von Wahnsinn. Wohl aber war er zwischen den Jahren 1840 und 1845 von dieser Idee besessen und machte bei seinen Kunden, einschließlich meines verstorbenen Freundes und Blutsverwandten, des armen Sam Burton, kein Hehl daraus.

      Da er ungebildet war, begann er nun, sich in die Materie einzulesen, welche die Position erforderte, die einzunehmen ihm bestimmt war. Und obwohl er nur schwach die Erwartungen an einen Lancashire-Gutsherrn der letzten Generation erfüllte, schrieb er Gesellschaftsverse, welche am Ort zur Modeerscheinung avancierten. Mir ist, als hörte ich ihn noch immer rezitieren:

      »Komm in die Wüste, komm, Polly, mit mir!«

      Sein Arabisch war stets unbeholfen: Bei ihm war ein Tarbúsch nichts weiter als ein Tarbrush (Teerpinsel). Es waren wilde Geschichten im Umlauf, welche seinen Aufstieg zum Glück erklären sollten, typisch für die Klasse der Hotelbesitzer im Allgemeinen und für die Gattung der Hoteliers in Ägypten im Besonderen. So soll er von Mohammed Ali mit der Herstellung von Schinken-Sandwiches (!) betraut worden sein, welche er in einem doppelt verschlossenen silbernen Behälter transportierte; einen Schlüssel bewahrte er selbst auf, den anderen der Konsument. Die Wahrheit aber ist, dass er ein Zechkumpan des verstorbenen Khayr el-Dín Pascha war, und dieser der Chef des alten Transitbüros, der sich am Billardspiel ebenso wie an hochprozentigen Getränken erfreute und Shepheard einen Vertrag über die Lieferung von Versorgungsgütern an die Passagiere der Kutschen und Nildampfer verschaffte – eine gewinnbringende Angelegenheit, da wir zwölf Pfund pro Kopf bezahlten. Niemand murrte über seinen guten Stern: Er war großherzig und gab mit offenen Händen, als er wohlhabend geworden war; seine liebenswürdigen Taten sind zahllos, und die Souveränität seines Geistes und Auftretens erregte bei nur wenigen Unmut, sicherte ihm hingegen viele Freunde. Er hätte eigenhändig jeden Prinzen von seiner Schwelle gejagt, wenn der sich nicht wie ein Gentleman benommen hätte, und einmal hatte ich einige Mühe, ihn vor den geballten Fäusten eines wütenden angloindischen Majors zu bewahren.

      Schließlich füllten die Verträge zur Verpflegung unserer Truppen während des Krimkrieges und des Sepoy-Aufstandes seine Taschen mit Gold. Unverzüglich eilte er nach Warwickshire; er kaufte sofort einen Teil des begehrten Grundbesitzes

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