Operation Werwolf - Ehrensold. Uwe Klausner

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Operation Werwolf - Ehrensold - Uwe Klausner

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Tatze in Höhe ihrer Wange, die vor Scham beinahe zu glühen schien. »Ich weiß genau, was du vorhast – versuch bloß nicht, mich hinters Licht zu führen, so was wie damals passiert mir nicht noch mal!«

      »Lassen Sie mich los, sonst schreie ich um Hilfe!«

      »Nur zu, tu dir keinen Zwang an«, presste der Unbekannte zwischen zusammengepressten Fangzähnen hervor, ließ den Zopf unvermittelt los und griff in die Tasche seines Mantels. »Das Dumme ist, kein Mensch wird dich hören, also lass den Quatsch, damit machst du es nur noch schlimmer. In ein paar Minuten hast du es hinter dir, so oder so.«

      Oder du, kommt ganz drauf an.

      Drei Minuten bis zum nächsten Halt. Ganze drei Minuten musste sie noch durchhalten.

      Leichter gesagt, als getan. In drei Minuten konnte viel passieren. Doch egal, was noch kam, sie musste es versuchen. Musste versuchen, dem Monstrum Paroli zu bieten. »So, meinen Sie.«

      Die Reaktion ließ nicht auf sich warten. »Jetzt hör mir mal gut zu, du dreckige kleine Nutte«, keuchte der Werwolf, einen Totschläger in der linken Hand, mit dem er ihr Kinn brutal in die Höhe drückte. »Und wenn du noch so viel Theater machst, noch mal falle ich nicht drauf rein. Mach dir darüber keine Illusionen. Mir kannst du nichts vormachen, egal welche Tricks du auf Lager hast.« Der Fiesling lachte triumphierend auf. »Ich schlage vor, wir drehen den Spieß mal um, denn wenn wir schon unter uns sind, kommen wir doch zur Sache. Die S-Bahn ist dafür wie geschaffen, meinst du nicht auch? Du bist ja so ernst, stimmt irgendwas nicht mit dir? Weißt du, ich habe mich so auf unser Wiedersehen gefreut, ich kann mein Glück immer noch nicht fassen.«

      »So glauben Sie mir doch«, beteuerte sie mit flehentlichem Blick, und sei es nur, um Zeit zu gewinnen. »Wer auch immer Sie sind, ich kenne Sie nicht. Das ist ehrlich gemeint, ich lüge Sie nicht an. Wie käme ich denn dazu. Wir beide sind uns noch nie über den Weg gelaufen, sonst wüsste ich es noch.«

      Einfach nur weiterreden, so lautete ihre Strategie. Jede Sekunde, die verstrich, brachte sie ihrem Ziel näher, und wenn der Zug erst anhielt, dann hatte sie das Schlimmste hinter sich.

      Typisch für sie, so zu denken. Das hatte sie von ihrem Vater. So schlimm wie befürchtet würde es schon nicht werden, und wenn doch, ihr würde schon etwas einfallen. »Noch nie, ich lüge Sie nicht an! Weder vor zwei Jahren, noch bei einer Feier, noch auf der Straße oder in der S-Bahn oder …«

      »Glaub bloß nicht, du könntest mich um den Finger wickeln, sonst begehst du einen großen Fehler«, fuhr ihr der Unbekannte über den Mund, bohrte den Totschläger in ihren Hals, dass sie kaum noch Luft bekam, und kicherte hysterisch in sich hinein. »Apropos Finger: Ist dir eigentlich klar, was du miese kleine Judenschlampe angerichtet hast? Sieh mich an, ich rede mit dir!«

      Ohne eine Reaktion abzuwarten, holte der Unbekannte aus, den Schlagstock drohend über seinem Haupt, um ihr den Schädel einzuschlagen. »Du sollst mich anschauen, hab ich gesagt – sonst kannst du was erleben!«

      Hätte sie nicht reflexartig den Arm emporgerissen, der Hieb mit dem Knüppel wäre ihr Ende gewesen. Der Schlagstock traf sie mit voller Wucht, und es kam ihr vor, als würde sie unter einer heranrollenden Sturzwoge begraben. Der Ohnmacht nah, rappelte sie sich auf, ignorierte den Schmerz, der eine Schockwelle nach der anderen durch ihren Körper jagte, und starrte ihren Peiniger trotzig an.

      Und stutzte.

      Der Mann sah eigentlich ganz normal aus. Salopp gesagt, fast schon ein wenig zu normal. Groß, breite Schultern, kräftig, Dreitagebart, schlank, aber nicht abgemagert, blond und vermutlich auch blauäugig, bei der Schummerbeleuchtung kaum zu erkennen. Auf der Straße wäre er niemandem aufgefallen, und vielleicht war es genau das, was ihn von Gewohnheitsverbrechern unterschied. Der da gerade vor ihr stand, er kam ihr wie der Prototyp des Nordländers vor. Wäre er an ihr vorbeigelaufen, sie hätte ihn nicht mal angeschaut. Das wäre ihm vermutlich recht gewesen, je weniger Aufsehen, desto geringer die Chance, ins Visier der Kripo zu geraten.

      Und noch etwas fiel ihr auf, allen Schmerzattacken zum Trotz. Der Mann sah nicht etwa wie der geborene Rowdy aus, sondern hatte weiche, fast knabenhaft zu nennende Züge. Auch die Stimme war weich, für ihren Geschmack jedoch ein wenig zu hoch. Dieser Kerl, dem sie am liebsten ins Gesicht gespuckt hätte, er wusste genau, was er tat. Und er wusste, dass er leichtes Spiel mit ihr haben würde, genau wie mit den Frauen vor ihr, die das Pech hatten, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein.

      Wie sie, eine 17-jährige Gymnasiastin aus gutem Hause, die nicht wusste, wie sie die folgenden zwei Minuten überstehen sollte.

      Nur noch 120 Sekunden, zwei lumpige, im Zeitlupentempo verrinnende Minuten.

      Dann war Rettung in Sicht.

      Hoffte sie.

      »Antworte, ich hab dich was gefragt! Tut es dir wenigstens leid, was du mir angetan hast, oder …?«

      Der Werwolf kam nicht dazu, den Satz zu vollenden. Der Tritt, den sie ihm verpasst hatte, ließ ihn jäh verstummen.

      Doch sie hatte sich zu früh gefreut. Denn jetzt ging die Tortur erst richtig los. Schlag auf Schlag prasselte auf sie nieder, einer nach dem andern, sodass ihr Hören und Sehen verging. Angetrieben von blinder Wut, drosch der Unbekannte wie ein Berserker auf sie ein. Wie ein Raubtier, das nur einen einzigen Gedanken kannte, nämlich den Gegner in tausend Stücke zu reißen.

      Der Werwolf hatte Recht gehabt. In zwei Minuten hatte sie es hinter sich.

      Allerhöchstens.

      Es sei denn, es geschah ein Wunder.

      Woher sie die Kraft nahm, auf die Beine zu kommen, die Schläge abzuwehren, den gebrochenen Unterarm zu ignorieren, sie gäbe etwas dafür, wenn sie es wüsste. Vielleicht war es ihr Überlebensinstinkt, der ihr die Kraft verlieh, sich nicht widerstandslos in ihr Schicksal zu fügen. Vielleicht war es aber auch nur blinde Wut, weil ihr Peiniger sie wie ein Stück Dreck behandelte, als zähle sie nicht, weil sie erst 17 war. Oder vielleicht war es auch der Drang, es dem Scheusal endlich heimzuzahlen, stellvertretend für all jene, die von ihm auf bestialische Weise getötet worden waren.

      Die geglaubt hatten, ein Mensch sei zu so etwas nicht fähig.

      Und ob dieser Wahnsinnige das war.

      Nur noch eine Minute, oder, auf die Fahrstrecke bezogen, nicht mehr als ein lausiger Kilometer. So lange musste sie sich das Schwein noch vom Leibe halten.

      So sie von ihren Kräften nicht im Stich gelassen wurde.

      Das Wenige, was ihr noch im Gedächtnis war, es trieb ihr die Schamröte ins Gesicht. Die Hiebe mit dem Totschläger, die wie Glas zersplitternden Knochen, das Dröhnen in ihrem Schädel, der Blutgeschmack im Mund, fade, schal und übelriechend, die geschwollenen Augen, die dafür sorgten, dass sie wie eine Blinde auf allen Vieren im Abteil herumkrabbelte, all das war nichts im Vergleich zu dem, was am Ende des Höllenritts geschah.

      Selbst jetzt, Stunden später, wurde sie die Scham, die sie bis in die Katakomben ihres Unterbewusstseins verfolgten, nicht los. Auf einmal, mitten im wüsten Gerangel, hatte sie seine Klaue zwischen ihren Schenkeln gespürt, hart wie aus Stahl, scharf wie die Klaue eines tollwütigen Wolfs.

      Erst dann, sprachlos vor Scham, Ekel und Wut, die sie in eine wie entfesselt um sich schlagende Furie verwandelte, erst dann wendete sich ihr Schicksal.

      »Bahnhof Karlshorst. Ausstieg in Fahrtrichtung rechts.« Die Stimme

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