Operation Werwolf - Ehrensold. Uwe Klausner

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Operation Werwolf - Ehrensold - Uwe Klausner

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      »Doch. Schon.«

      »Und?«

      »Kinder? Verschonen Sie sich mich bloß damit!«, rief Sydow aus, verzweifelt bemüht, das Gespräch zum eigentlichen Thema zurückzuführen. »Kommen wir lieber zum Geschäft, ich möchte Sie nicht unnötig von der Arbeit abhalten.«

      »Wissen Sie, Herr Doktor: Mein einfühlsamer Kollege ist selbst noch ein Kind, und die Frau möchte ich sehen, die es länger als eine Woche mit ihm aushält.« Wie immer, wenn es darum ging, ihm ein Bein zu stellen, war auf Kalinke absolut Verlass. »Stimmt’s oder hab ich Recht, Herr Kommissar?«

      »Du und deine Kommentare, das hat mir gerade noch gefehlt«, blaffte Sydow zurück, warf Kalinke einen wütenden Blick zu und sah die Anwesenden in der Manier eines Stabsfeldwebels an. »Also was ist, könnten wir jetzt vielleicht zum Thema kommen? Oder ist es den Herrschaften lieber, wenn wir morgen früh noch rumpalavern?«

      »Können wir, Herr Kommissar«, stimmte Wilmers lächelnd zu, wechselte ein paar Worte mit der Oberschwester und verkündete in unmissverständlichem Ton: »Fünf Minuten, aber keine Sekunde mehr. Und nur, weil Sie es sind!«

      Dann entschwand er Sydows Blicken.

      »Verbindlichen Dank!«, rief Sydow dem Alter Ego seines Vaters hinterher, einen Seufzer der Erleichterung auf den Lippen, den er sich aus naheliegenden Gründen verkniff. Dann wandte er sich an den Leiter des 256. Reviers in Karlshorst, dessen Namen er in der Hektik vergessen hatte. »Um Zeit zu sparen – was wissen wir über die junge Dame?«

      Der schweißüberströmte Revierleiter, der Kalinke in puncto Gewicht noch übertraf, knetete die platte Nase und begnügte sich damit, die denkbar knappste Antwort zu geben. »Nicht viel.«

      »Dann schießen Sie mal los, Herr … Wie war doch gleich der werte Name?«

      »Olbricht«, gab das wandelnde Phlegma bekannt, bei dem der Rumpf fast nahtlos in den Kopf zu münden schien. Dann verdrehte er die dunklen Knopfaugen, räusperte sich und leierte: »Polizeiobermeister Hans Olbricht vom 256. Revier in Karlshorst, wenn’s gefällig ist.«

      »Ist es, heutzutage freut man sich schließlich über alles«, gab Sydow in launigem Tonfall zurück, bemüht, sein aufbrausendes Naturell zu zügeln. »Dann schießen Sie mal los, Herr Kollege – was gibt es über das Mädchen zu sagen?«

      »Wie gesagt, viel war aus ihr nicht herauszu…«

      »Name, Alter, Elternhaus, Adresse – das kann doch nicht so schwer sein, oder?«

      Olbricht fuhr erschrocken zusammen, kramte sein Notizbuch hervor und schnarrte: »Laut meinen Informationen ist das Mädchen 17 Jahre alt, stammt aus Köpenick und geht aufs Gymnasium, das heißt in die dortige Eichendorff-Schule.«

      »Und heißt?«

      »Bruckmann – Elsa Bruckmann.«

      »Vater?«

      »Stadtkämmerer und Ortsgruppenleiter der Partei, einer von den Hundertprozentigen, wenn die Bemerkung gestattet ist.«

      »Ist sie, wir sind ja schließlich unter uns. Und weiter?«

      »Was soll ich sagen«, ließ Olbricht achselzuckend verlauten, einen verdatterten Blick im feisten Gesicht. »Bis jetzt … äh … Bitte um Entschuldigung, aber wie ich zu meiner Schande gestehen muss, gäbe es da noch ein kleines …«

      »Problem?«

      Der Revierleiter nickte wie ein Wackelhund. »Die Sache ist nämlich die: Bis jetzt ist es uns noch nicht gelungen, die Eltern des Mädchens zu erreichen.«

      »Einen kleinen Moment, Herr Kollege, bevor ich es vergesse. Wann genau hat Sie die Nachricht über die Gewaltattacke erreicht?«

      Olbricht blätterte kurz in seinen Unterlagen, hob den Blick und sagte: »Um zwanzig nach sieben, Herr Kommissar.«

      Sydow glaubte, er habe sich verhört. »Wollen Sie damit sagen, Sie und Ihre Chaoten-Combo haben über eineinhalb Stunden gebraucht, um uns zu verständigen? Sagen Sie mal, haben Sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank? Was ist das denn für ein lahmarschiger Verein, das haut ja den stärksten Zuhälter um! Wir beide reißen uns den Hintern auf, um diesen Werwolf beim Kanthaken zu kriegen, und die Kollegen in Karlshorst machen Dienst nach Vorschrift. Ich will Ihnen mal was sagen, Sie Trantüte: Jede Minute, die nutzlos verstreicht, kann eine weitere Frau das Leben kosten, geht das in Ihren Charakterkopf hinein? Jede Minute, die wir mit sinnlosem Gequatsche verplempern, könnte dazu führen, dass wir uns weiter bis auf die Knochen blamieren, als ob das nicht schon oft genug der Fall gewesen wäre.« Sydow schüttelte entnervt den Kopf. »Fünf Tote, und Sie tun so, als gehe die Welt davon nicht unter. Als müssten Sie nur ein paar Strafzettel verteilen, und dann sei die Sache erledigt. Sind wir doch mal ehrlich, Herr Kollege: Wenn die Sicherheitskräfte auf Draht wären, dann hätte der Werwolf keine Chance. Was ich damit sagen will, ist: Noch so ein Vorfall wie heute, und wir sind bei den Leuten unten durch. Und zwar endgültig. Ergo: Entweder wir ziehen alle an einem Strang oder der Werwolf macht uns endgültig zum Affen. Fünf Tote sind genug, oder wollen Sie, dass die Gestapo den Fall Werwolf übernimmt? Wie ich sehe, sind Sie lange genug im Geschäft, um sich vorzustellen, welche Konsequenzen das für die beteiligten Kollegen haben könnte. Eins garantiere ich Ihnen, werter Herr Olbricht: Wenn die Jungs aus der Prinz-Albrecht-Straße erst in Fahrt kommen, dann gibt es für die Truppe kein Halten mehr. Dann werden Köpfe rollen, und wenn es der Teufel – will heißen: der Reichsführer – will, dann können Sie sich einen anderen Job suchen. Falls Sie überhaupt dazu kommen, das sollte ich vielleicht dazusagen. Noch Fragen, Herr Polizeiobermeister, oder muss ich vielleicht noch deutlicher werden?«

      »Das war deutlich genug, Tom. Es reicht.« Kalinke hob gebieterisch die Hand, warf Sydow einen strafenden Blick zu und sagte: »Um mit deinen Worten zu reden, kommen wir zum Geschäft.«

      »Jetzt mach aber mal halblang, Erich. Man wird doch wohl noch seine Meinung sagen …«

      »Nein, darf man nicht!«, fuhr Kalinke gereizt dazwischen, den Zeigefinger drohend auf seinen Kollegen gerichtet. »Jetzt rede ich – und du hast erst mal Sendepause. Frage an den Kollegen Olbricht: Wie weit sind Sie mit den Recherchen?«

      »Erst am Anfang, fürchte ich. Hätten wir mehr Personal, dann …«

      »Falls es Sie tröstet, die Generäle in Russland haben das gleiche Problem.«

      Olbricht atmete geräuschvoll aus. »Wir haben einfach nicht genug Leute, ob Sie es mir abnehmen oder nicht.«

      »Anderes Thema. Gibt es Spuren?«

      »Blutflecken auf den Polstern und auf dem Boden, hier und da auch an der Wand, aller Wahrscheinlichkeit nach vom Tatopfer.« Der Revierleiter machte eine hilflose Geste. »So leid es mir tut, das wäre es schon gewesen.«

      »Mehr war nicht?«

      »Wie gesagt, die Kollegen sind noch bei der Arbeit.«

      »Fingerabdrücke?«

      »Jede Menge«, antwortete Olbricht und zuckte entschuldigend mit den Schultern. »War ja auch nicht anders zu erwarten, oder? Der Zug war von frühmorgens an unterwegs, hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre.«

      »Augenzeugen?«

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