Pfaffensud. Andreas Schröfl
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»Hast du den umbracht?«, hat der Sanktus dem Graffiti zugeflüstert.
»Spinnst du komplett, du Vollgaserer«, hat der zurückgezischt. »Bin doch ned deppert! Der war scho hin, wie ich kommen bin!«
Dann sind, wie sollt’s auch anders sein, der Leichen-Seppi mit seinem narrischen Vater, also Bestattungsdienst Hingerl, in bester Blues-Brother-Manier aufgetaucht.
»Des hätt i mir ja glei denken können, dass du wieder da bist, wenn’s wo eine Leich gibt, Sanktus«, hat der Seppi gemeint und den Sanktus entsetzt angeschaut.
»Ich denke, das ist Kommissar Manfred Kopfeck von der Kripo Erding. Die Bayern und ihre Spitznamen. Versteh, wer wolle«, hat der Rechtsmediziner verdutzt gemeint. »Der ist wohl immer da, wenn’s in ’ner Kirche«, das hat er jetzt gesprochen wie Köörche, »’ne Leiche gibt. Ich kenn den von dem Mord in Steinhausen im letzten Jahr. Aber macht, wat ihr wollt. Ergebnisse habt ihr am Montag. Ich geh jetzt ins Wochenende. Tschü-ü-üs!«
»Kommissar Kopfeck?«, hat der Rudi gefragt.
»Notlüge«, hat die Bine hinausgeschossen. »Tut nix zur Sache, gell, Sanktus?«
»G’wiss ned, Bine. G’wiss ned«, hat der Sanktus bestätigt. »Rudi, tu weiter!«
Der Rudi hat nur mit den Augen gerollt und drohend den Finger erhoben.
»Aber guad für ’n Umsatz isser, da Sanktus. Muass ma eahm lassn«, hat der alte Hingerl gefaselt und den Sarg verschlossen.
»Darf ich die Karte amal anschauen?«, hat der Sanktus gefragt, und die Bine hat sie ihm, eingepackt in einer Klarsichtfolie, gegeben.
Die Karte hat einen sitzenden Teufel mit geschwungenen Hörnern gezeigt. Die Flügel haben ausgesehen wie von einer Fledermaus, seine Beine waren behaart, und über seinem Kopf hat ein Pentagramm gethront. Die Zahl 15 war römisch, also XV, dargestellt.
»Der Teufel. Tarotkarte Nummer 15«, hat die Bine kurz gesagt. »Dreh mal um!«
Der Sanktus hat die Rückseite betrachtet. Mit einem wasserfesten Stift war groß »5« draufgestanden.
»Fünf?«, hat der Sanktus gefragt.
»Keine Ahnung«, hat der Rudi gemeint.
»Die Monstranz und die Karte prüfen wir auf Fingerabdrücke«, hat die Bine gesagt. »Und dann schauen wir weiter.«
»Meine werdts auf der Monstranz ned finden«, hat der Graffiti eingeworfen. »Der war nämlich schon tot, wie ich gekommen bin!«
»Tja. Herr Himsl, das können S’ dann alles im Bräsidium zu Prodokoll gebn«, hat der Bergmann Rudi gefränkelt.
»Wir wären jetzt dann aber alle zum Mittagessen im Hofbräukeller am Wiener Platz«, hat der Sanktus gesagt. »Der Graffiti ist nämlich bei uns auf der Firmung eingeladen, und die andern warten alle schon draußen. Geht’s halt mit, ihr zwei. Na könnts in Ruhe verhören, und wir schrotten ned die ganze Feier.«
Der Rudi hat die Stirn gerunzelt, dann gelächelt und genickt.
»Weng meiner. Ausnahmsweise, Sankdus! Geh ma mal naus und schau ma, ob der Krankenwachen scho die hysderische Dame wegbracht hat. Die würd ma aa gern vorher no sprechen.«
8.
Eine Stunde später sind alle, immer noch etwas aufgeregt von den Ereignissen, unter Kastanien im schattigen Biergarten am Wiener Platz gesessen. Natürlich im Teil mit Bedienung. Jeder hat ein Getränk vor sich gehabt, der Sanktus bereits seine zweite Maß in Zubereitung. Der Graffiti hat Wasser getrunken, weil er nicht gewusst hat, was ihm an diesem Tag noch so alles blühen würde.
Natürlich große Diskussion um die Geschehnisse gerade eben, aber die Birthe hat den Fall ohnehin schon gelöst gehabt. Der Sanktus hat schon nicht mehr hinhören können, aber dann sind Gott sei Dank auch schon die Bine und der Bergmann Rudi um die Ecke gekommen und haben Platz genommen.
»Jetzt bestellen wir alle erst einmal was zu essen«, hat die Kathi gesagt. »Esst, was euch schmeckt. Bine und Rudi, ihr seid natürlich auch eingeladen.«
»Für mich bidde ned«, hat der Rudi gesagt. »Mich holt gleich die Lena ab.«
»Ja, genau«, hat der Sanktus lachend gesagt, das Telefon gezückt und die Lena, die er schon seit seiner Gymnasialzeit gekannt hat, angerufen. Sie hatte auch schon mit ihm ermittelt und ihm während der Hopfenkiller-Morde, als er vom Kriminalassistenten Demuth polizeilich gesucht worden war, in ihrer Wohnung Asyl gegeben.
»Du darfst noch bleiben, Rudi«, hat der Sanktus gesagt. »Sie kommt später noch auf eine Halbe vorbei.«
Der Rudi hat gelacht, den Kopf geschüttelt und ein Bier bestellt.
»Jetzt erzähl, Rudi«, hat die Kathi ihn aufgefordert. »Wennst überhaupt darfst.«
»Jetzt hat er ja Feierabend«, hat der alte Sanktjohanser gerufen. »Na derf a scho, gell!«
»Ist der Mann Polizi-ist?«, hat die Sandy gefragt, die irgendwie immer noch an der Birthe gehangen ist. »Der sieht gar nich so a-us! He, voll kra-ass.«
»Isch weeß es nich«, hat die Birthe angefangen. »Fleisch könnte hior mal jemand Klarheit schaffen. Man weeß ja nich, was man sochen darf …«
»Jaja! Is scho recht«, hat der alte Sanktjohanser gemeint. »Das ist der Kommissar Bergmann. Ein alter Freund von meinem Sohn.«
»Kommt Ihr Sohn auch noch?«, hat die Sandy gefragt.
Jetzt hat der alte Sanktjohanser nur noch den Kopf geschüttelt, und der Graffiti hat seinen in den Händen vergraben.
»Er ist der Vater vom Sanktus«, hat der Graffiti geseufzt.
»Hat mir keiner gesa-agt«, hat sich die Sandy verteidigt.
»Rudi, hast du die Hexeneder verhört?«, hat die Martina gefragt.
»Muxeneder heißt die, oder?«, hat die Bine eingeworfen.
»Ja, aber wir nennen sie so, weil sie so furchtbar ist. Sie tut immer so katholisch, derweil ist sie ein giftiges altes Weib!«
»Also Martina!«, hat die Kathi gerufen. »Sag amal! Wie redst denn du?«
»Ja, wir haben sie verhört«, hat der Rudi gesagt. »Sie hat ausgesagt, dass der Graffiti schon vor der Messe auf den Abt losgegangen ist. Auf dem Klo vom Pfarrheim.«
»Stimmt das?«, hat die Bine gefragt.
Der Graffiti hat abgewinkt.
»Kommt ja eh raus. Freilich stimmt’s.«
»Warum?«, hat der Sanktus wissen wollen.