Tod eines Jagdpächters. Thomas Sutter
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Beltel hatte seine Brille schon aufgesetzt.
Schaffe, schaffe Häusle baue
Las Dir nix vom Nirbach klaue
Dieses miese, üble Schwein
Zerstört den Traum vom Eigenheim
Kassiert nur Dein gutes Geld
Liefert nicht das, was Du bestellt
Nie mehr geh in die Psychiatrie
Vielmehr fick diesen Kerl ins Knie
»Was soll das denn nun schon wieder?« Beltel steckte seine Brille in die Innentasche seines Jacketts.
»Unser Poet hat sich wieder gemeldet«, sagte Funk. »Ich habe es geahnt. Die erste Botschaft kam mir allerdings weniger verschlüsselt vor.«
Langen übergab den Zettel einem Kollegen, der das Papier sorgfältig eintütete.
»Die zweite Botschaft?«, hakte der Mann von der Spurensicherung nach.
Funk ging zum Auto und holte das Tütchen, in das er die ersten Gedichtzeilen gesteckt hatte. »Ja, das hier hatten wir heute Morgen unter dem Scheibenwischer.«
Wolfgang Langen nahm das Tütchen entgegen. Durch die Folie hindurch konnte er die Zeilen lesen. »Hört sich echt schräg an. Wer soll denn diese Ivonna Martiniak sein?«
Funk erklärte kurz, was sie bezüglich Ivonna Martiniaks Schwangerschaft herausgefunden hatten.
»Scheint, als ob da jemand Spuren legt. War dieser Nirbach nicht Bauunternehmer?«, fragte Langen.
Beltel nickte. »Schaffe, schaffe Häusle baue. In diesen Zeilen spielt der anonyme Schreiber anscheinend auf unschöne Erfahrungen mit dem Bauunternehmer Nirbach an.«
»Unschöne Erfahrungen ist sehr mild ausgedrückt«, sagte Funk. »Dieses miese, üble Schwein. Da schreit jemand ziemlichen Hass heraus.«
»Genau wie du sagst, Wolfgang, jemand legt Spuren. Mit den ersten Reimen hat er uns auf einen zweiten Verdächtigen aufmerksam gemacht. Wenn wir erfahren, was hinter diese Zeilen steckt, werden wir wahrscheinlich auf eine weitere oder vielleicht sogar mehrere Personen stoßen, die ein Motiv für den Mord an Nirbach hatten«, schlussfolgerte Beltel.
Bevor Langen oder Funk antworten konnten, klingelte Beltels Handy. Sein Gesicht verfinsterte sich. Er stellte ein paar knappe Fragen, lauschte und legte dann auf.
»Ralf Schmitter und Jessica Carlius sind in einer Scheune aufgespürt worden«, erklärte er.
»Schön«, sagte Funk. »Damit hätten wir schon mal den Hauptverdächtigen.«
Beltel schüttelte missmutig den Kopf. »Sie sind entwischt, und bei der Durchsuchung der Scheune wurde eine Waffe gefunden. Der Junge hatte also eine Waffe dabei. Die hat er wohl in der Eile liegengelassen.«
»Dieser Fall beginnt mir langsam wirklich zu stinken«, fluchte Funk.
»Ich beneide euch nicht, Kollegen. Das Einzige, was ich jetzt für euch tun kann, ist mit der Arbeit dort drinnen weiterzumachen. Vielleicht finden wir ja noch was Interessantes«, sagte Langen.
Kaum hatte er ausgesprochen, trat einer seiner Mitarbeiter nach draußen. »In einem der Kellerräume haben wir Flusen auf dem Boden gefunden. Wahrscheinlich von einem Schlafsack«, erklärte der Mann.
Langen wandte sich noch mal an Beltel und Funk: »Ihr seht, in den Räumen ist noch was zu holen. Wir geben euch Bescheid.«
Der Plan geht auf
Die Polizei war eifrig bei der Arbeit und bei dem Blick durch das Fernglas machte sich ein befriedigendes Lächeln auf seinem Gesicht breit.
Dieser Kriminalhauptkommissar und sein Partner machten einen guten Eindruck. Bedächtige, ruhige Männer. Das sprach für Grips. Sie passten genau in den Plan. Ein Spiel, bei dem die Polizei sich seinem Tempo anpassen musste. Die beiden Bullen sahen nach den passenden Gegenspielern aus, deren Geduld noch auf die Probe gestellt werden würde, denn einfach würde er es ihnen nicht machen.
Der Mann ließ das Fernglas sinken und reckte sich. Die Nacht auf dem Betonboden verlangte nach ein wenig Gymnastik. Mit offenen Handflächen berührte er den Boden und dehnte Rücken und Beine. Er hatte eine kleine Wohnung gemietet, aber trotzdem schlief er gelegentlich im Wald, oder eben in so einer Kellerbaustelle. Verrückt? Nein, ganz und gar nicht. Menschen waren nicht dafür geschaffen, ständig in weichen Betten zu liegen. Er konnte ohne Probleme auf hartem Beton schlafen. Ob auf einer Matratze oder einem Steinboden, er brauchte nur wenig Zeit bis zum Einschlafen.
Nachdem er gestern Abend die Nagelpistole aufgestellt hatte, hatte er die Nacht im Keller verbracht. Es wäre nicht nötig gewesen. Er hätte heute Morgen zurückkommen können, um den Kompressor der Nagelpistole einzuschalten. Aber er liebte diese Übungen aus seiner Ausbildungszeit und wollte sie nicht aufgeben. Übungen, die damals für den Ernstfall trainiert worden waren. In der Lage sein, in verfallenen Gebäuden zu nächtigen, an Flüssen, Moorgebieten oder auf windigen Ebenen zu schlafen. Mit allen Gegebenheiten zurechtzukommen. Die meisten Menschen waren einfach viel zu verweichlicht.
Nochmals das Fernglas ansetzend sah er die Polizisten wegfahren. Er würde seinem Rücken noch etwas Gutes mit ein paar Dehnübungen tun und dann wie ein gewöhnlicher Bürger in seine kuschelige, bürgerliche Wohnung zurückkehren. Askese beinhaltete eine sehr simple Weisheit: Wer eine Nacht auf hartem Beton verbrachte, konnte erst richtig den Wert einer angenehm weichen Matratze schätzen.
Teambesprechung
Aufgrund eines Installations-Problems herrschte an diesem Morgen im Bonner Polizeipräsidium großes Durcheinander. Beltel hatte von der verstopften Abflussleitung gehört und sich noch gedacht, dass mancher Kollege auf seiner Etage wohl zu viel Zeit auf der Toilette verbrachte. Nun war das Chaos perfekt! Wasser drang aus den Toilettenräumen bis auf den Flur. Es roch übel. Doch die Installateure waren bereits in den Waschräumen zugange und der Presslufthammer dröhnte extrem. Alle auf der Etage, die sich mit konzentrierter Arbeit befassen mussten, wichen auf Räumlichkeiten in anderen Stockwerken aus, sofern welche vorhanden waren.
Beltel hatte sein Team in die sechste Etage gebeten, in der nur ein leises Brummen des Presslufthammers aus dem zweiten Stock zu hören war. Der Geruch war zwar bis einige Etagen weiter hinauf erhalten geblieben, aber hier oben war die Luft in Ordnung.
Beltel und Funk betraten zusammen den viel zu kleinen Besprechungsraum, in dem schon etliche Kollegen anwesend waren. Sie saßen dicht an dicht und es gab kaum Platz, sich zu bewegen. Es war ärgerlich, dass es nur dieses kleine Räumchen zum Ausweichen gab, aber sie waren schließlich nicht das einzige Team, das von den derzeitigen Problemen betroffen war und in Ersatzräume ausweichen musste. Im Präsidium ging es heute Morgen geschäftig wie in einem Ameisenhaufen zu, so dass man froh sein konnte, überhaupt irgendwo tagen zu können.
Holters war noch nicht anwesend, er würde wie gewöhnlich ein wenig später eintreffen. Er gehörte zu den nikotinsüchtigen Kollegen, die vor jeder Besprechung den langen Weg vom Raucher- zum Besprechungsraum immer noch nicht richtig einschätzen konnten. Und nun lag dieser Raum auch noch ein paar Stockwerke