Tod eines Jagdpächters. Thomas Sutter

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Tod eines Jagdpächters - Thomas Sutter

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Jahr ein Vierzehnjähriger Schützenkönig geworden.«

      Beltel nickte und lächelte, innerlich davon überzeugt, dass ihn sein Riecher nicht täuschte.

      Der Trauerzug

      Nachdem sie von der Schnellstraße Richtung Flamersheim und Euskirchen rechts nach Schweinheim abgebogen waren, tauchte wieder ruhige, hügelige Waldlandschaft auf. Schweinheim lag flach, kleiner und irgendwie mehr abseits scheinend als Loch. Rechts tauchte ein wunderschönes Fachwerkhaus auf, das von Schatten spendenden Bäumen und von einer grünen Mauer von der Straße abgeschirmt wurde. Links befand sich ein größerer Reiterhof. Dann musste Beltel abrupt bremsen. Nach einer Kurve bewegte sich ein Beerdigungszug durch das Dorf. Ungefähr dreißig bis vierzig überwiegend ältere, schwarz gekleidete Menschen folgten einem mit Blumen geschmückten Sarg. Der Zug bewegte sich zu leiser Trauermusik Schritt für Schritt Richtung Dorfmitte.

      Plötzlich entstand eine Unruhe unter den Trauergästen. Beltel stellte den Motor ab und stieg aus. Auch Funk verließ den Wagen, um zu sehen, was passiert war. Die beiden Polizisten begaben sich zu der Trauergruppe. Eine Frau um die siebzig war zusammengebrochen. Sicherlich handelte es sich um eine nahe Angehörige des Toten.

      Zwei Männer kümmerten sich um die bewusstlose Frau. Beltel zückte sein Handy und wählte die Nummer des Notarztes. Währenddessen ging Funk zum Auto zurück, um ein Kissen zu holen. Er legte es unter den Kopf der Frau. Beltel tastete nach ihrem Puls. Der Puls ging unregelmäßig, aber scheinbar war die belastende Trauer der Grund für die Ohnmacht der älteren Frau.

      Waldhotel Rheinbach

      Herrmann Klötsch war genervt. Jemand hatte ihn im Auftrag des Architekten Jens Breitbach angerufen und sich über die Innenarbeiten im Waldhotel Rheinbach beschwert. Angeblich hatten Klötschs Mitarbeiter dort schlampig verputzt.

      Er hasste es, diesen Lackaffen gegenüber freundlich bleiben zu müssen. Das war einer der Nachteile im Baugewerbe. Früher im Puff hatte er nicht weniger verdient und sich Beschwerden nur einmal anhören müssen. Wer motzte, flog hochkantig raus.

      Aber hier herrschten andere Gepflogenheiten. Ohne Zufriedenheit des Kunden gab es kein Geld. Und es war noch eine große Summe offen, die Breitbach zu überweisen hatte. So blieb Klötsch nichts anderes übrig, als am Waldhotel vorbeizufahren und den Arschkriecher zu spielen.

      Arbeiter einer anderen Firma waren noch vor dem Gebäude beschäftigt. Innen war es fast schon bezugsfertig. In nur wenigen Monaten würde das Hotel den Betrieb aufnehmen. Ein Luxuskasten, dessen Bauart modernen und alten Stil miteinander vereinte. Wenn die Gartenbaufirma loslegte, würde das Gelände hier ganz anders aussehen. Der zurzeit noch kiesige Weg würde zu einer beidseitig von Gartenarchitekten bepflanzten Prachtauffahrt werden.

      Klötsch könnte einen Urlaub gebrauchen. Aber im Moment war dies nicht möglich. Er führte die Geschäfte für Viola Nirbach, die es sich bis heute in Spanien hatte gut gehen lassen. Vor einem halben Jahr hatte Viola Karls Firma übernommen und sie war zu Klötschs Chefin geworden. Aber genau wie vorher war Klötsch nicht nur Befehlsempfänger gewesen. Er hatte nicht selten mitentscheiden können und er hatte immer sehr gut mitverdient. Sein Bankkonto in Liechtenstein wies genug auf, um sich irgendwo in der Karibik zur Ruhe setzen zu können. Aber noch nicht jetzt.

      Jetzt, da Nirbach tot war, hatte er zwar noch mehr um die Ohren, aber es waren auch noch mehr Euros drin. Viola war nun vollkommen auf ihn angewiesen, deshalb würde er bald mit ihr über eine kleine Gehaltszulage reden müssen. Das wollte er geschickt anstellen und nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, denn sie war härter im Geschäftsleben, als Karl es jemals hätte sein können. Aber sie war auch fair und wusste gute Arbeit zu schätzen. Insofern hatte er gute Karten.

      Zwanzig Jahre hatte er Nirbach gekannt. Er war immer loyaler Untergebener gewesen und es war nie zu Spannungen gekommen. Karl, Viola und er waren wie eine Familie gewesen. Trotzdem hatte Klötsch kaum Trauer verspürt, als er Karl im Wald erschossen aufgefunden hatte. Wut ja, auch ein wenig Angst. Der Polizist hatte nach Kontakten in Köln gefragt, aber die gab es im Geschäftsleben tatsächlich nicht mehr. Höchstens privat waren Nirbach und er nochmal auf der ein oder anderen Party von Puffbesitzern gewesen.

      Dennoch hatte auch Klötsch sich gefragt, ob wirklich die Jungs hinter Karls Ableben steckten. Nur, wer konnte sonst Karl aus dem Weg geräumt haben? Der Bulle hatte nach Darek gefragt. Weshalb gerade nach ihm? Der Pole hatte gelegentlich Jobs für Nirbach und ihn erledigt. Kleine Sachen, wie Baumaschinen von konkurrierenden Firmen lahmlegen, oder mal jemanden aufmischen.

      Sicherlich hatten Nirbach und er etlichen Leuten auf den Schlips getreten. Aber das waren Spießer gewesen. Hosenscheißer, die versucht hatten, gerichtlich gegen sie vorzugehen. Keiner von denen hatte den Mumm eines Killers. Der Junge dagegen, dem Nirbach die Nase blutig geschlagen hatte, hatte ihn an sich selbst erinnert. Extrem jähzornig und zu stolz, um die Tracht Prügel einfach so hinzunehmen. Dieser halben Portion war mehr Mumm zuzutrauen als den verspießerten Geschäftsleuten oder Kunden, die ebenfalls einen Pick auf Nirbach hatten.

      Der Hotelbau war nicht verschlossen. Breitbachs Mitarbeiter hatte ihn auf das Restaurant hingewiesen. Dort war der Putz angeblich unter aller Sau gemacht worden. Klötsch wusste, dass seine Mitarbeiter normalerweise ordentlich arbeiteten. Er wollte sich das ansehen, und wenn da wirklich gepfuscht worden war, würden ein paar Köpfe rollen. Gute Bauarbeiter konnte er an jeder Straßenecke finden.

      Aufgrund der Leere wirkte der Gang wie ein Krankenhausflur, davon abgesehen, dass hier noch alles Dekorative fehlte. Es gab keine Bilder, keine Lampen, keine Vasen. Nur kalter, steriler, weißer Putz.

      In dem Raum, der als Restaurant dienen würde, tuckerte ein leiser Motor. Klötsch drückte die Klinke des großen Raums. Die Tür ließ sich nicht einfach ziehen. Irgendetwas klemmte und nur Stück für Stück gab sie nach. Auf der Fensterbank, genau der Tür gegenüber, war eine merkwürdige Apparatur aufgebaut. Größer als ein Bohrer oder ein Akkuschrauber. Ein Schlauch lief zu einem Druckluft- Kompressor, den er von draußen gehört hatte. Dann sah er den Faden, der von der Tür zu der Apparatur entlang der Decke gespannt war. Eine Nagelmaschine, schoss es ihm durch den Kopf. Aber das Denken hatte zu viel Zeit für eine Reaktion zum Ausweichen gekostet. Ein leises, zischendes Plopp – und etwas bohrte sich sehr schmerzhaft in seine rechte Schulter. Er wurde zurückgeschleudert, taumelte und brauchte einige Sekunden, um zu kapieren. Er tastete nach der Wunde. Der Nagel war ganz in die Schulter eingedrungen. Klötsch erkannte sein enormes Glück, denn nur wenige Zentimeter trennten den Nagel von Hals, Lunge oder dem Herz. Die Wunde war klein und es floss nur wenig Blut. Mehr vom Schock als durch die Verletzung taumelnd schaffte er es nach unten, wo er einen Arbeiter anschrie, sofort einen Notarzt zu rufen.

      Ralf und Jessica

      Ralf hatte nur wenige Stunden geschlafen. Das Stroh piekte und er grübelte. Obwohl dicht aneinandergeschmiegt und trotz der warmen Schlafsäcke, hatten er und Jessica ein wenig gefroren.

      Er wiegte die Glock in seiner Hand. Damit konnten sie sich Geld beschaffen. Dann nichts wie ab. Vielleicht nach Holland, oder sogar nach Spanien. Ein Freund aus dem Heim hatte ihm von Amsterdam erzählt und die Stadt als einen Ort beschrieben, an dem viele junge Ausreißer recht einfach unterkamen. Aber südliche Sonne, Strand und Meer wären noch tausendmal besser.

      Im Heim hatte es ein paar Typen gegeben, die bewaffnete Raubüberfälle begangen hatten. Diese Typen hatten ihm früher imponiert. Doch Ralf erkannte, dass er sich in der letzten Zeit von seiner Vergangenheit immer mehr löste. Die Zeit bei den Dederichs hatte etwas in seinem Denken bewirkt. Er hatte ein Gefühl für etwas wie einen gradlinigen Weg entwickeln können. All die Monate bei der Pflegefamilie war ihm dieses neue Denken gar nicht richtig bewusst

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