Backpacking in Pakistan. Anne Steinbach
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»Ja, sind wir.« Die Antwort habe ich mir schon längst bereitgelegt. Ein Allheilmittel, um lästige Fragen zu umgehen und einfach nur innerhalb von Sekunden den eigenen Standpunkt klar zu vermitteln. Dass Clemens und ich nicht verheiratet sind, das muss jetzt niemand wissen. Pakistan gilt als eines der konservativsten Länder der Welt. Die Beziehung zwischen Mann und Frau passiert hier hinter verschlossenen Türen und Fenstern, so kennen wir es zumindest aus anderen muslimischen Ländern wie Indonesien, dem Libanon und dem Senegal. Aber ehrlich, wie genau es funktionieren wird, als Paar durch Pakistan zu reisen: keine Ahnung. Für jetzt sind wir verheiratet, und das sogar ohne Ring am Finger.
»Wie lange seid ihr in Pakistan?«, bohrt der Polizist weiter. Ein dicker Aufnäher prangt über seiner rechten Brust. Eine weiße Mondsichel und ein fünfzackiger Stern auf grünem Grund – die Flagge Pakistans. Dabei ist das Dunkelgrün als Farbe des Islams auch ein Symbol für die Muslime, die mit 96,4 Prozent die klare Mehrheit im Land sind. Daneben ist in lateinischer Schrift »Burki« auf sein Namensschild genäht. Ich finde, der Name passt, auch wenn es nur der Nachname ist. Er passt zu seinem jugendlichen Auftreten und zu seiner schmalen Figur.
»Wir bleiben einen Monat.« Dieses Mal lüge ich nicht.
Ein Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit. »Wow«, ruft er und übersetzt meine Aussage seinem Kollegen, der sein Vorgesetzter sein könnte. Er ist älter, seine Schläfen bereits angegraut, und neben seinem Namensschild kleben etliche Auszeichnungen wie kleine Fähnchen in verschiedenen Musterungen.
Aus dem anfänglichen Verhör wird der erste richtige Smalltalk. Dabei habe ich ganz vergessen, auf Clemens zu achten, der immer noch hinter der dicken Scheibe am Geldautomaten steht.
»Kein Problem«, beruhigt mich Burki, der in meinen Kopf gehorcht haben muss. »Das ist Pakistan. Alles ist ein bisschen langsamer«, erklärt er.
Clemens | Ich bin kurz davor, aufzugeben. Erst beim achten Anlauf rattert es endlich im Inneren des Automaten. Kurz darauf schießt ein Geldbündel von 17.000 pakistanischen Rupien aus dem Schlitz. Das macht umgerechnet etwas mehr als 100 Euro in kleinen Scheinen – fast zu viel für meinen schmalen Geldbeutel. Er ist jetzt so prall gefüllt, als hätte er sich überfressen.
In Pakistan gibt es neben regulären Taxis sowohl den Fahrdienstvermittler Uber als auch die Nahost-Variante Careem. Vorbereitet, wie wir als ordentliche Deutsche sind, haben wir uns bereits informiert und den Fahrpreis vom Flughafen in die Stadt notiert. Nicht bedacht haben wir allerdings, dass so früh am Morgen noch kein offizieller Fahrer unterwegs ist.
»Fahrzeuge in Ihrer Umgebung: null«, zeigt die App an. Läuft bei uns. Umso weniger überrascht es, dass unsere männliche ATM-Eskorte das Vierfache des Standardpreises verlangt. Die Frage nach seiner Taxilizenz hat sich damit auch geklärt.
Wir schalten mit unseren deutschen Reiseweltmeisterqualitäten in den nächsten Gang: auf Verhandeln.
»Ich habe ein wirklich modernes Auto«, versucht der Fahrer es mit einem weiteren Lockmittel.
Wir handeln ihn noch um die Hälfte herunter und schlagen darauf ein. Die Bezeichnung »modern« ist, wie sich auf dem Parkplatz herausstellt, nicht ganz präzise. Sein Suzuki Alto ist eine alte Schrottmöhre. An der Stoßstange und der Fahrertür klaffen Dellen, der Lack ist an vielen Stellen abgeblättert, und das Sitzpolster müffelt nach Raucherkarre. Über so was wie den TÜV könnte er nur lachen. Kaum ist der Schlüssel in der Zündung, wummert pakistanische Musik aus den Lautsprechern. Schon nach wenigen Kilometern passt sich unser Herzschlag dem einlullenden Beat an.
Der Schwarze Afghane
ISLAMABAD
Clemens | Unser Fahrer stellt sich als Momi vor. Er ist kräftig gebaut mit breiten Schultern. Sein Polohemd ziert ein kleiner Aufnäher: »Polo Ralph Laurel« steht drauf. Der Rechtschreibfehler fällt mir erst auf den zweiten Blick auf.
Kaum haben wir den Flughafen hinter uns gelassen, redet er wie ein Wasserfall, als wäre die Fahrt ein Vorstellungsgespräch. Ich aber bin noch zu müde für eine richtige Unterhaltung, und mein Kopf ist ganz diesig. Wieso ist er überhaupt schon so wach? Und konzentriert er sich beim ständigen Umdrehen zur Rückbank eigentlich auf die Straße?
Momi ist neugierig: »Was wollt ihr denn gerade in Pakistan? Ihr könnt mit eurem deutschen Pass doch überall hin«, ergänzt er und hat sehr wohl recht damit. Das belegt der jährliche Henley Passport Index. Er analysiert, basierend auf Daten des internationalen Dachverbands der Fluggesellschaften, wie frei und ungehindert von Visabestimmungen und Einreisebeschränkungen sich die Bürger eines Landes dank ihres Reisepasses im Rest der Welt bewegen können. Das Ergebnis im Jahr 2019: Deutsche können derzeit in 187 Staaten einreisen, ohne vorher ein Visum beantragen zu müssen. Nur Bürger aus Japan und Singapur können noch mehr Länder visumfrei bereisen, und zwar 189. Pakistan hingegen landet mit 30 Ländern, in die visafrei eingereist werden kann, abgeschlagen auf einem der letzten Plätze, unterboten nur noch von Syrien (29), Irak (27) und Afghanistan (25).
Momi argumentiert weiter: »Also wir Pakistaner dürfen ja kaum einfach so irgendwo einreisen. Wisst ihr, wenn ich einen deutschen Pass hätte, ich würde überall hinreisen, nach Amerika, Thailand, Australien, Frankreich oder England, aber doch nicht nach Pakistan!«
»Wir wollen einfach schon sehr lange nach Pakistan, wir wollen das Land kennenlernen«, erklärt Anne unsere lang gehegten Reiseträume.
Wieder dreht er sich hastig zu uns um. Diesmal aber reißt er seine Augen so weit auf, dass man Angst hat, seine Augäpfel könnten herauskullern. »Ja, wirklich?«, prustet es aus ihm heraus. Er lacht dabei mit einer tiefen Bärenstimme in seine große, fleischige Hand hinein.
Ja, wirklich.
»Raucht ihr Shit?«, ruft Momi gut gelaunt zu uns nach hinten und hat dabei ein kleines Etwas eng zwischen seinen schwarzen Fingern, die aussehen wie eine stark geräucherte Wildsalami. Er hält uns einen etwa zwei Zentimeter großen Klumpen Schwarzer Afghane unter der Nase und formt ihn in seiner Hand zu einem Würfel.
»Nein, nein, den rauchen wir nicht«, antworten wir.
Enttäuscht zieht er seine Hand zurück und schiebt sich mit der anderen einen Glimmstängel zwischen die gelb verfärbten Zähne. »Wirklich nicht?« Er scheint doch ziemlich erstaunt über unsere Antwort. »Es ist wirklich gute Qualität«, versucht er seine Ware anzupreisen, »die Beste.« Er würde uns ja auch einladen, ergänzt er mit eindringlicher Nettigkeit. Dabei dreht er den Batzen wie Knete zwischen seinen Fingern und fuchtelt damit herum. Dichter Rauch stößt aus seinem Mund und zieht sofort durch das leicht geöffnete Fenster wie in eine Dunstabzugshaube. Wie das Wageninnere liegt auch die Landschaft draußen in einem mystischen Dunst.
Nach fast einer Stunde ist die Straße besser zu erkennen. Sie ist so gar nicht das, was wir uns unter den Straßen in Pakistan vorgestellt hatten. Die Fahrbahn ist frisch geteert, die Straßenmarkierungen scheinen erst gestern gemalt. Kaum ein Auto ist unterwegs.
Anne | Vor ein paar Tagen sah es noch ganz anders aus. Da haben wir vom heimischen Wohnzimmer in Berlin-Friedrichshain aus die Aufnahmen von den Straßen Islamabads verfolgt. Sie waren dicht gefüllt mit Männern und schwarzen Flaggen, mit denen sie gegen die Freilassung