Backpacking in Pakistan. Anne Steinbach

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Backpacking in Pakistan - Anne Steinbach

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Selfie-Paparazzi bereit. Bald sind zehn Selfies geknipst und mindestens genauso viele Hände geschüttelt. Flo und ich können uns keinen Schritt weiter über den Vorplatz bewegen, ohne von Passanten angesprochen zu werden. Fängt man einmal mit einem Selfie an, geht es reihum. Jeder will ein Foto mit den europäischen Touristen. Und jeder will ein Wort mit uns wechseln.

      Wo ist eigentlich Anne? Sie steht in einem Sicherheitsabstand, beobachtet die Situation sichtlich amüsiert und wird von den pakistanischen Männern immer noch kein bisschen beachtet.

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       Pakistan-Lektion #5: Männer schütteln nur anderen Männern die Hände, nie Frauen.

      Anne | Fatima hat das zarte Gesicht einer Zwölfjährigen. Sie hat mich längere Zeit gemustert, mich beobachtet. Jetzt schwebt sie in ihrer hochgeschlossenen Abaya zu mir, im Schlepptau vier Freundinnen, die ich schon von Weitem kichern höre.

      Wie die Zeiger einer Uhr strecken die fünf Freundinnen ihre Hände in meine Richtung aus. Ich schüttle sie alle, nach und nach. Wir schreiben das islamische Jahr 1440, gerechnet wird von der Geburt des Propheten Mohammeds an. Eine Zeitspanne, in der sich viel hätte ändern können. Doch das hat es nicht. Während Clemens und Flo in ihrer Männertraube zu echten Stars werden, habe ich meinen ganz eigenen weiblichen Harem um mich herum.

      Fatima und ihre Freundinnen sind Studentinnen an der National University of Modern Languages in Lahore. Sie studieren Englisch und sind gerade zu Besuch in Islamabad, um sich die Moschee anzuschauen. Ihr Englisch üben sie am liebsten an Touristinnen. Und davon gibt es gerade nur eine: mich.

      »Wie alt bist du?«, fragt Fatima und landet dabei einen grammatikalisch korrekten Satz.

      »28«, antworte ich.

      »Ich auch«, erklärt sie. Ihr kindliches Gesicht, die weichen Konturen und die schüchterne Stimme versprühen keinen Funken von Selbstbewusstsein.

      »Hast du Kinder?«, fragt mich ein anderes Mädchen. Sie ist rundlicher, wirkt kräftiger und auch stärker als die anderen. Bei den Spice Girls wäre sie ganz klar Tough Spice. Schade, dass es diesen Charakter nie gab.

      »Nein, ich habe keine Kinder«, gebe ich zu und ernte offene Münder. Das hätten sie nicht erwartet.

      »Und er?« Tough Spice bohrt tiefer und zeigt auf Clemens, der mittlerweile eine bestickte Gebetskappe auf dem Kopf hat und mit zwei zum Victory-Zeichen geformten Fingern in eine Handykamera grinst.

      »Das ist mein Ehemann.« Meine Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen.

      »Oh, er ist sehr schön«, flüstert Fatima, jetzt noch leiser als vorher. Ihre Freundinnen fallen in ein herzliches Lachen, verstecken es jedoch hinter vorgehaltenen Händen. Die Moschee ist kein Ort für einen Lachanfall.

      Clemens | Als Tourist hat man in Pakistan schnell ein Dutzend neue Freunde, nicht unbedingt fürs Leben, aber zumindest für ein paar Minuten. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass man sie dazu noch als Facebook-Freunde bezeichnen kann oder, je nach medialer Neigung, vielleicht als Instagram-Follower.

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       Pakistan-Lektion #6: Immer mehr Zeit einplanen, denn spontane Gruppenfotosessions dauern ewig.

      Das Spiel mit den Selfies geht jetzt schon über eine halbe Stunde. Ich habe mit 53 Männern völlig unterschiedlichen Alters Selfies gemacht, habe mit 45 die Hand geschüttelt und mit 36 von ihnen persönliche Worte über meine Herkunft, mein Alter und unsere Reiseabsichten gewechselt. Auch haben wir 21 neue Instagram-Follower und 16 neue Facebook-Fans. Fünf von ihnen haben mir direkt eine offizielle Freundschaftsanfrage gestellt.

      Die Mehrheit der Pakistaner ist genauso aktiv in den sozialen Netzwerken wie Europäer, Asiaten und Nordamerikaner, ganz gleich welchen Alters. Unter den 200 Millionen Pakistanern haben Facebook, Twitter, Instagram und Co. 150 Millionen Nutzer. Das heißt, uns folgen nun 0,00002 Prozent der pakistanischen Bevölkerung im Social-Media-fähigen Alter. Na, immerhin.

      Um uns herum stehen immer mehr Menschen. Dabei verliert die Sonne bereits an Kraft. Wollten wir nicht eigentlich Fotos von der Moschee machen statt von uns? Vielleicht sollten wir mal damit anfangen, bevor es dunkel wird. Stattdessen werden uns von allen Seiten Fragen gestellt, zu unserer Herkunft, unseren Reiseplänen und wie uns das pakistanische Essen gefällt.

      »Hey du!« Ein Halbstarker in einer abgewetzten Lederjacke wendet sich an Flo. Dabei ballt er seine Hände zu Fäusten zusammen, zieht seine Schultern nach oben und verschiebt den Unterkiefer nach vorne, sodass er mich an King Kong erinnert. Schnell wird mir klar, dass seine spontane Geste keine Anmache sein soll, sondern vielmehr eine Frage, die er pantomimisch stellt. Vielleicht weil ihm die passenden englischen Worte nicht einfallen?

      Flo fängt an zu lachen. »Ja! Stimmt, ich war mal Wrestler«, antwortet er sichtlich amüsiert von der Slapstick-Einlage seines Gegenübers. Dabei stellt er für eine Sekunde selbst die berühmte King-Kong-Geste nach, was bei ihm natürlich viel authentischer wirkt. Ein Ringer also! Das erklärt auch seine seltsam geformten Ohren. Weil Ringer, Judoka und andere Kampfsportler regelmäßig auf die Ohren bekommen, sehen diese oft deformiert aus. In der Fachsprache nennt man sie daher auch Blumenkohlohren.

      »Bruder!« Einer meiner neuen Facebook-Freunde klopft mir auf die Schulter und winkt Flo mit hektischen Handbewegungen herbei. »Lasst uns reingehen!«

      In der Gebetszeit bleibt keine Zeit für Schnappschüsse. Wie auf Kommando laufen alle schnurstracks zu den Eingängen. Es gibt einen für Frauen und einen für Männer, wobei dieser deutlich größer ist. Mit einer Mädelsgruppe ins Gespräch vertieft, steht Anne vor dem Fraueneingang. Wir nicken uns wissend zu.

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       Pakistan-Lektion #7: Niemals den Moschee-Knigge missachten.

       Schuhe aus!

      Man zieht seine Schuhe aus, bevor man eine Moschee betritt. Im Eingangsbereich befinden sich dafür Schuhregale. Es ist eine gute Idee, Schuhe zu tragen, die sich leicht ausziehen lassen. Extrasocken sind eine noch bessere Idee.

       Frauen: Haare bedecken!

      Für Frauen gilt beim Besuch einer Moschee die Kopftuchpflicht. Dafür reicht meist auch ein Tuch oder Schal, um das Haar zu bedecken. Auch der Rest der Kleidung sollte eher weit geschnitten und langärmlig sein sowie Proportionen verdecken.

       Männer: Angemessene Kleidung tragen!

      Auch für Männer ist es angemessen, auf kurze Kleidung zu verzichten. Lange Hosen und Hemden/T-Shirts sind für Männer geeignet.

       Separate Zugänge benutzen!

      In den meisten Moscheen gibt es für Frauen und Männer unterschiedliche Eingänge. Frauen beten hinter Trennwänden oder in abgetrennten Bereichen, nicht in der Hauptgebetshalle. Einige Moscheen lassen Frauen aufgrund des Platzmangels und der Tatsache, dass einige Gebete für Männer obligatorisch, für Frauen jedoch freiwillig sind, überhaupt nicht zu.

       Handy aus!

      Vor dem Besuch einer Moschee sollte man unbedingt das Handy ausschalten. Alles andere wäre respektlos.

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