Backpacking in Pakistan. Anne Steinbach

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Backpacking in Pakistan - Anne Steinbach

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war. Die Bilder gingen durch alle deutschen Kanäle und ließen unsere Familien und unsere Freunde noch misstrauischer gegenüber unserer Reise werden.

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       Pakistan-Lektion #3: Gotteslästerung und jegliche Form der Blasphemie wird in Pakistan mit der Todesstrafe geahndet.

      Der Grund für die Proteste war ein erneutes Aufflammen der Thematik. Genau eine Woche vor unserer Einreise war Asia Bibi vom Obersten Gerichtshof freigesprochen worden, ihr Urteil wurde fallen gelassen. Tausende von Menschen füllten daraufhin die Straßen in Islamabad. Sie rissen ihre Arme in die Höhe, wehten die Flaggen der dschihadistisch-radikalen Partei TLP durch die Luft und forderten Bibis sofortige Tötung. Jetzt fahren wir auf genau diesen Straßen, als das einzige Auto weit und breit, durch die morgendlich verschlafene Großstadt. Und doch schweifen meine Gedanken immer wieder zurück zu den Bildern, die in Momis kleinem Dealer-Auto weit weg scheinen. Langsam kommen wir dem Zentrum näher, die Straßen werden noch breiter, die Gehwege grüner.

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      (Quelle: Tagesspiegel)

      Clemens | Unsere Unterkunft trägt den bezeichnenden Namen Exclusive Tourist Apartment, wobei sich das ›Exclusive‹ vor allem auf die Wohngegend bezieht, den Sektor F-8, das Zuhause der besser gestellten Gesellschaft und der meisten Botschaften. Das sagt, wie an vielen Orten dieser Welt, einiges über den Mietspiegel aus. Kein Wunder also, dass über fast jeder Straßenecke eine Überwachungskamera thront. Auch findet man keine Straßennamen weit und breit.

      Das Hotel hat kein Schild vor der Tür. Nicht einmal an der Klingel finden wir einen Namen. Die Vorhänge sind zugezogen, die Scheiben verspiegelt. Über dem Eingang zeigt eine teetassengroße Sicherheitskamera genau auf unser vorgefahrenes Auto. Momi ist sich sicher, dass wir an der richtigen Adresse sind. Gemeinsam steigen wir aus und drücken den Klingelknopf aus schickem Messing. Keine Reaktion. Weder antwortet jemand über die Gegensprechanlage, noch ist Bewegung an den Vorhängen zu erkennen. Gerade wollen wir wieder in den Suzuki Alto steigen, da öffnet sich von innen das zwei Meter hohe Eingangstor.

      Wir sind da!

      Zum Abschied reicht uns Momi eine Visitenkarte mit seiner Handynummer darauf. »Sagt Bescheid, wenn ihr was braucht!« Dabei schaut er uns so aufgedreht an, dass ich mir nicht sicher bin, was er eher meint: einen Transport oder den Schwarzen Afghanen.

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       Freundschaftsanfrageversendet

       ISLAMABAD

      Clemens | Rashid dürfte an der 50 kratzen. Er trägt eine weite Leinenhose, glänzend polierte Lederschuhe und ein weißes Anzughemd, aus dessen Kragen schwarze Brusthaare herauswuchern. Genau dieselbe Farbe hat auch sein breiter Schnurrbart, der so perfekt voluminös und rundum getrimmt ist, dass ich ihn zuerst für eine Filmrequisite halte.

      Kaum sind wir in den Honda Civic gestiegen, beugt sich Rashid zu seinem chinesischen Smartphone vor, das im festen Klammergriff einer Plastikhalterung von der Windschutzscheibe hängt. ›Pakistan Monument‹ ist darauf als Ziel angegeben. Und darunter ist die genaue Adresse zu erkennen: Shakarparian Hills, Islamabad, Islamabad Capital Territory, Pakistan.

      »Dann wollen wir mal«, sagt Rashid und schaltet in den D-Modus seines Automatikgetriebes. Schon nach wenigen Kurven durch das Botschaftsviertel biegen wir auf eine sechsspurige Straße ab, den Kashmir Highway, der die Stadt exakt in der Mitte durchschneidet.

      Rashid ist sichtlich erfreut über den besonderen Fang, den er mit uns gemacht hat. Immer wieder äugt er durch den schmalen Rückspiegel zu uns auf die Rückbank. Schauen wir zurück, huscht ein Lächeln über sein Gesicht.

      »Wusstet ihr, dass früher Karatschi unsere Hauptstadt war, ganz im Süden am Arabischen Meer?«

      Nein, das wussten wir nicht.

      »Von der Unabhängigkeit Pakistans 1947 bis zum Jahr 1958. Dann sollte aber eine Stadt in einer besseren Lage gefunden werden, mit besserem Klima und so.« Er hält kurz inne und dreht sich zu uns um. »Na ja, die gab es aber nicht!« Er bricht in ein gelöstes Lachen aus, als hätte er gerade den Witz des Tages gemacht. Und obwohl wir überhaupt nichts Lustiges erkennen können, wirkt sein Lachen ansteckend. Also lachen wir mit.

      Die Geschichtsstunde geht weiter. Wir erfahren, dass es eine Planstadt sein sollte. Sie sollte nordwestlich von Rawalpindi aus dem Boden gestampft werden, am Fuße der ersten Ausläufer des Himalayas, wo die Temperaturen wesentlich besser sind als im heißen Karatschi.

      Als hätte er parallel zu seinen Erläuterungen eine Schautafel hingestellt, zieht Islamabad an der Fensterscheibe vorbei und unterstreicht seine Ausführungen. Es gibt breite Alleen. Die Straßen sind sauber. Parks und Gartenanlagen wirken wie abgezählt. Und die Straßen sind ähnlich kerzengerade wie in Mannheim oder Manhattan.

      »Habt ihr denn die Sektoren schon verstanden?«

      Islamabad wurde am Reißbrett entworfen und dabei kurzerhand in Sektoren unterteilt. Anstatt wohlklingender Namen für die einzelnen Stadtviertel, trifft man auf kryptische Bezeichnungen, gepaart mit einer farblichen Kennzeichnung: I-9, G-6/4, F-5/1 usw. Die Sektoren tragen eine Art Suchindex als Namen. Der Buchstabe steigt von Nord nach Süd an. Wird die Stadt erweitert, und das wird sie ständig, dann geht es einfach weiter im Alphabet. Wie es wohl wäre, wenn ich Islamabad in 50 Jahren besuchen würde? Würde ich dann vielleicht in Sektor X übernachten und in Y frühstücken gehen?

      Das relativ junge Land Pakistan ist in seiner Entwicklung aber noch lange nicht am Ende, schon gar nicht was seine Bevölkerungsdichte angeht. Dabei liegen Pakistan und Deutschland einer aktuellen Statistik zufolge dahingehend gar nicht so weit auseinander. In Deutschland leben laut der jüngsten Bevökerungsprognose der Vereinten Nationen auf einem Quadratkilometer im Schnitt 232 Menschen. In Pakistan sind es 272. Soviel zum Status quo. In Zukunft jedoch wird eine riesige Kluft zwischen diesen Zahlen liegen, die immer größer werden wird. Denn während sich die Bevölkerung in Pakistan bis zum Jahr 2100 mehr als verdoppeln wird, soll die in Deutschland um ein Fünftel schrumpfen.

      Die Steigung auf den letzten Metern zu den Shakarparian Hills schafft der neue Honda mühelos. Schon auf der Zufahrt wirkt das Pakistan Monument heroisch, vor allem, da sich dahinter das Panorama von Islamabad entfaltet, mit den Marghalla Hills als Kulisse, wie mit Wasserfarbe an den Himmel gemalt. Von oben lässt sich besonders gut erkennen, dass die Stadt am Reißbrett entstanden ist.

      Wir schlagen Rashid vor, auf uns zu warten, dann würde die gemeinsame Erkundungstour durch die Hauptstadt nach unserer ersten Sehenswürdigkeit weitergehen. Wann bekommt man schon mal eine Geschichtslektion umsonst? Sein breites Grinsen heißt »Ja« auf Esperanto.

      Das riesige, blütenblattförmige Monument von Islamabad wurde 2007 eröffnet. Es soll die Einheit der Pakistaner beschwören und ist, wie es die Macher selbst formulieren, all jenen gewidmet, die ihr ›Heute‹ für ein besseres ›Morgen‹ geopfert haben. Märtyrern also. Ob mit dem Morgen der Sektor Z gemeint ist?

      Ich versuche, den monströsen Bau auf ein Foto zu bekommen, da spricht mich eine Gruppe junger Männer an, beziehungsweise derjenige von ihnen, der auserkoren wurde, den ersten Schritt zu machen. Doch er ist weniger an mir interessiert als an meiner Kamera, deutet auf meine schwere Spiegelreflex und möchte, dass

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