Backpacking in Pakistan. Anne Steinbach
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Wieder im Auto scheint es Rashid gar nicht abwarten zu können, das nächste Ziel unserer spontanen Tour zu erfahren.
»Faisal-Moschee«, sagt Anne mehr zum Rückspiegel als zum Fahrer.
»Das ist die schönste Moschee in ganz Pakistan«, lässt uns Rashid wissen. »Sie ist unser Wahrzeichen, schöner als alle anderen Moscheen im Land, ach was, in ganz Asien.«
Die nächsten 20 Minuten macht er zu einer kleinen Sightseeing-Tour. Aus Taxifahrer wird Geschichtslehrer wird Kurzzeitreiseleiter. Unsere Route geht vorbei an der Centaurus Mall, deren drei Türme wie riesige stählerne Pinnadeln aus dem flachen Stadtbild herausragen. Für den Einlass müssen Besucher laut Rashid einen Wertcoupon kaufen, den sie am gleichen Tag in den Shops des Einkaufszentrums einlösen können. In der öffentlichen Bekanntmachung wurden 23 Personengruppen aufgeführt, die die Eintrittsgutscheine nicht kaufen müssen. Darunter alle Frauen, Kinder unter zwölf Jahren, Senioren, Gesetzgeber und Führungskräfte, Diplomaten und Ausländer, Journalisten und Anwälte, Mitglieder von Country Clubs, eingetragenen Ingenieure, Ärzte und Lehrer. Ferner heißt es in der Bekanntmachung, dass »berühmte Spieler von Hockey, Cricket, Fußball und Golf« und »Prominente« den Eintrittsgutschein nicht kaufen müssen. Mit anderen Worten dürfte Anne gleich dreimal umsonst hinein: einmal als Frau, einmal als Ausländerin und einmal als Journalistin. An der großen Cricket-Karriere arbeiten wir noch.
Als wir uns der Faisal-Moschee nähern, erklärt uns Rashid, dass sie die größte Moschee in Südasien ist, zumindest was die Kapazität angeht: Das Gebäude samt Außenbereich soll 300.000 Gläubige fassen. Heute hoffen Anne und ich auf weniger Besucher, das könnte sonst ganz schön anstrengend werden.
Als wir sie zum ersten Mal sehen, erscheint uns die Moschee jedoch überhaupt nicht so majestätisch, wie sie in Rashids Erzählungen klang.
»Da vorne, das ist sie!« Er deutet auf ein weißes Etwas am Ende der Straße, das eher an ein Raumschiff der Star-Wars-Saga erinnert als an eine Moschee, wären da nicht die vier Minarette, die sich an allen Seiten in die Höhe strecken.
Noch würde ich das angebliche Fassungsvermögen nicht unbedingt bestätigen wollen; noch ist sie ganz klein und wirkt wie ein Farbtupfer vor der fein gepinselten Bergkulisse.
»Sie ist unser Nationalsymbol«, platzt es stolz aus Rashid heraus. »Benannt wurde sie nach König Faisal von Saudi-Arabien«, erklärt er weiter. Das Panorama der Stadt habe dem König vom freistehenden Platz aus besonders gut gefallen. Die Finanzierung habe die saudische Regierung und damit Faisal persönlich übernommen. Erst nach seiner Ermordung im Jahr 1975 sei die Moschee nach ihm benannt worden.
Auf dem Parkplatz vor der Moschee ändert sich der Anblick schlagartig. Aus spacigem Raumschiff wird perfekte pakistanische Postkartenidylle. Und noch dazu ein echtes architektonisches Highlight. Das liegt daran, dass sie zwar erst 1986 fertiggestellt wurde, aber schon Ende der 1970er entworfen worden war. Und genau dieser 70er-Jahre-Touch ist unverkennbar und wirkt wundervoll futuristisch. Die harten Kanten, die strikten Strukturen, jedes noch so kleine Detail führt zusammen und flüchtet nach oben, zu Allah. Auch seine letzte Lektion erteilt Rashid liebevoll.
Wir sagen auf Wiedersehen und bedanken uns für die unerwartete Stadtrundfahrt.
Auf dem Vorplatz der Moschee sind wir mit Flo verabredet, einem Schweizer, den wir aus einer Facebook-Gruppe kennen und den wir heute bei einem der wichtigsten Gotteshäuser Pakistans zum ersten Mal treffen wollen. Andere Reisende kennenzulernen, das geht im Internetzeitalter schon lange vor der Abreise ins Abenteuer und kommt gerade in Ländern abseits der gängigen Backpacker-Reiserouten mit einigen Vorteilen daher, vor allem emotionalen. Je ungewöhnlicher und unbereister das Land, umso größer ist die Freude über eine neue, westliche Reisebekanntschaft. Im unbekannten Terrain begrüßt man sich wie alte Freunde, dabei hat man sich gerade zum ersten Mal gesehen. Einen Menschen aus dem gleichen Kultur- und damit Dunstkreis zu treffen hat dann fast etwas Heimeliges an sich.
»Hi Flo! « Wir winken ihm schon vom Parkplatz aus zu. Er ist barfuß auf dem glatten Marmorboden unterwegs, so wie alle Besucher. Es sind nicht viele, denn genau wie wir es uns ausgerechnet haben, sind wir nicht zur Gebetszeit da. Wir wollten unbedingt den Massen entgehen und stattdessen die Moschee im goldenen Licht der Abendsonne bewundern.
Wir stellen unsere Schuhe in die dafür bereit stehenden Regale und laufen Flo auf dem von der Sonne angenehm aufgewärmten Marmorboden entgegen. Über dem Areal liegt der markante Geruch von Stinkefüßen. So intensiv, dass es in der Nase wehtut. Ich glaube, gleich mehrere Abstufungen von Gouda erkennen zu können: jung, mittelalt und alt. Auch wünschte ich, ich hätte Ersatzsocken dabei, um meine Füße und Schuhe vor dem Gestank zu schützen.
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Pakistan-Lektion #4: Für den Moscheebesuch immer ein Paar Extrasocken einpacken, um Käsefüße zu vermeiden.
Unser Schweizer Eidgenosse wirkt nicht besonders Schweizerdeutsch, zumindest solange er nicht den Mund aufmacht.
»Ihr seid gut angekommen, oder?« Das Abgehakte in der Schweizer Mundart wirkt auf mich vom ersten Ton an warm und schwungvoll. Da ist sie wieder, die Heimeligkeit. Ich glaube, das schwungvoll aus dem Mund gepresste »Oder« am Satzende ist weniger als Frage gemeint, sondern vielmehr als Verdeutlichung seiner Aussage.
»Ja, alles super. Wir hatten auch kaum Jetlag, und du?«, antworte ich wahrheitsgemäß, während wir über den Moscheevorplatz schlendern.
Flo ist einen Kopf kleiner als ich, dafür aber umso trainierter. Er wirkt wie ein kleines Kraftpaket. Seine blonden Haare ragen in Form etwa drei Millimeter langer Stoppeln aus der Halbglatze. Eins fällt mir an ihm sofort auf: seine Ohren. Nicht dass diese besonders klein oder groß wären oder besonders abstehend. Sie sehen so aus, als hätte sie jemand wie ein Stück Knete zusammengedrückt und einfach verformt.
Nach wenigen Minuten fühlen wir uns beobachtet. Und tatsächlich haben drei Männer uns im Visier.
»Hallo, wo kommt ihr her?« Die erste Hand wird mir entgegengestreckt. Dann die zweite. Und dritte.
»Wir kommen aus Deutschland, und er kommt aus der Schweiz.«
Reihum schütteln sie Flo und mir die Hand, nur Anne nicht. Sie wird keines Blickes gewürdigt, als stünde sie gar nicht neben uns.
»Wie alt seid ihr?«
»Ich bin 35, sie ist 28, und er ist …« Ja, wie alt ist er eigentlich?
Flo übernimmt lachend die Antwort.
Wieder wird Anne nicht einmal angesehen, als wäre sie ein Geist. Schnell entzieht sie sich der merkwürdigen Situation und fotografiert stattdessen die Minarette.
Im nächsten Atemzug fragt uns einer der Männer: »Können wir ein Foto machen?«
Ich kann bei so was einfach nicht nein sagen, also sagen Flo und ich zu, ohne auch nur annähernd zu wissen, was das an der berühmtesten Moschee der Stadt für eine Kettenreaktion auslöst. Kaum haben wir das Gruppenfoto hinter uns gebracht, will der Erste auch ein Selfie mit mir. Und dann auch sein Kumpel. Und dann der Kumpel vom Kumpel. Und Flo! Flo