Fettnäpfchenführer Südafrika. Elena Beis
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Schauen Sie sich die Menschen um sich herum an. Bewegen Sie sich souverän und zielgerichtet. Steigen Sie nur in Taxis, die bei einem Taxiunternehmen registriert und mit einem Taxameter ausgestattet sind.
Generell gilt: Egal ob man mit dem Mietauto oder Taxi fährt, man sollte in Südafrika immer wachsam sein. Wenn man auch nur den leisesten Eindruck hat, dass jemand hinter einem herfährt, ist es ratsam, lieber noch eine Autorunde zu drehen und erst an einer belebten Stelle aus dem Auto auszusteigen.
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DASHEISSE EISEN
BLACK OR WHITE
So, jetzt sitzen sie also in diesem halb-auseinanderfallenden Opel der 80er-Jahre hinter dem suspekten Taxifahrer mit dem runden Käppi (ist das eigentlich ein Moslem? oder ein Rabbi?), der weder schwarz noch weiß und demnach wohl ganz offensichtlich ein Einwanderer ist.
(Apropos: Wenn die Käppi bis zu den Ohren reicht, handelt es sich um eine Taqiyah, »Takke« ausgesprochen, eine Gebetskappe, die Muslime tragen. Wenn die Kappe dagegen eine halbrunde Form hat und nur den oberen Bereich des Kopfes verdeckt, ist der Taxifahrer aller Wahrscheinlichkeit nach ein orthodoxer Jude mit einer Kippah. MultiKulti-Südafrika ist eines der wenigen Länder der Welt, in dem Juden und Moslems auf engstem Raum friedlich zusammenleben.)
Na, hoffentlich haben die Kumpel des Fahrers Simon nicht in der Eingangshalle stehen und das ganze Geld zählen sehen! Das könnte nämlich alles ein abgekartetes Spiel sein, auf das sie, ahnungslose deutsche Touristen, schön dumm hereingefallen sind.
Als das Taxi das hell beleuchtete und halbwegs sicherheitseinflößende Flughafengelände verlässt, betet Silvie auf dem Rücksitz inständig zu Gott, dass sie, Simon, der dicke Geldbündel und die neue Digitalkamera unversehrt ihr Ziel erreichen mögen, jetzt wo sie diesem arabisch-jüdischen Taxifahrer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind.
Während Simon ein bisschen mit ihm smalltalkt, versucht Silvie herauszufinden, ob seine Freundlichkeit echt oder nur gespielt ist. Von dem Gespräch versteht sie eh kein Wort, denn der Taxifahrer lässt gefühlte vierhundert Wörter pro Sekunde auf die beiden einprasseln.
Der Taxifahrer kapiert gleich, wo sie hinmüssen, obwohl Simon den Ort beim besten Willen nicht aussprechen kann. Zu englischen Wörtern kann sich Simon meistens etwas zusammenreimen, aber zu Oranjezicht und Tamboerskloof fallen ihm überhaupt keine englisch klingenden Assoziationen ein. Das Gästehaus liegt wohl irgendwo zwischen diesen beiden Zungenbrechern.
(Apropos: Nicht alle Schilder, Ortschaften und Straßennamen werden englisch ausgesprochen. Auf den Straßenschildern findet man neben den englischen Bezeichnungen viele Afrikaans, wie zum Beispiel Lughawe, Voortreker Straat, Kloof, und schwarzafrikanische Bezeichnungen wie Mthatha, Mpumalanga, Tshwane. Um die Straßennamen wird heiß debattiert. Die jetzige ANC-Regierung tauft seit 1994 Straßen, Plätze und Städte, die bis dato die Namen von Unterstützern der Apartheid trugen, in die Namen schwarzafrikanischer Persönlichkeiten und Befreiungskämpfer um.)
Silvie will vom Taxifahrer wissen, wo er herkommt, denn er scheint sich ja hier echt gut auszukennen!
»Waschechter Kapstädter! Original. Ein Original aus Bua-Kapp. Schaut euch Bua-Kapp ja an, ihr werdet es lieben. Bua-Kaap is a lekker place! Bua-Kapp ist die schönste Ecke der Stadt. In Bua-Kapp... blablablablabla... Bua-Kapp... blablablablablabla... Bua-Kapp blablabla.«
Lekker? Klingt wie lecker! Sehr charmant. Hätte sie nie und nimmer gedacht, dass das ein Südafrikaner ist. Vielleicht ein Araber, aber kein Südafrikaner.
(Apropos: Südafrika ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Regenbogennation. Menschen der unterschiedlichsten Schattierung, Kultur, Religion und Herkunft sind gebürtige Südafrikaner. Bei dem Taxifahrer aus Bo-Kaap handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen Cape Coloured malaiischer Abstammung. Die meisten Kapmalaien gehören dem muslimischen Glauben an und sprechen tatsächlich als Muttersprache Afrikaans, siehe Das südafrikanische Multikulti.)
»Oh, dann sprechen Sie ja Xhosa!« Silvie hat gelesen, dass die ganzen dunkelhäutigen Südafrikaner von Kapstadt Xhosa und die von Johannesburg Zulu sprechen.
»XHOSA? Nein, ich spreche kein Xhosa«, sagt der Taxifahrer ganz entsetzt und macht eine Pause. »Ich spreche Afrikaans.«
Na, der ist ja komisch. Ist ein farbiger Südafrikaner und behauptet, Afrikaans zu sprechen, die Sprache der Weißen ... »Aber schwarze Südafrikaner sprechen doch Xhosa?«
(Apropos: Farbige Südafrikaner mögen nicht, wenn man sie schwarz nennt. Sie sehen sich nicht als Schwarze, sie haben eine völlig andere Kultur, Sprache und Tradition – und außerdem kabbeln sich Farbige und Schwarze mehr als jede andere Bevölkerungsgruppe in Südafrika. Viele Frustrationen sind historisch und politisch bedingt. Farbige haben das Gefühl, von ihren schwarzen Brüdern vernachlässigt zu werden. Der typische farbige Vorwurf lautet: »Früher waren wir nicht weiß genug, und jetzt sind wir nicht schwarz genug.«)
Der noch bis vor zehn Sekunden übergeschwätzige Taxifahrer sagt gar nichts mehr. Er denkt sich ganz offensichtlich seinen Teil. Warum ist der jetzt so beleidigt? Steckt der in einem Verleugnungszustand, was seine Hautfarbe angeht? Herrje. Das ist offensichtlich ein heikles Terrain hier. Silvie beschließt, ab sofort nichts Hautfarbenbezogenes mehr zu sagen, denn die haben hier offensichtlich so etwas wie ein Problem damit. Sie schaut aus dem Fenster und hofft, bald Stadtlichter zu sehen. Die Autobahn ist ihr nicht ganz geheuer ...
Und siehe da: Auf dem nächsten Schild steht KAAPSTAD! Fast wie deutsch, nur ein bisschen anders geschrieben.
(Apropos: Kapstadt heißt auf Afrikaans Kaapstad, auf Englisch Cape Town und auf Xhosa iKapa.)
Das Taxi fährt ein paar schwungvolle Kurven den Berghang hinunter und befindet sich auf einmal mitten in der Stadt. Silvie fallen die europäisch-aussehenden Wohnhäuser, die vielen Bettler an den Straßenkreuzungen und die doppelt angebrachten Ampeln auf. An jeder Kreuzung, die man überquert, steht auf der gegenüberliegenden Seite eine zweite Ampel, sodass man immer zwei rote Lichter vor sich hat ... Ganz schön verwirrend, die vielen Lichter.
Simon sucht nach der Hausnummer des Gasthauses im Reiseführer. Mist, die steht ja gar nicht dabei! Der Taxifahrer schaut sich die Adresse selbst im Reiseführer an und sagt: »Lasst uns nach Kenwyn-Hof schauen!«
Simon fällt sofort auf, dass jedes Haus einen Namen hat – ›Dunvegan Gardens‹, ›Harbour House Terrace‹, ›Infinity‹ – und der Taxifahrer versucht wohl, das Gästehaus anhand des Hausnamens zu lokalisieren. Ein bisschen unpraktisch, das Straßensystem hier, oder? Um ein Gebäude zu finden, kann man sich an keiner logischen, sprich numerischen, Anordnung orientieren, sondern muss mehrere Hundert Meter lang Häusernamen erspähen, die oftmals versteckt oder auch gar nicht angebracht sind. Und wenn man Pech hat, ist das