Fettnäpfchenführer Schottland. Ulrike Köhler

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fettnäpfchenführer Schottland - Ulrike Köhler страница 10

Fettnäpfchenführer Schottland - Ulrike Köhler Fettnäpfchenführer

Скачать книгу

in die Wunde legen und schreckt im besten Falle nicht davor zurück Schwächen und Unzulänglichkeiten zu entlarven. Etwas, das wohl den meisten Deutschen unangenehm wäre, ist nicht nur in Schottland, sondern überall in Großbritannien ein wichtiger Teil des demokratischen Prozesses, wie der britische Satiriker Ian Hislop dem Deutschlandfunk erklärte – und das schon seit Jahrhunderten. Was einst mit Romanen von Jonathan Swift und Alexander Pope begann, setzte sich mit Filmen und Serien von Mr. Bean und Monty Python fort.

      Doch es sind natürlich nicht immer nur die großen Comedians, die sich dieser Werkzeuge bedienen. In einem Land, das stolz auf seinen bitterbösen, schwarzen Humor ist, fühlt sich jeder als großartiger Witzereißer. Sie sollten deshalb lernen, die Anzeichen für den Scherz eines Schotten zu erkennen. Wenn Ihnen jemand brutal, respektlos und direkt den Spiegel vorhält – sehr wahrscheinlich vorgetragen in einer trockenen Art und Weise, die Sie zusätzlich aus dem Konzept bringt –, hat er vermutlich einen Witz gemacht. Ironie ist ebenfalls ein deutlicher Hinweis – aber gerade für Menschen, die nicht so gut Englisch sprechen, oft nur schwer zu erkennen. Manchmal ist aber auch genau das Gegenteil der Fall: Bei ihren Witzen haben die Briten oft einen gewissen Hang zu Nonsense und Skurrilität: je blöder, desto besser. Wenn Sie sich darauf einlassen, werden Sie merken, wie witzig das sein kann.

      Zu guter Letzt sei noch die Paradedisziplin des britischen Humors erwähnt, mit der Sie auch in Schottland immer wieder konfrontiert werden können: Naziwitze. Bei den meisten Besuchern aus Deutschland ist spätestens hier Schluss! Wir sind uns einig, dass es hier nichts zu lachen gibt. Ganz anders die Briten: Für sie ist der Zweite Weltkrieg ein schier unerschöpflicher Quell für Witze und fiese Pointen, die im Alltag einen festen Platz haben. Kleine Seitenhiebe, versteckte Spitzen, Doppeldeutigkeiten – das können die Briten gut. Dass sie den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben, lassen sie gerne und immer wieder in kleine Sticheleien einfließen. Und sie erwarten, dass wir darüber lachen – nicht weil das, was damals passiert ist, lächerlich gewesen wäre, sondern weil unsere verkrampfte Art, damit umzugehen, ihnen eine besondere Freude bereitet. Nicht böse Absicht treibt sie dabei an, sondern die dann doch wieder recht liebenswerte Eigenschaft, sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen. Nicht umsonst sind sie zugleich Könige der Selbstironie und lachen viel und gerne über sich selbst. Und das erwarten sie auch von anderen. Sogar von den Deutschen.

       DER LEGENDÄRE »YOU STARTED IT!«-SKETCH

      Ein zeitloser Klassiker, der immer und überall gerne zitiert wird, ist diese Szene von und mit John Cleese in der Serie Fawlty Towers: Der Hotelbesitzer Basil Fawlty bewirtet Gäste aus Deutschland und lässt dabei – aller guten Vorsätze zum Trotz (»Don’t mention the war!«) – ständig Anspielungen auf den Krieg fallen.

      Als der deutsche Gast ihn schließlich empört auffordert, die Witze zu unterlassen, antwortet Fawlty: »Wieso, Sie haben doch angefangen!« (»You started it!«)

      »Haben wir nicht!«, ruft der deutsche Gast entrüstet.

      »Doch, Sie sind in Polen einmarschiert!«

      Für viele Briten ist diese Szene legendär und wird nie ihren Charme verlieren.

      Aber keine Sorge: Natürlich muss in Wahrheit niemand befürchten, zum Frühstück neben pochierten Eiern und Speck auch Naziwitze serviert zu bekommen. Wer sich jedoch abseits der ausgetretenen Touristenpfade bewegt und vielleicht engeren Kontakt zu Einheimischen knüpft, sollte sich für diesen Fall schon einmal ein dickes Fell zulegen.

      8

       DAS GEHÖRT DOCH NICHT IN DIE FRITTEUSE!

      Dass ihr erster Arbeitstag am Krankenhaus von Inverness schon vorbei ist, merkt Franziska erst, als Emily und Eleanore mit ihren Taschen und Jacken an ihrem Schreibtisch auftauchen und gut gelaunt fragen, ob sie noch etwas essen gehen möchte, um ihren Einstand anständig zu feiern. Neugierig darauf, mit wem sie da in den nächsten Monaten zusammenarbeiten wird, sagt sie freudig zu und hängt ihren Kittel in den Spint. Vor der Tür trifft sie die beiden Mädchen, die inzwischen noch weitere Kollegen zum Mitkommen überreden konnten, darunter auch Jimmy und Sean, die Franziska bereits aus der Kantine kennt.

      Die Wahl der Gruppe fällt auf das Johnny Foxes, gleich am Ufer des River Ness, unterhalb des Castle. Der Vorteil: Der Laden ist zugleich ein Pub, in dem es abends oft Livemusik gibt, sodass es gerne mal später werden und nach dem Essen das eine oder andere Bier geben darf, wie Emily verschwörerisch grinsend erklärt. Und für alle, die gar nicht nach Hause gehen wollen, öffnen sich anschließend die Türen des angeschlossenen Nachtclubs The Den, in dem weitergefeiert werden darf. Franziska versucht, etwas Unverbindliches zu sagen, schließlich ist es ihr erster Tag mit den neuen Kollegen. Gleichzeitig will sie morgen früh fit sein.

      Die Speisekarte im Johnny Foxes ist übersichtlich, die große Auswahl an Frittiertem fällt deshalb umso deutlicher ins Auge. Frittierte Käsebällchen, Kartoffel-Wedges, frittiertes Hühnchen, fish & chips – die Auswahl ist groß. Emily deutet auf die fish & chips: »Die esse ich hier immer. Sehr lecker. Ansonsten kann ich den steak & ale pie empfehlen«, sagt sie und springt schon auf, um die erste Runde Bier zu holen.

      »Ich steh eigentlich nicht so auf Frittiertes«, murmelt Franziska und spürt sofort, wie sich mehrere Augenpaare auf sie richten.

      »Ähm, du bist hier in Schottland«, sagt Jimmy langsam, als müsse er sie wirklich vorsichtig daran erinnern und sei unsicher, wie sie reagieren würde. »Im Land des frittierten Mars-Riegels.«

      »Das ist doch nur eine Legende, oder?«, fragt sie und versucht dabei, wie jemand zu klingen, den man mit solchen Ammenmärchen nicht reinlegen kann.

      »Eine Legende? Quatsch! Nessie ist eine Legende; der Mars-Riegel ist knallharte Realität«, antwortet Jimmy entrüstet und nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme.

      Besorgt, einmal mehr ein nationales Heiligtum mit Füßen getreten zu haben, hebt Franziska entschuldigend die Hände. »Es klang so verrückt, ich wusste nicht, dass man Schokolade frittieren kann. Bei uns gehört die eigentlich nicht in die Fritteuse.«

      »Aye, das geht! Schokolade, Würstchen, Pizza, jedes Gemüse und praktisch jedes Obst, alle Arten von Fisch, Fleisch und Käse – es gibt eigentlich nichts, was man nicht frittieren kann.« Sean, der neben Jimmy sitzt, zieht bedeutungsvoll die Augenbrauen hoch und streicht sich mit einer übertriebenen Geste über den Bauch, als könne er sich auf der Welt nichts Besseres vorstellen.

      »Kann man, muss man aber nicht«, mischt sich nun Eleanore entschieden ein und erklärt damit die Diskussion für beendet. »Also, ich nehme die Muscheln, die sind hier immer okay – und garantiert nicht frittiert!«

      »Gute Idee«, sagt Sean. »Und eine Portion Pommes zum Teilen dazu?«

       Die Wahrheit über den frittierten Mars-Riegel

      Herzlich willkommen in Schottland, dem Land des frittierten Mars-Riegels! Wenn Sie das bisher für eine Legende und üble Verleumdung gehalten haben, liegen Sie leider falsch. Denn die Schotten haben tatsächlich eine Vorliebe fürs Frittieren, die auch vor Schokoriegeln nicht haltmacht. Der ist natürlich ein Exot und wird inzwischen fast ausschließlich von Touristen bestellt, aber schottische

Скачать книгу