Fettnäpfchenführer Schottland. Ulrike Köhler

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Fettnäpfchenführer Schottland - Ulrike Köhler Fettnäpfchenführer

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neben Sophie auf dem Gang. Die Sekretärin blickt kurz auf ihre Uhr und murmelt dann mit einem erzwungenen Lächeln: »Beim nächsten Mal magst du vielleicht einfach nur ›Gut, danke‹ antworten. Das geht auch.«

       Souverän auf »How are you doing?« antworten

      Es gibt eine Frage, die den meisten Schottlandbesucher aus Deutschland ein Graus ist: »How are you?« Diese eigentlich so freundlich gemeinte Höflichkeitsfloskel zur Begrüßung kann auch geübte Schottlandurlauber nach Jahren noch ins Schwitzen bringen. Denn: Was antwortet man darauf? Und antworten muss man doch schließlich – oder etwa nicht?

      Eines sollte Ihnen von Anfang an klar sein: Ihr schottisches Gegenüber möchte keine genaue Bestandsaufnahme Ihrer Befindlichkeit! Man möchte nicht im Detail wissen, wie Sie sich heute fühlen und was Sie derzeit so beschäftigt. In Wahrheit ist vielen Briten wohl gar nicht mehr bewusst, dass es sich bei »How are you?« oder »How do you do?« um eine Frage handelt, die in der Regel eine Antwort erfordert. Die Floskel kommt ihnen ohne tieferen Sinn über die Lippen, könnte aber genauso gut durch ein einfaches »Hi«, »Hello« oder »Good morning« ersetzt werden. Die Bedeutung ist die gleiche.

      Diese Interpretation macht den Umgang mit der verhassten Frage, die einem in Schottland zahllose Male am Tag entgegentönt, etwas leichter. Schließlich würde niemand von uns auf »Hi« mit »Danke, es geht mir gut. Heute Nacht habe ich leider etwas schlecht geschlafen, und ich habe leichte Kopfschmerzen, aber jetzt habe ich eine Tablette genommen, und es wird sicher gleich besser« antworten. Sie können die Frage also entweder ignorieren und mit einem einfachen »Hi« oder »Hello« darüber hinweggehen. Oder – das ist etwas souveräner und enttarnt Sie nicht gleich als Touristen – Sie antworten mit »Fine, how are you?« (ja, es geht Ihnen wirklich immer »fine«, alles andere würde den unangenehmen Moment nur in die Länge ziehen!) oder nur »How are you doing?«

      Sie werden bemerken, dass kein Schotte das Bedürfnis verspürt, tatsächlich auf diese Frage zu antworten. Understatement, das Untertreiben, und das Treiben an der Oberfläche im Gespräch sind zwei Dinge, die die Briten im Allgemeinen zur Kunstform erhoben haben. Sich ausführlich zum eigenen Zustand zu äußern wäre ihnen viel zu privat. Bestehen Sie also nicht auf eine Detailanalyse des derzeitigen Befindens und bringen Sie den ungewohnten Gesprächsauftakt einfach schnell hinter sich. Nach einer kurzen Erwiderung dürfen Sie zum eigentlichen Gesprächsanlass übergehen oder sich im Small Talk üben.

       SMALL-TALK-THEMEN, DIE IN SCHOTTLAND IMMER GEHEN

      1 das Wetter gestern

      2 das Wetter heute

      3 die Wettervorhersage für morgen

      4 der allgemeine Wettertrend des Sommers/Winters

      5 das aktuelle Wetter im Vergleich zum letzten Jahr

      6 aktuelle Nachrichten, Sportereignisse, lokale Ereignisse und anstehende Events (setzt voraus, dass Sie sich ein bisschen auskennen und das Gefühl haben, dass sich Ihr Gegenüber dafür interessieren könnte – ansonsten schwenken Sie schnell zurück zu den Themen 1 bis 5)

      7

       AUTSCH, SO WAS SAGT MAN DOCH NICHT!

      Die Kantine des Krankenhauses gleicht bereits um zwölf Uhr einem summenden Bienenstock. Franziska ist froh, dass die Kollegen sie gleich am ersten Tag mitgenommen haben und ihr so die Orientierung erleichtern. Während Emily sofort in Richtung Salatbar verschwindet, lässt sich Franziska von den Jungs aus dem Team zur Essensausgabe mitnehmen, wo sie ein blasses Panino mit ein paar Salatblättern, jeder Menge Käse und einer Tüte Walkers-Chips entgegennimmt, dazu einen Pappbecher, den sie sich an der Getränkestation selbst mit Softdrinks auffüllen kann. So richtig Appetit hat sie nicht, aber es ist eine gute Gelegenheit, die Kollegen kennenzulernen, und sie will ja nicht gleich am ersten Tag zur Außenseiterin werden.

      Das ist jedoch gar nicht so einfach, denn nach wenigen obligatorischen Fragen zu Franziskas Arbeit zu Hause, zu ihrem Leben in München und ihren bisherigen Eindrücken von Schottland verläuft das Tischgespräch schnell wieder in den, wie Franziska vermutet, gewohnten Bahnen. Noch immer nicht ganz an den schottischen Akzent und seine kleinen Eigenheiten gewöhnt, versucht sie, der Unterhaltung zu folgen, nur um festzustellen, dass Eleanore und ein junger rothaariger Mann mit dicken Brillengläsern dazu übergegangen sind, einander aufzuziehen. Es scheint, als stamme der Mann aus Glasgow und müsse dafür nicht nur von Eleanore einiges einstecken – auch die beiden fast identisch aussehenden Männer daneben, Jimmy und Sean, wenn sie sich richtig erinnert, klinken sich irgendwann ein. Doch der Rothaarige ist nicht um Antworten verlegen: »Wenigstens trinken wir dort nicht solchen Mist wie ihr hier oben. Würdest du in einem Pub in Glasgow ein Bier mit Zitrone bestellen, würde man dir dort nur sagen: ›Wir bieten keine Cocktails an‹ und dir die Tür vor der Nase zuschlagen. Ihr seid ganz schöne Weicheier hier.«

      »Besser als Alkoholiker und Rassisten«, pariert Eleanore gut gelaunt, und Franziska spürt, wie sie zusammenzuckt. Eleanore sieht zu ihr hinüber, doch ihr Gegenüber fordert sofort wieder ihre Aufmerksamkeit.

      »Lieber das als solche Geizhälse wie ihr.«

      Eleanore lacht auf. »Wo sind wir denn geizig?«

      Der Rotschopf lehnt sich zurück. Anscheinend hat er sich eine Pointe zurechtgelegt und ist froh, dass Eleanore ihm direkt ins offene Messer gelaufen ist. »Erst letztens habe ich an einem Golfplatz ein Schild gesehen, auf dem stand, dass die Mitglieder keine verloren gegangenen Bälle aufsammeln und mitnehmen dürfen, solange diese noch rollen.«

      Alle lachen, und Eleanore macht ein gespielt betroffenes Gesicht: »Aber die bringen doch 50 Pence das Stück!«, sagt sie scheinbar schmollend, kichert und schiebt sich eine Handvoll Chips in den Mund. Als sie aufblickt und den Ausdruck in Franziskas versteinertem Gesicht sieht, stockt sie erneut: »Alles in Ordnung?«

      »Ja«, sagt Franziska zögernd. »Ich habe nur das Gefühl, ich bin euren Umgangston hier noch nicht gewohnt.« Sie lächelnd entschuldigend, doch Eleanore sieht ratlos in die Runde.

      »Welchen Ton meinst du?«

      »Na ja, was du eben über Leute aus Glasgow gesagt hast. In Deutschland würde man das ziemlich persönlich nehmen.«

      »Ach das!«, schaltet sich der Rothaarige ein. »Das ist gar nichts. So vertreiben wir uns nur die Zeit. Harmlose Neckereien, sonst nichts. Aber«, er macht eine kleine Pause und zwinkert ihr zu, »dass ihr Deutschen nicht für euren Humor bekannt seid, das wissen wir ja schon.«

      Wieder lachen alle, und selbst Franziska kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.

       Gebrauchsanweisung für schottischen Humor

      Wenn es um Humor geht, müssen sich deutsche Besucher in Schottland warm anziehen. Nicht nur wird ihnen bei jeder sich bietenden Gelegenheit vorgeworfen, vollkommen humorbefreit zu sein, die Witze der Briten gehen auch immer haarscharf an jener feinen Linie entlang, die wir als erträglich betrachten. Die Grenzen zur Geschmacklosigkeit sind fließend,

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